Haus muss nach Auszug der Kinder verkauft werden: Wie viel dürfen Hartz 4-Empfangende besitzen?

Sobald die Kinder aus dem Haus sind, müssen einige Hartz-4-Beziehende ihr Haus verkaufen. Das entscheidet das Gericht. Doch wo liegt die Besitzgrenze?
Karlsruhe – Wenn die Kinder ausziehen, darf die Grenze für die angemessene Größe für Wohneigentum von Hartz-4-Empfängerinnen und Empfängern sinken und das Jobcenter verlangen, dass die Immobilie verkauft wird. Die Bewertung, ob das selbst bewohnte Eigentum angemessen sei, dürfe demnach von der Zahl der aktuellen Bewohner abhängen, erklärte das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag (2. Juni). Ist es der Fall, dass Haus oder Wohnung nach Auszug der Kinder zu groß und damit nicht mehr „angemessen“ ist, ist der vom Jobcenter verlangte Verkauf der Immobilie „verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“, entschieden die Karlsruher Richter.
Wie kommt es zu so einem Fall? Nur weil Menschen kurz- oder langfristig erwerbslos sind, bedeutet dies nicht, dass sie ihr ganzes Leben am Existenzminimum gelebt haben. Viele Hartz-4-Beziehenden haben vor dem Einstieg in die Grundsicherung gearbeitet, Geld verdient und sich somit einen Besitz aufgebaut. Überschreitet dieses persönliche Vermögen bestimmte Grenzwerte, muss es eingesetzt werden, bevor Arbeitslosengeld 2 beantragt werden kann. „Wenn Sie Einkommen haben oder über Vermögen verfügen, müssen Sie damit erst einmal Ihren Lebensunterhalt sichern“, teilt die Bundesagentur für Arbeit dazu mit.
Arbeitslosengeld II | |
Umgangssprachlich: | Hartz-4 |
Einführung: | 1. Januar 2005 |
Ziel: | Finanzielle Grundsicherung für erwerbsfähige Hilfebedürftige |
Vermögen und Hartz 4: Für zwei Personen sind 90 Quadratmeter Wohnraum „angemessen“
Ein Haus oder eine Wohnung, in dem der oder die Hartz-4-Beziehende selbst wohnt, gehört dabei zum sogenannten Schonvermögen. Es muss also in der Regel nicht verkauft werden, um Hartz 4 zu bekommen – vorausgesetzt, das Jobcenter hält den Wohnraum für angemessen. Genauso, wie groß das Haus oder die Wohnung sein darf, hängt dabei von der Zahl der Bewohner ab. Das Bundessozialgericht hat dafür 2006 konkrete Richtwerte festgelegt.
Das Sozialgericht Aurich hatte dem Verfassungsgericht den Fall eines Ehepaares vorgelegt, das in einem etwa 140 Quadratmeter großen Haus lebt. Das Paar hat sechs Kinder, die inzwischen ausgezogen sind. Die Frau beantragte Leistungen vom Jobcenter, die abgelehnt wurden, weil das Haus für nur zwei Menschen zu groß sei und damit nicht unter das Schonvermögen falle. Zwei Personen dürfen laut Regelung in einem Haus mit maximal 90 Quadratmetern wohnen. Bei einer Eigentumswohnung sind es sogar lediglich 80 Quadratmeter.
Ähnlich wird es bei Besitz, wie beispielsweise einem Auto gehandhabt. Eine jeweilige Einzelfallprüfung entscheidet, ob es sich bei dem eigenen Auto um verwertbares Vermögen oder Schonvermögen handelt. Als Faustregel gilt: Wenn Ihr Auto weniger als 7.500 Euro wert ist, dürfen Sie es behalten.
Hartz-4-Urteil: Unangemessenes Vermögen muss veräußert werden
Der Gesetzgeber müsse laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht berücksichtigen, ob früher mehr Menschen in der Immobilie gewohnt hätten. Obwohl es Fälle gibt, in denen Eltern ihr Wohneigentum nicht von Anfang an so klein halten können, dass es nach dem Auszug der Kinder nicht als zu groß gelte. Auch wenn die Familie aus dem Fall in Aurich kaum mit 8 Personen auf 90 Quadratmetern hätte leben können, sei die Bewertung des Jobcenters verfassungskonform und der Verkauf des Hauses zumutbar.
Mittel der Allgemeinheit zur Hilfe bedürftiger Mitglieder sollten nur in Fällen aktueller Bedürftigkeit in Anspruch genommen werden, betonte das höchste deutsche Gericht. Den Betroffenen würden keine Leistungen verwehrt, die sie zur Existenzsicherung benötigten, „denn sie verfügen über Wohneigentum, das sie einsetzen und damit ihren Bedarf selbst sichern können.“
Die Frage, wann Abzüge und Kürzungen für Menschen in Hartz 4 angemessen sind, wird immer wieder diskutiert. Erst kürzlich sorgte ein Fall aus Offenbach für Aufsehen: Weil er weniger Geld ausgibt, als im fiktiven Regelsatz vorgesehen, hat das Amt in Offenbach Michael G. die Miet-Unterstützung gestrichen. (iwe mit Agenturen)