Wenn Bauen zu teuer wird

»Viele Bauherren geben auf«, war jetzt in dieser Zeitung zu lesen. Einer der Gründe sind die höheren Zinsen für Kredite, die das Finanzierungsmodell ins Wanken bringen können. Wie sieht es hierzulande aus? Nachgefragt bei heimischen Banken.
Auf private Hausbauer kommt derzeit einiges zu. Neben den hohen Baukosten zählen die steigenden Energiepreise dazu. Hält das die Leute vom Hausprojekt ab? Einige schon, sagt Eric Zimdars, Pressesprecher der Sparkasse Oberhessen: »Aktuell bewegen sich die Anfragen zu Baufinanzierungen bei uns weiter auf hohem Niveau, wobei sich ein differenziertes Bild ergibt. Zurückgegangen sind aber Finanzierungsanfragen nach Neubauten. Dies war zu erwarten, da sich die Baukosten in den vergangenen Monaten sehr deutlich erhöht haben. So sind die Baukosten teils um 30 Prozent gestiegen.« Gleichzeitig verzögere sich immer häufiger die Baufertigstellung, da viele Bauherren mit Materialmängeln zu kämpfen haben. Aus dieser Perspektive erscheine »ein Neubau für einige Interessenten aktuell uninteressant«.
Im Gegensatz dazu seien Finanzierungen für Gebrauchtimmobilen weiter sehr stark nachgefragt. Die zusätzliche Belastung steigender Baukosten entfalle »und gleichzeitig beobachten wir keinen starken Kaufpreissteigerungen mehr im Markt für Gebraucht-immobilien - eher eine Stagnation«. Bezugsfertige Immobilien beziehungsweise Immobilien, die ohne viel Aufwand renoviert werden können, bleiben trotz gestiegener Finanzierungskosten für eine Baufinanzierung daher sehr gefragt.
Einen wahren Boom erlebe die Sparkasse beim sogenannten Forward-Darlehen (Anschlussfinanzierung). Dies kann bereits bis zu drei Jahre vor Auslauf der aktuellen Zinsbindung einer Baufinanzierung abgeschlossen werden. Kunden können sich so bereits das immer noch relativ günstige Zinsniveau für die kommende Jahre sichern. Auf unsere Baufinanzierungskunden »gehen wir hier aktiv zu«.
Eine Zunahme von Ausfällen bei Krediten befürchte man nicht. Auch in Niedrigzinszeiten habe man »jederzeit einen Risikopuffer für steigende Zinsen einkalkuliert und vergleichsweise hohe Tilgungsraten vereinbart«.
»Vermehrte Anfragen in unserem Geschäftsgebiet können wir nicht feststellen«, sagt Stefan Wiederspahn, Vorstandsmitglied bei der Volksbank Feldatal. »Die Zinsen sind auch so schnell gestiegen, dass wenig Zeit für Unentschlossene blieb.« Seitdem habe sich an der Entwicklung wenig geändert.
Raten bis zu 700 Euro teurer
Dass sich Kunden vom Vorhaben zurückziehen, weil die Finanzierung wackelt, könne man nicht feststellen. Wiederspahn: »Die geplanten Vorhaben wurden bislang durchgeführt, auch wenn die Zinsen gestiegen sind. Dies mussten die Kunden leider hinnehmen.« Ausfälle, falls Kredite nicht mehr bedient werden können, fürchtet auch er »eher nicht, da wir auch in der Vergangenheit bereits immer einen Puffer für solche Situationen eingerechnet haben«.
Bei der VR Bank HessenLand heißt es, die Anzahl der Beratungsgespräche sei gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 15 Prozent gestiegen. Die veränderte staatliche Förderkulisse führe zu einem höheren Beratungsbedarf«, so der Vorstand. »Einige Vorhaben wurden aufgrund der Zins- und Baukostenentwicklung vorgezogen, während andere verschoben wurden.« Ebenso gebe es einen Anstieg bei den Kreditzusagen (Anzahl der Kredite +11 %, Summe der Zusagen +42 %).
Bei hohem Eigenkapitaleinsatz sei momentan die Wirkung der gestiegenen Baupreise auf den Finanzierungsbedarf geringer. »Ist kein angemessener Eigenkapitaleinsatz möglich, muss das Vorhaben zurückgestellt werden. Anders sieht es aus, wenn zuvor Festpreise verhandelt wurden.«
Bei einer durchschnittlichen Neubaufinanzierung habe sich die monatliche Rate zwischenzeitlich um 600 bis 700 Euro erhöht. Diese Veränderung der Zinskosten passe vielfach nicht mehr in die ursprünglichen Planungen der Familien. »Grundstückskäufe werden dennoch getätigt, während das Bauvorhaben aktuell oft vertagt wird.« Die Entwicklung werde aber nicht zu Notlagen führen, glaubt man bei der VR Bank HessenLand. »Wer beispielsweise vor zehn Jahren eine Finanzierung abgeschlossen hat und aktuell eine neue Zinsbindung eingeht, muss mit dem gleichen Zins wie damals rechnen.« In der Zwischenzeit fanden auch Tilgungen statt und der Wert der Immobilie sei gestiegen. Finanzierungen vor einem halben Jahr verfügten über einen sehr günstigen Zins. »Anders würde es aussehen, wenn infolge einer deutlichen Rezession über einen längeren Zeitraum eine hohe Arbeitslosigkeit entstehen würde.«