Wind soll mehr in die Kasse spülen

Seit Monaten herrscht am Heidberg in Kirtorf und der nahe liegenden Gemarkung Erbenhausen rege Betriebsamkeit. Bagger, Kräne, Lkws bestimmen das Bild rund um den Bereich der Windräder, die sich dort seit über 20 Jahren drehen, in einem der ersten Windparks der Region. Jetzt werden aus sechs zwei Anlagen.
Von ehemals sechs Windrädern stehen nur noch drei; die restlichen drei Windräder in der Gemarkung Kirtorf wurden bereits abgebaut, in Einzelteile zerlegt, entsorgt - oder ganze Teilbereiche wie die Gondel in das osteuropäische Ausland verkauft. Ende Februar soll der Rückbau abgeschlossen sein. Parallel dazu begannen die Arbeiten zum Aufbau von zwei neuen Windkraftanlagen. Ende des Jahres sollen die ans Netz gehen.
Gab es vor Jahren noch erhebliche Widerstände aus der Bevölkerung, stellten alle Beteiligten nun bei einem Ortstermin auf Einladung der Hessen Energie (OVAG) fest, dass sich in letzter Zeit die Akzeptanz zur Energiegewinnung - auch durch die Energiekrise - durch Windparks erhöht hat.
»Mit den beiden Anlagen können wir die Leistung fast verdoppeln und den Ertrag mehr als verdreifachen«, erläuterte Dr. Hans-Peter Frank, Geschäftsführer der Hessen Energie, Bürgermeisterin Simke Ried (CDU) aus Homberg, Bürgermeister Andreas Fey (SPD) und Erstem Stadtrat Dieter Wößner (CDU) aus Kirtorf sowie Günter Mest und Norbert Reinhardt von der Energiegenossenschaft Vogelsberg. Dabei war auch Bürgermeister i. R. Ulrich Künz, der 2001 den ersten kommunalen Windpark im ehemaligen Altkreis Alsfeld forcierte.
Frank: »Es sind die drei letzten Anlagen, die hier oben zurück- und abgebaut werden.«
Bereits vor Weihnachten wurden die Anlagen in der Gemarkung Kirtorf abgebaut und die Fundament gesprengt und entsorgt. Anfang März sollen die neuen Anlagen geliefert und dann Zug um Zug aufgebaut werden. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme ist für September 2023 vorgesehen. Nicht ganz einfach ist die Zuwegung über den »Haferbach« in der Gemarkung Erbenhausen. Hier muss eine provisorische Brücke gebaut werden, das erfordert eine Eingriff in die Natur - und das setzt eine Genehmigung voraus und damit auch eine weitere Verzögerung, so Frank.
Erreichten die alten Windräder der beiden Windparks Kirtorf und Erbenhausen gerade mal 99 Meter Höhe; sind die neuen mit einer Höhe von 220 Meter mehr als doppelt so hoch und erreichen in dieser Höhe fast eine vierfache Nennleistung. Hessen Energie investiert über die OVAG in den neuen Windpark Kirtorf-Erbenhausen fast 20 Millionen Euro. Zum Vergleich: vor zwanzig Jahren kosteten die sechs Windräder etwa sechs Millionen Euro, so Gerd Morber, der Betriebsleiter. Ein Problem bleibe bestehen: Die Genehmigungsverfahren dauerten zu lange. »So schaffen wir die Energiewende nicht«, war zu hören.
»Wir haben noch zehn Windkraftanlagen im Genehmigungsverfahren«, sagte Dr. Frank von der Hessen Energie. Die Behörden kämen mit den Genehmigungen, die immer umfangreicher geworden sind, einfach nicht nach. Es fehle offensichtlich an der personellen Ausstattung in den Behörden. In das Genehmigungsverfahren einbezogen sind auch die Zufahrten zu den Windparks. Auch hier stocke es.
Früher, auch das berichtete Gerd Morber, ging man von einer Tiefe bis höchstens zwei Meter aus. Der Restbeton blieb beim Abbau in der Erde. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben muss heute der gesamte Beton einschließlich der Eisenbewehrung aus den Grundstücken entfernt werden. »Wir erreichen dabei eine Entsorgungstiefe von über drei Meter.« Und im Zusammenhang mit dem Rückbau der Fundamente findet die Verarbeitung der Betonteile und mit der Sortierung der Eisensäge direkt vor Ort statt. Der Beton wird gesprengt und er wird nach dem Abtragen soweit möglich für den Wegebau eingesetzt und die Eisenteile in Containern eines heimischen Unternehmens zur Wiederverwendung entsorgt. Danach erfolgt die Verfüllung.
Allein die Kosten des Rückbaues bezifferte Morber auf 600 000 Euro.
Bereits vor 20 Jahren hatte die Stadt Kirtorf Weitblick bewiesen. »Wenn wir langfristig von der Produktion der Natur leben wollen, dürfen wir diese nicht gefährden, sondern müssen sie nutzen. Die Vorräte an Öl, Gas und Uran gehen zu Ende. Sonne, Wind und Wasser dagegen sind der einzige Weg zur Erhaltung einer menschlichen Lebensqualität«, so der damalige Bürgermeister Künz.
Allerdings erfüllte der kommunale Windpark »Heidberg« in den folgenden Jahren nicht ganz die Erwartungen und die Stadt verkaufte ihn 2004 an die OVAG.