Viel Lärm um Nichts
Leserbrief zu Ihrem Bericht vom Samstag, dem 10. September 2022, mit der Überschrift »Spezialfolie schützt neuen Hallenboden«.
Mit großem Interesse habe ich den Bericht gelesen, war ich doch bei der Sitzung dabei. In der Zeitung wird aber leider mit keinem Wort erwähnt, dass dieser Boden genau der richtige für die Feldahalle ist. Denn es gibt verschiedene Beanspruchungsklassen für Wohnbereich, Gewerbe und Industrie. Für die Feldahalle wurde ein gewerblich nutzbarer Bodenbelag der Beanspruchungsklasse »sehr stark 34« ausgesucht.
Während der Sitzung haben einige Personen versucht, das noch einmal zu verdeutlichen, fanden jedoch kein Gehör. Zu festgefahren war der unbedingte Wille, dass dieser Boden abgedeckt werden muss. Die Fronten waren verhärtet, von einer konstruktiven Zusammenarbeit des Parlaments habe ich nichts gespürt, im Gegenteil. Warum dieser Boden abgedeckt werden soll, das ist mir völlig schleierhaft. Und warum sich niemand mehr an die oben beschriebene Strapazierfähigkeit des Bodens erinnert -die bereits bei der Auswahl desselben bekannt war- ist auch nicht zu begreifen.
Als Außenstehende ist für mich klar, dass bei der Entscheidung für die Verlegung eines Bodens dieser hohen Beanspruchungsklasse, die Nutzung der Halle auch wieder für Veranstaltungen gedacht ist, wie sie in der Vergangenheit üblich waren.
An diesem Abend wurde ebenfalls darüber abgestimmt, wie ausführlich die Protokolle den Inhalt der Sitzungen wiedergeben müssen.
Ich war eine der Personen, die Monika Becker (FWG) gebeten hat, einen Antrag für genauere Protokolle zu stellen - denn die Protokolle der vergangenen Sitzungen ermöglichten es nicht, den Inhalt der behandelten Themen und die verschiedenen Meinungen, die zu den Abstimmungsergebnissen führten, nachzuvollziehen. Für Leute wie mich, die an der Gemeindepolitik interessiert sind, aber nicht an jeder Sitzung teilnehmen können, ist es dann sehr schwer, sich eine objektive Meinung zu bilden.
Der Einwand von Lisa-Marie Schott (Bürgerliste), die Protokolle seien konform mit der Geschäftsordnung der hessischen Gemeindeordnung und in anderen Gemeinden gebe es noch kürzere Ergebnisprotokolle, enttäuscht mich zutiefst. Sicherlich wird hier Dienst nach Vorschrift gemacht, politisch korrekt, aber muss man sich an dieser Stelle mit dem Minimum zufriedengeben?
Kerstin Wahl ,
Feldatal
Deutlicher als am Beispiel »Ökopunkte« kann nicht vor Augen geführt werden, wie widersinnig in diesen Tagen Kommunalpolitik funktioniert. Das System der Ökopunkte ist dabei per se ein fragwürdiges, denn es wird nicht ein Quadratmeter, der neu versiegelt wird, durch Entsiegelung aufgewogen. Es werden naturnahe Flächen für Ausgleichsmaßnahmen von Bauvorhaben umgewidmet, die Bebauung dadurch »kompensiert«. Eine Idee aus den 1990er Jahren, die heute wie aus der Zeit gefallen wirkt und deshalb als »Ablasshandel« kritisiert wird. In diesem Zuge haben Landwirte die Möglichkeit, Flächen für Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Sie können sogar vorausschauend Ökopunkte auf ausgesuchten Flächen sammeln, bei der Naturschutzbehörde anmelden und dann zum Verkauf anbieten.
Für Landwirte können sich so einige Vorteile ergeben: Schlecht nutzbare Flächen - klein, schlecht zugänglich, steinig, staunass, mit Nutzungseinschränkungen (z. B. FFH-Gebiet) - können lukrativ verwendet werden, Fläche bleibt Eigentum des Landwirts, denn die Verpflichtung dauert i. d. R. 20 Jahre, und sie kann auch während dieser Zeit noch als Futterfläche dienen (z. B. bei Umwandlung von Ackerland zu Grünland oder Anlage von Streuobstwiesen).
Nun geht also der CDU-Bürgermeister der Stadt Alsfeld, im Gefolge Teile der CDU-Fraktion, zu einem Parteifreund, selbst CDU-Stadtverordneter und konventioneller Landwirt, und bietet ihm im Namen der Stadt an, Ökopunkte zu kaufen, die der Landwirt auf seinen Flächen angesammelt hat bzw. ansammeln kann und will. Ein Ökopunkt hat dabei i. d. R. einen Preis von über 0,50 Euro. Beim Ankauf von einer Mio. Ökopunkten durch die Stadt geht es um nicht weniger als 500 000 Euro. Eine echte Win-win-Situation, will man meinen. Auch wenn keine böse Absicht dahinter unterstellt werden kann - und ich es auch nicht tun möchte, denn es ist gängige Praxis und legal - ist es mehr als ungeschickt, so aufzutreten, denn es entsteht zwangsläufig der Verdacht der Vetternwirtschaft. Was als vorausschauende Politik angepriesen wird, ist in Wahrheit im höchsten Maße rückwärtsgewandt. Statt Versiegelung zu verhindern und städtische Flächen zu entsiegeln, wird die weitere Versiegelung im Stadtgebiet teuer erkauft und geplant. Bürgernahe Projektideen (9-Euro-Jahresticket für den Stadtbus, öffentliche Toiletten in den Erlen, freier Zugang zu Trinkwasser im öffentlichen Raum) werden unter dem Hinweis auf die zu hohen Kosten auf unverhohlen polemische Art und Weise abgebügelt. Am Geld scheint es jedenfalls nicht zu liegen, was politisch durchgesetzt wird und was nicht.
Ernst-Ludwig Moderer , Alsfeld