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Die Macht der Worte: Buch versammelt Siegertexte

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Von: Jürgen Wagner

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»Gesammelte Werke«. 16 der 24 jungen Autorinnen und Autoren präsentieren das Buch mit Moderatorin Jermaine Stargis (l.), Laudatorin Lena Gorelik (2. v. l.) und den OVAG-Vorständen Joachim Arnold (3. v. l.) und Oswin Veith (r.). © Red

»Gesammelte Werke«, die 18. Auflage: Ein Buch versammelt die Geschichten von 24 Preisträgerinnen und Preisträger des 18. Jugendliteraturwettbewerbs der Ovag.

Die erste eigene Geschichte in einem gedruckten Buch zu sehen, den eigenen Namen im Inhaltsverzeichnis zu lesen, das ist schon etwas Besonderes. Dass nicht wenige der jungen Autorinnen und Autoren freilich schon ein oder mehrere Buchveröffentlichungen vorweisen können, hebt das Besondere dieses Wettbewerbs noch ein wenig ab. Der Jugendliteraturpreis der Ovag ist unter allen ähnlichen Preisen vielleicht der nachhaltigste und auf jeden Fall derjenigen mit der besten Rund-um-Versorgung.

Warum das so ist? Ganz einfach: Andere Wettbewerbe enden mit der Preisverleihung, dieser geht dann erst so richtig los: Es folgen ein Lektorats-Workshop, Sprechtraining, die Buchveröffentlichung sowie Lesungen an Schulen und in Gemeindebüchereien. Danach steht schon wieder der nächste Wettbewerb an, und viele der Teilnehmer haben längst die nächste Geschichte in der Schublade.

Ovag-Vorstandsvorsitzender Joachim Arnold hat selbst an einem der Workshops teilgenommen. Das ernsthafte, aber nie todernste Ringen ums richtige Wort und den richtigen Satz, die Begeisterung der jungen Leute bei der Arbeit an den Texten - das war zwischen den Zeilen seiner Rede nicht zu überhören. Weil alle, wie Arnold berichtete, auf Augenhöhe agieren, weil ein respektvoller Umgang herrsche und sich alle gegenseitig befruchteten. »Bücher haben eine Aura der Zeitlosigkeit«, sagte Arnold. Er legte den jungen Menschen ans Herz, dranzubleiben und weiterzuschreiben.

Wie funktionieren literarische Texte?

Was können Geschichten leisten? Was vermag Literatur? Eine alte Frage, die immer wieder gestellt wird, so auch am Freitagabend von der Laudatorin Lena Gorelik. Die 41-jährige Journalistin und Schriftstellerin aus München las tags zuvor in der Stadthalle Friedberg aus ihrem neuen Roman »Wer wir sind«, ein autobiographischer Bericht über ihre Kindheit. Diese Frage, »wer wir sind«, muss sich auch stellen, wer Romane und Erzählungen schreibt. Denn literarische Texte haben Wirkung, stellen uns Fragen und decken »Spannungsfelder der Gesellschaft auf«. Zum Schreiben benötige man Empathie, sagte Gorelik: die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, um deren Gefühle glaubhaft darzustellen. »Vergesst nicht die Macht, die in Worten steckt«, riet Gorelik den jungen Autorinnen und Autoren.

Bevor Andreas Matlé, Kommunikationschef bei der Ovag und Erfinder des Jugendliteraturpreises, die frisch aus der Druckerpresse kommenden Bücher verteilen konnte, lasen Sarah Emamzahi, Emmilie Specht und Ali Shaker ihre Geschichten vor: Geschichten über eine Flucht aus Afghanistan, über eine Suche nach Liebe und über einen jungen Mann, der in kriminelle Bahnen gerät und erkennen muss: »Wir sind nicht in Hollywood, wir sind in Wedding.« Moderatorin Jermaine Stargis befragte die Drei nach ihren literarischen und beruflichen Plänen. »Ich hatte gar keine Erfahrungen, habe einfach drauf losgeschrieben«, sagte Sarah Emamzahi. Für sie war das Schreiben eine Möglichkeit, die furchtbaren Erlebnisse ihrer Flucht vom Krieg zu verarbeiten.

»Wer wir sind« - diese Frage nach der eigenen Identität habe sie sich auch schon gestellt, sagte die Jazzsängerin Nashi Young Choo. Sie stammt aus Korea, lebt seit vielen Jahren in Büdingen und sagt von sich: »Ich bin Hessin!« Was sie, begleitet von ihrer dreiköpfigen Jazz-Combo, mit dem Song »Denke macht Koppweh« sogleich unter Bewies stellte. Es ist der erste Titel eines Albums, das Nashi Young Choo zusammen mit dem Comedian Maddin Schneider aufgenommen hat: »Maddin swingt«, heißt die CD, die so erfrischend groovt wie ein spritziger Äppler im Gerippte. Im Sommer gehen die beiden auf Tournee.

Nicht alle jungen Autorinnen und Autoren konnten an der Buchpräsentation teilnehmen. Corona, aber vor allem der Sturm im wilden Vogelsberg ließen das nicht zu. Alle Beteiligten hoffen nun, dass die Lesereise trotz Pandemie stattfinden kann. Die erste Lesung fand bereits statt.

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