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Wie erreicht man die Jugendlichen in Niddatal?

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Von: Jürgen W. Niehoff

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Der Runde Tisch Jugend in Niddatal. Mit am Tisch im Haus St. Gottfried sitzen außer fünf Jugendlichen (rechte Tischseite) auch Vertreter der politischen Parteien. © Jürgen W. Niehoff

Wie und wo können Gespräche mit Jugendlichen aufgenommen werden? Und welche Wünsche haben die Jugendlichen überhaupt? Dazu hatten die Grünen einen Runden Tisch in Niddatal einberufen.

Dass es viel Verbesserungsbedarf in Sachen Freizeitgestaltung für Jugendliche jeden Alters gibt, auch in Niddatal, daran bestand unter Teilnehmern von Anfang an kein Zweifel. Doch wie erreicht man die Jugendlichen? Zu dem Treffen am Freitagabend waren allerdings nur die Schulsprecherin der Geschwister Scholl-Schule, Lyah Schur und ihr Stellvertreter Joris Schnabel, der Einladung gefolgt. In weiser Voraussicht hatte der Moderator der Runde, Oliver Seuss (Grüne), Lehrer an der Kurt-Schumacher-Schule in Karben und auch Mitglied des Niddataler Stadtparlamentes und fünf Jugendliche aus seiner Karbener Schule mitgebracht. Weitere Teilnehmer waren Bürgermeister Michael Hahn (CDU), Pfarrer Michael Himmelreich, Felix Martin (Grüne), Sprecher Jugend der Landtagsfraktion, und Miriam Zeleke, die Landesbeauftragte für Kinder und Jugendrechte. Welchen Anspruch die Stadt im Hinblick auf Jugendarbeit hat, wie andere Kommunen mit dem Problem umgehen und welche Rolle die Kirche bei diesem Thema spielt, waren Themen.

Hintergrund: Seit Jahren gibt es immer wieder Anläufe in Niddatal, Angebote für Jugendliche zu kreieren. Politische Partizipation, etwa über einen Jugendbeirat, ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, findet aber nur sehr selten und wenn, dann meist in größeren Städten statt. Angebote für Kinder und Jugendliche beschränken sich in kleinen Kommunen oft auf Spielplätze, Jugendzentren und Ferienangebote. Auch kirchliche Angebote enden meist im Alter von 14 oder 15 Jahren mit der Konfirmation. Viele Jugendlichen suchen sich dann eigene Plätze, gegen die sich vor allem die umliegenden Anwohner wegen Lärm und Schmutz immer wieder wehren. Wie erreicht man diese Jugendliche? »Ich habe es vor kurzem selber versucht und bin abends zu so einem selbst gewählten Treffpunkt der Jugendlichen gegangen, um mit ihnen zu sprechen. Doch schon als sie mich kommen sahen, sind sie davon gelaufen«, berichtet Bürgermeister Michael Hahn. Der von der Stadt eröffnete Jugendclub sei ebenso wenig angenommen worden wie die Skaterbahn. Und auch die Vereine klagten über ausbleibenden Nachwuchs.

Die Jugendlichen zeigten sich in der Runde zunächst sehr zurückhaltend und nannten vor allem die Schule als Grund für ihr geringes Engagement bei städtischen Jugendveranstaltungen »Bei Ganztagsschulunterricht bleibt kaum Freizeit übrig, um sich in einem Jugendzentrum zu treffen«, so die einhellige Meinung der Anwesenden, alle zwischen 16 und 17 Jahre alt.

Altersstufen einzeln ansprechen

Auch der Versuch des Diskussionsleiters Seuss, mögliche Aktivitäten auf Teilhabe im politischen Bereich, zum Beispiel Mitgliedschaft in Schülervertretungen oder Jugendorganisationen der Parteien, lehnten die anwesenden Jugendlichen mit Hinweis auf den Stress in der Schule ab. Im Alter von 10 bis 13 hätten sie gelegentlich noch an Freizeitangeboten der Stadt oder der Kirche teilgenommen. Dies sei aber durch die Ganztagsschule immer mehr zurückgedrängt worden. Das bestätigte auch Pfarrer Himmelreich: »Nach dem Konfirmandenunterricht sehen wir die Jugendlichen sehr, sehr lange nicht mehr wieder«.

Bei der anschließenden Diskussion war Tenor, dass ein allgemeines Gespräch mit Jugendlichen nicht zielführend ist. Vielmehr müssten die Altersstufen getrennt angesprochen werden. Also die Kindergartenkinder, die Grundschüler, die Schüler zwischen 12 und 15 und die ab 16 Jahren. Nur so könnten die Wünsche der Jugendlichen auch tatsächlich in Erfahrung gebracht werden. Vor allem aber müsse die Jugend viel früher angesprochen und für eine Teilhabe an der Gesellschaft interessiert werden. Zum Beispiel mit einem Gang einer Kita-Gruppe in ein Altenheim oder mit einer Grundschulklasse auf einen Bauernhof. Auch wenn Seuss abschließend bedauernd feststellte, dass es offensichtlich keinen Königsweg für eine übergreifende Freizeitbeschäftigung für Jugendliche gebe, so hatte sich zumindest für Bürgermeister Hahn der Abend gelohnt. Er will nun die unterschiedlichen Altersgruppen einzeln aufsuchen und ihnen dann vor allem zuhören.

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