Zweimal zwanzig Höhepunkte

Ein Event am letzten Tag des Jahres ist im Großen Haus des Gießener Stadttheaters ein rares Gut. Höchste Zeit für die neue Führungsriege, etwas dagegen zu tun. Mit einer zündenden Silvestershow.
Was ich noch zu singen hätte« dauert bekanntlich eine Zigarette. Und dazu gibt es, wie die Älteren wissen, ein letztes Glas im Steh’n. Die abgewandelte Zeile »Was ich noch zu sagen hätte« aus dem schluffigen Schlager »Gute Nacht, Freunde« von Reinhard Mey, den der Liedermacher vor 50 Jahren für das Duo Inga und Wolf schrieb, wollen sie im Stadttheater als Titel für ihre erste Silvestershow durchaus wörtlich verstanden wissen. Geraucht werden darf im Saal allerdings nicht. Ansonsten ist vieles erlaubt bei der Silvestershow im Großen Haus. Sie wird am kommenden Samstag gleich zweimal aufgeführt. Um 16.30 Uhr und um 19.30 Uhr.
Eine Show am letzten Tag des Jahres ist im Stadttheater ein rares Gut. Lediglich das Gesangsquartett »Die Schmachtigallen« brannte dort früher mal ein musikalisches Feuerwerk ab. Es ist also höchste Zeit für die neue Führungsriege am Berliner Platz, mit einem stimmungsvollen Potpourri nachzulegen. Künstler aus Musiktheater und Schauspiel, dem Opernchor und dem Philharmonischen Orchester haben ihre Lieblingssongs im Gepäck. Und sie haben eine kleine Inszenierung mitgebracht.
Silvester an der Bushaltestelle
Nachtgestalten begegnen sich am Silvesterabend an einer Bushaltestelle. Die einen sind auf dem Weg zur Party, die anderen auf der Suche nach dem Glück. Bei diesem nächtlichen Reigen trifft Eminem auf Mozart, Musical auf Oper, türkischer Chanson auf Händels »Wassermusik«. Ein tanzender Schneemann darf nicht fehlen.
Zum ersten Mal bei einem Großereignis steht auf der Bühne der neue stellvertretende Generalmusikdirektor Vladimir Yaskorski am Pult. Er dirigiert das Philharmonische Orchester, das im Hintergrund Platz nimmt. Vorn dürfen die Solisten ran.
»Die Proben laufen sehr gut«, lobt Yaskorski alle Beteiligten. An seiner früheren Wirkungsstätte in Zwickau hat er schon einige Silverstershows geleitet, in Gießen nun schwärmt er vom Programm und den Teilnehmern. Zwanzig Nummern werden den Gästen geboten. Ob es einen Höhepunkt gibt? Yaskorski lächelt: »Wir haben zwanzig Höhepunkte.«
Epochen und Stile bunt gemischt
Die szenische Leitung liegt in den Händen der theatererfahrenen Kerstin Weiß. Bühne und Kostüme gehen auf das Konto von Lukas Noll. »Alles ist spannend und lustig inszeniert - eine Augenweide«, freut sich der Dirigent auf die beiden Vorstellungen. »Wir zeigen ein Programm der guten Laune.« Für den Jahreswechsel erste Wahl.
»Lyrische, langsame Stücke wechseln sich mit schnellen, spritzigen ab.« Die Epochen und Stile werden bunt gemischt, obschon Yaskorski auch Schwarz-Weiß-Kontraste mag.
Arien aus Verdis »Rigoletto« und Bizets »Carmen« sollen bei den Proben bereits gehört worden sein. Der neue Mann mit der ganz tiefen Stimme, Clarke Ruth, singt »Harvest Moon« von Neil Young. Das Philharmonische Orchester spielt »Slawische Tänze« von Antonín Dvorák. Der Opernchor widmet sich unter anderem der »Champions-League-Hymne« von Tony Britten. Die Solisten Annika Gerhards, Dascha Ivanova, Ben Janssen, Zelal Kapçik, Levent Kelleli, Jana Markovic, Nils Eric Müller und Tomi Wendt sind ebenfalls dabei.
Wer nach der Show noch nicht nach Hause gehen mag: Ab 22 Uhr steigt im Kleinen Haus eine Silvesterparty.