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Bienen, Schafe und »E-Commerce« aus Butzbach

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Von: Emanuel Zylla

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Neben dem Online-Handel hat Hessnatur auch noch das klassische Ladengeschäft für seine Naturtextilien. Außer den Stores in Hamburg und München gibt es noch einen am Hauptsitz in Butzbach. Das Gelände ist umgeben von Grünanlagen, auf denen sich Behausungen für Bienen befinden. © Emanuel Zylla

Trotz Pandemie schafft Hessnatur einen Rekordumsatz von 100 Millionen Euro. Die CEOs Andrea Homann und Stefan Mues setzen auf Onlinehandel und Nachhaltigkeit und erklären warum.

Während viele Unternehmen unter der Corona-Pandemie gelitten haben, war sie für Hessnatur aus Butzbach beim Umsatz kaum ein Thema: Noch nie zuvor hat die GmbH die 100-Millionen-Marke überschritten. Ausgerechnet im Geschäftsjahr 2020/21 war es soweit. Wie das sein kann, beantwortet Stefan Mues, einer der beiden CEOs von Hessnatur: »Nachhaltigkeit ist ein grundlegender Trend, der immer stärker das Bewusstsein aller Generationen prägt. In Kombination mit E-Commerce (Onlinehandel) - der in der Coronazeit ohnehin geboomt hat - und unseren guten Produkten, ist das eben ein Erfolgsrezept.« Während CEO-Kollegin Andrea Homann ihre Schwerpunkte auf die Mode, die Produkte und das Marketing gelegt hat, ist Stefan Mues für den Onlinehandel und die Finanzen zuständig. 370 Arbeitsplätze hat das Unternehmen in der Wetterau geschaffen.

Recht frisch ist die Zusammenarbeit mit dem Berliner Online-Versandhändler Zalando, auf dessen Plattform Hessnatur-Produkte angeboten werden, Mues nennt Vorteile dieser Kooperation: »Wir können mit Zalando auf einen Schlag alle wichtigen Märkte in Europa bedienen und auch unsere Reichweite in Deutschland stark steigern.« Das Unternehmen sei »sehr zufrieden« mit diesem Weg.

Fairer Handel werde stets überprüft

»Gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft«, heißt es auf der Internetseite des Unternehmens,. Dass es auch tatsächlich fair in den Produktionsländern zugeht, davon überzeuge sich das Unternehmen vor Ort. »Wir kennen all unsere Partner«, sagt Andrea Homann. Rund 95 Prozent der Partner von Hessnatur seien auditiert, das heißt, sie würden auf die Erfüllung definierter Kriterien unabhängig geprüft. Beim sogenannten Onboarding, also dem Sammeln von Daten, um einen neuen Partner in das eigene Geschäftsmodell zu integrieren, gehöre der Vorortbesuch dazu. »Wir arbeiten zudem mit der Fair-Wear-Foundation zusammen, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie einsetzt.«

Doch nicht sämtliche Produktion sei bei Hessnatur ins Ausland verlagert worden. Deutschland sei nach wie vor eines der wichtigsten Produktionsländer, erklärt Andrea Homann. Man bemühe sich um regionale Kooperationen. Homann nennt hier etwa die Zusammenarbeit mit »Stitch by Stitch« einer Manufaktur mit Sitz in Frankfurt. »Das Unternehmen arbeitet mit professionellen und geflüchteten Schneiderinnen, die Kleinserien und Prototypen für Modelabels anfertigen«, sagt Andrea Homann.

»Wir arbeiten aber grundsätzlich weltweit mit unseren Partnern zusammen. Unsere Spezialisierung auf hochwertige Naturfasern führt uns zum Beispiel nach Peru, wo wir Alpakafasern verarbeiten, oder in die Türkei, aus der unsere Bio-Baumwolle stammt«, sagt Homann. Ziel sei es, den eigenen Fußabdruck auf dem Planeten klein zu halten. »Wir verarbeiten die Rohstoffe in der Regel dort weiter, wo sie angebaut werden.«

Keine Preise wie beim Discounter

Nachhaltigkeit hat aber auch ihren Preis. Hessnatur kann keine Discounter-Preise anbieten. Für ein T-Shirt aus reinem Leinen werden etwa 70 Euro im Online-Shop fällig. Für eine Chino-Hose aus Bio-Baumwolle und Hanf sind es 100 Euro. Günstiger geht es auf der Second-Hand-Plattform von Hessnatur zu. Hier wird gebrauchte Kleidung online verkauft, aber auch die von Kunden angekauft.

Hessnatur stehe auch in der Region für Nachhaltigkeit ein. Die CEOs nennen das Rhönschaf-Projekt, von dem die Ressourcen für Produkte aus Rhönwolle stammen. Noch in den 90er-Jahren sei das Rhönschaf vom Aussterben bedroht gewesen, weil niemand dessen robuste Wolle verwenden konnte. »Um sein Aussterben zu verhindern und um die regionale Wirtschaft zu beleben, haben wir 2001 gemeinsam mit anderen Akteuren das Projekt gestartet. So wurde der Erhalt der Rhönschafe gesichert«, sagt Andrea Homann. Im Hessnatur-Garten, hinter dem Laden in Butzbach, seien zudem zwei Bienenvölker aktiv. Einen Beitrag zum Schutz der elementar wichtigen Insekten zu leisten gehöre eben auch zum Erfolgsrezept des Unternehmens.

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