Breite Ablehnung gegen Arbeitgeber-Einmalzahlung

Gewerkschaften, Politiker und Wirtschaftsforscher wehren Vorschlag des Bundeskanzlers ab
Berlin -Der Plan von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für eine steuerfreie Einmalzahlung an Beschäftigte im Kampf gegen die Inflation stößt auf breite Ablehnung, darunter auch beim grünen Koalitionspartner. "Es muss beantwortet werden, warum Menschen mit sehr hohen Einkommen, in Unternehmen, die gute Gewinne machen, staatliche Unterstützung erhalten sollen", sagte der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch. Es bleibe zudem offen, wie etwa Solo-Selbstständigen oder Arbeitnehmern in nicht-tarifgebundenen Betrieben geholfen werden solle.
Scholz schlägt eine steuerfreie Einmalzahlung durch die Arbeitgeber vor. Die Gewerkschaften sollen im Gegenzug bei Tarifrunden geringere Lohnsteigerungen akzeptieren. Der Staat und die Sozialpartner würden so an einem Strang ziehen. Die Idee dahinter ist, Zweitrunden-Effekte zu verhindern, die zu einer Lohn-Preis-Spirale führen und dadurch die hohe Inflation weiter anheizen könnten. Am 4. Juli will Scholz einen Dialog mit Arbeitgebern und Gewerkschaften beginnen, die sogenannte Konzertierte Aktion.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher, kritisierte: "Einmalige Hilfen werden nur kurzfristig helfen, aber nicht dauerhaft Menschen mit geringen Einkommen entlasten können." Höhere Löhne und Sozialleistungen seien deshalb der einzige nachhaltige Weg.
Mehrere Gewerkschaften hatten den Vorschlag zuvor schon abgelehnt. "Einmalzahlungen bringen uns nicht weiter", sagte Verdi-Chef Frank Werneke. Auch die IG Metall und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnten die Idee ab. DGB-Chefin Yasmin Fahimi bekräftigte ihre ablehnende Haltung zu einer Einmalzahlung. "Langfristig können nur höhere Entgelte und die gezielte Unterstützung von Menschen ohne Arbeit sinnvolle Instrumente gegen höhere Lebenshaltungskosten sein."
Werneke sagte, es sei ureigenste Aufgabe der Tarifparteien, dass dauerhaft steigende Preise auch in dauerhaft wirksame Tariflohnsteigerungen mündeten. "Und ich sehe auch nicht, dass die Politik uns das abnehmen kann." Er verwies auf die eigenen Tarifverhandlungen etwa für die Häfen, die Lufthansa oder den öffentlichen Dienst. Die gestiegenen Preise müssten durch einen linearen Wert, eine prozentuale Steigerung ausgeglichen werden, sagte er. Eine Möglichkeit seien Sockelbeträge. Diese seien aber keine Einmalzahlungen, sondern würden als monatliche Zahlung tarifwirksam.
Trotz seiner ablehnenden Haltung zu Einmalzahlungen gebe es bei der geplanten Konzertierten Aktion im Kanzleramt etwas zu besprechen, kündigte Werneke an: "Wir brauchen ein drittes Entlastungspaket, was im Herbst wirkt."
Eine IG Metall-Sprecherin verwies auf Äußerungen des Gewerkschaftschefs Jörg Hofmann. Er hatte bei der Ankündigung der konzertierten Aktion erklärt: "Über Ziele unserer Tarifpolitik entscheidet nicht die Politik, sondern die Tarifkommissionen und Gremien der IG Metall." dpa