Banken sind kaum gegen Klima-Risiken gewappnet

EZB: Die Kredit- und Marktverluste könnten sich für die großen Institute auf mehr als 70 Milliarden Euro summieren
Frankfurt -Die Bankenaufseher der EZB mahnen Geldhäuser angesichts drohender Milliardenrisiken infolge des Klimawandels zum Handeln. "Die Banken des Euro-Währungsgebiets müssen dringend ihre Bemühungen zur Messung und Steuerung des Klima-Risikos verstärken", forderte der Chef der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB), Andrea Enria, bei der Vorlage der Ergebnisse des ersten Klima-.Stresstests der EZB am Freitag.
In ungünstigen Szenarien dürften sich umweltbezogene Kredit- und Marktverluste für die Branche den Berechnungen zufolge auf mindestens 70 Milliarden Euro summieren. Die Summe bezieht sich auf 41 der 104 Banken in dem Test. Sie spiegele "nur einen Bruchteil" des tatsächlichen klimabedingten Risikos für die Branche wider, warnten die Aufseher. Der Vizechef der EZB-Bankenaufsicht, Frank Elderson, betonte: "Wir erwarten von den Banken, dass sie entschlossen handeln und kurz- bis mittelfristig robuste Klima-Stresstests entwickeln."
Die von der EZB direkt beaufsichtigten Geldhäuser mussten durchrechnen, wie gut sie gegen finanzielle und wirtschaftliche Schocks aus Klima-Risiken gewappnet sind. Der Test modellierte zum Beispiel, dass Europa vom 1. Januar 2022 an für ein Jahr von extremer Hitze oder schweren Überschwemmungen getroffen würde. Als kurzfristiges Risiko für den Übergang zu einer grüneren Wirtschaft wurde ein plötzlicher Anstieg des Preises für den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) in den Jahren 2022 bis 2024 um etwa 100 Dollar je Tonne angenommen.
Ziel war es, zu ermitteln, wie sich solche Szenarien zum Beispiel auf Immobilienfinanzierungen auswirken. Oder wie groß das Risiko ist, dass der grüne Umbau der Wirtschaft Unternehmenskunden in Schwierigkeiten bringt und dies zu Einbußen für Banken führt. Je nachdem wie schnell die Politik Maßnahmen auf den Weg bringt, um die Erderwärmung bremsen, kommen solche Risiken mehr oder weniger stark zum Tragen. Das wurde in dem eigentlichen Stresstest in drei Szenarien über einen 30-Jahres-Zeitraum modelliert. Den vollen Test mussten "aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gegenüber kleineren Banken" nur 41 größere Institute durchlaufen, wie die EZB erläuterte.
Die Aufseher erkannten an, dass Banken seit 2020 bei der Berücksichtigung der finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels "einige Fortschritte" gemacht haben. Allerdings verfügten rund 60 Prozent der nun unter die Lupe genommenen Institute noch nicht über einen Rahmen für Stresstests, um das Klima-Risiko für ihr Geschäft zu modellieren. Nur 20 Prozent berücksichtigten Klima-Risiken bei der Kreditvergabe.
Eine weitere Erkenntnis des Klima-Stresstests: Fast zwei Drittel (65,2 Prozent) der Erträge der Banken im Geschäft mit nicht-finanziellen Unternehmenskunden stammen aus Branchen, in denen viele Treibhausgase entstehen. Das können zum Beispiel Firmen sein, deren Produktion von fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Erdgas abhängig ist.
Es sei wichtig, dass die Institute "genauere Daten und Einblicke in die Umstellungspläne ihrer Kunden" bekämen, hielten die Aufseher fest. "Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die Banken ihr Engagement in Bezug auf Klimarisiken in Zukunft einschätzen und steuern können."
Durchfallen konnten Banken bei dem Klima-Stresstest nicht. Die Ergebnisse haben nach Angaben der EZB-Bankenaufseher auch keine direkte Auswirkung auf die Kapitalanforderungen für die Institute. Ziel der Übung war es zunächst, Schwachstellen und Herausforderungen der Banken im Zusammenhang mit der Steuerung von Klima-Risiken zu identifizieren. dpa