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Vogelsberg-Wasser zurücktragen

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Im vergangenen Jahr fand als Ersatz für den wegen Corona verschobenen »Wasserlauf« eine punktuelle Aktion auf der Dammkrone der Nidda-Talsperre statt. © Stefan Weil

Im dritten Anlauf soll es am 16. Juli klappen. »Wir tragen das Wasser von Frankfurt zurück in den Vogelsberg!« Unter diesem Motto ist ein Staffellauf mit großem Rahmenprogramm von Frankfurt bis nach Schotten vorgesehen.

Zweimal musste die Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Doch in diesem Jahr stehen die Zeichen auf Grün, dass der lange geplante »Wasserlauf« von Frankfurt nach Schotten endlich stattfinden kann. Organisatoren des großen Aktionstages am 16. Juli sind die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Gießen-Freienseen und Nidda, der Verein Oberhessen, die Stadt Schotten, die Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV), die Naturfreunde Hessen, der Bund für Umwelt und Naturschutz Frankfurt sowie der Naturschutzbund Wetterau.

Das Thema »Wasser« ist aktueller denn je. »Mit diesem Staffellauf wollen wir gemeinsam signalisieren, dass ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource Wasser gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels unumgänglich ist«, heißt es in der Veranstaltungsankündigung.

Umdenken gefordert

Während der Vogelsberg Frankfurt zu fast 35 Prozent mit Wasser versorge, habe das Gewinnungsgebiet selbst fast 50 Prozent seiner Quellen verloren. Frankfurt trage zur Eigenversorgung nur noch mit etwa 20 Prozent bei. Die Organisatoren fordern vor diesem Hintergrund ein Umdenken. »Ziel ist eine Stärkung der Eigenversorgung des Rhein-Main-Gebietes.« Dafür seien unter anderem der Ausbau von Brauchwassersystemen und der Erhalt beziehungsweise die Wiederinstandsetzung von Wassergewinnungsanlagen im Ballungsraum notwendig, genauso wie der Ausbau von effizienten Brauchwasser- und Zisternenlösungen.

Start des Staffellaufes wird in Frankfurt an drei Orten sein. An der Nidda-Mündung in Höchst, am Wasserwerk Praunheim, das durch neue Baugebiete gefährdet ist, sowie am Wasserpark im Nordend. Hier stehen die Tanks, in die das Wasser aus dem Vogelsberg fließt. Die weiteren Übergabepunkte entlang des rund 90 Kilometer langen Weges befinden sich in Bad Vilbel, Assenheim, Nidda und am Nidda-Stausee in Schotten.

Radfahrer können die gesamte Strecke auf dem Regionalpark Nidda-Radweg begleiten. Läufer und Laufgruppen können sich einzelne oder mehrere Etappen vornehmen, um das Trinkwasser von Frankfurt zurück zu seinem Ursprung zu bringen. Zudem gibt es an allen vier Übergabepunkten die Möglichkeit, symbolisch das Wasser weiterzutragen. Dafür werden jeweils zwei Fässer mit Vogelsbergwasser bereitstehen. Abschließender Höhepunkt wird eine Liveübertragung der Wasserübergabe in die Niddaquelle sein. Eine Fahrrad-Staffel wird das Wasser vom Stausee in die rund 500 Meter höher gelegene Quelle transportieren. Eine Kameradrohen wird sie bei der Anfahrt begleiten, so die Planungen.

Mit dem »Wasserlauf« werben die Organisatoren für einen »beispielhaften Schulterschluss« zwischen den großen Umweltschutzverbänden, Vereinen, Kommunen und Unternehmen entlang der Strecke sowie den - erhofften - vielen teilnehmenden Menschen.

Die Situation in den Gewinnungsgebieten im Vogelsberg, dem Burgwald und dem Hessischen Ried sei besorgniserregend und vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Trockensommer der letzten drei Jahre eskaliert.

Schottens Bürgermeisterin Susanne Schaab (SPD) spricht von einer »dramatischen Situation«. Besonders unhaltbar sei der Aspekt, dass bis zu 30 Prozent pro Kopf des wertvollen Trinkwassers in Frankfurt durch Toilettenspülungen abfließe.

Vor allem auch, weil die Stadt mit ihren etwa 750 000 Einwohnern durch die Auswirkungen des Klimawandels inzwischen über mehr Wasser-vorkommen verfüge als das Gewinnungsgebiet im Vogelsberg selbst.

Die Schutzgemeinschaft Vogelsberg, die ihren Sitz in Schotten hat, erinnert in diesem Zusammenhang an das von ihr entwickelte Konzept der umweltschonenden Grundwassergewinnung, durch das die ursprüngliche Fördermenge im Vogelsberg von 64 Millionen auf heute circa 42 Millionen Kubikmeter im Jahr hätte reduziert werden können. Zudem habe 2015 die Vogelsberger Bevölkerung mit einer Petition vor dem Hintergrund des Klimawandels den Leitbildprozess für ein neues Wassermanagement im hessischen Umweltministerium angestoßen. In dem 2019 veröffentlichten Leitbild werden Maßnahmen für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Wassergewinnung aufgezeigt. Lösungen für eine effektive, zukunftsweisende Wassernutzung seien bereits am Frankfurter Flughafen oder am Potsdamer Platz in Berlin umgesetzt. Auch Regenwasserrückhaltung und Grundwasseranreicherung, um schnelle Oberflächenabflüsse zu verhindern, gehörten zu dem wirkungsvollen Instrumentarium.

Dem Thema »Wasser« hat sich die nach den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr gebildete Viererkoalition im Frankfurter Römer von Grünen, SPD, FDP und der Volt-Partei in ihrem Koalitionsvertrag angenommen. Dazu heißt es unter anderem: »Um den Trinkwasserverbrauch deutlich zu senken, wollen wir Wasserverschwendung insgesamt thematisieren und bekämpfen sowie Brauchwassersysteme in Neubauten des öffentlichen Wohnungsbaus und im zweiten Schritt bei allen städtebaulichen Verträgen und Baulandvergaben zum Standard machen. Dafür werden wir in größeren Neubaugebieten Brauchwassersysteme erproben, die insbesondere im geförderten Wohnungsbau Warmmieten-neutral sind, und daraus Standards entwickeln. Zudem werden wir in einem Pilotprojekt den Umbau auf ein zusätzliches Brauchwassersystem im Bestand erproben.«

Forschungsprojekt angekündigt

Als geeignetes Instrumentarium soll ein »stadtweites, aktives Management der Grundwassermessstelle« aufgebaut werden. Die Koalition hat zudem angekündigt, im Rahmen eines Forschungsprojektes zu klären, inwieweit und für welchen Zweck Mainwasser als Brauchwasser zum Beispiel für die Bewässerung von Bäumen und Grünanlagen genutzt werden kann.

INFO: Zur Finanzierung des Aktionstages »Wasserlauf« am 16. Juli von Frankfurt nach Schotten einschließlich der geplanten Werbemaßnahmen sind die Verbände, Organisationen und Institutionen als Veranstalter bereits Vorleistungen eingegangen. Mit einer Spende kann man deren Arbeit unterstützen. Dafür gib es das Konto der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Das Kennwort lautet »Wasserlauf«. IBAN: DE07 5135 2227 0000 0023 94 bei der Sparkasse Laubach - Hungen. VON STEFAN WEIL

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