»Wir kennen unsere Kunden«

Es ist ein besonderes Jahr für die Volksbank Feldatal: Zu Jahresbeginn nahm Vorstand Jürgen Schneider als Nachfolger von Stefan Widerspahn die Arbeit auf, und in den nächsten Monaten feiert man das 125-jährige Jubiläum. Die finanzielle Lage ist gut, das Eigenkapital liegt über dem Branchendurchschnitt.
Jürgen Schneider ist der Neue an der Doppelspitze der Volksbank Feldatal und er startet gleich in einen festlichen Rahmen. Denn die kleine Genossenschaftsbank besteht seit 125 Jahren, was mit einer besonderen Generalversammlung am 23. Juni und einem Festakt im September gewürdigt werden soll.
Die Bank will darüber hinaus Vereine unterstützen und bringt eine Festschrift heraus. Das kleine Geldinstitut kann sich im Wettbewerb erstaunlich gut behaupten, der Bank geht es wirtschaftlich gut, wie die Vorstände Günter Benda und Schneider im Gespräch betonen.
Der Wechsel im Vorstand ist schon einige Monate her, zum Jahresende hat Stefan Wiederspahn den Vorstandsposten geräumt. »Es gab unterschiedliche Vorstellungen über die Ausrichtung der Bank«, sagt Vorstandsvorsitzender Benda. Den Nachfolger hat er in seinem Netzwerk aus früheren Tätigkeiten gefunden. »Ich kenne Jürgen Schneider von der Volksbank Dreieich«, dieser war bereit, die Stelle in Oberhessen anzutreten. Die Aufgabenverteilung sieht vor, dass sich Benda um den Markt, also das direkte Gespräch mit Kundinnen und Kunden kümmert. Schneider betreut die Marktfolge, also die Kontrolle der Kreditvergaben und das Einhalten der Rahmenbedingungen.
»Ich bin Genossenschaftler und Vereinsmeier durch und durch«, erzählt Schneider. »Und ich finde es furchtbar, wenn die Banken immer größer werden«, denn dann entfernten sich die Entscheidungsebenen von den Kundinnen und Kunden vor Ort. Er komme aus einer Landwirt-Familie, die Hilfe zur Selbsthilfe sei ihm sehr vertraut. Die Bank vor Ort genieße eine höhere Akzeptanz, »wir kennen unsere Kunden«. Er erfreut sich an einer tollen Landschaft in Feldatal.
Er kannte die Bank aus seiner Tätigkeit als Prüfer des Genossenschaftsverbands. »Für mich zählen Zahlen und Dokumente«, sagt Schneider. Da ist die Volksbank gut dran, die Eigenkapitalausstattung liegt über dem Durchschnitt der Genossenschaftsbanken und den Rücklagen mancher großer Kreditinstitute.
Benda verweist auf die frühere Entscheidung, in hochwertige Immobilien zu investieren. Diese hätten allein einen Buchwert von 28 Millionen Euro. Real sind die Häuser und Wohnungen sogar über 40 Millionen Euro wert, »das ist eine stille Reserve«. Dazu kommt das Eigenkapital von gut 10 Millionen Euro.
Ein Grund hierfür ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kundinnen und Kunden. »Wir hatten in den letzten neun Jahren keine Ausfälle bei der Kreditvergabe«, erläutert Benda. Eine solche stabile Kundschaft erspart der Bank Wertberichtigungen, die Zeit und Mühe erfordern, wie Schneider assistiert.
Allerdings wird die Lage nun schwieriger, denn bei gestiegenen Zinsen werden Kundinnen und Kunden stärker belastet. Hinzu kommen die höheren Preise im Bausektor.
Die wirtschaftlichen Bedingungen ändern sich, doch für den Erfolg der Bank ist eine kontinuierliche Anstrengung erforderlich - darin sind sich Benda und Schneider einig. Benda wird den Bereich Markt betreuen, »das freundliche Gesicht am Schalter«, wie es Schneider nennt. Er selbst prüft bei der Vergabe von Krediten, ob die Wertermittlung einer Immobilie korrekt ist und schreibt die vorgeschriebenen Meldungen. »Ich bin mir nicht zu schade, mich nach einem Cent zu bücken, auch kleine Beträge summieren sich.« Dazu kommen viele Auflagen und Meldepflichten, die zu beachten sind.
»Es sind bestimmt 60 Prozent an Arbeit hintendran, die der Kunde nicht sieht«, schätzt Benda den Aufwand in der »Marktfolge«. Er ist froh, einen erfahrenen Prüfer an Bord zu haben, denn Prüfungen machen einen Gutteil der Hintergrundarbeit aus. »Banken sind überreguliert.«
Schneider hat in seinem Arbeitsleben beobachtet, dass die Bürokratie immer komplexer wird. Man könnte vieles bei Betriebsprüfungen einfacher machen. Aber der Trend ist, dass sich jeder bei einer Prüfung »nach hinten absichert«. Das bedeutet dann noch ein Papier mehr und zusätzlichen Aufwand.