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Millionen für sauberes Wasser

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Von: Jutta Schuett-Frank

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Die Stadt Ulrichstein stellte neben dem neuen Brunnen auch die Technik der Kläranlage vor. © Jutta Schuett-Frank

Ulrichstein (sf). Millionen hat die Stadt Ulrichstein in sauberes Trinkwasser und eine gute Reinigung der Abwässer allein für die Kernstadt investiert. Darum drehte sich nun der »Tag der offenen Tür vom Wasser zum Abwasser«. Die erste Station war an dem neuen Brunnen, wo Bürgermeister Edwin Schneider neben Besucherinnen und Besuchern auch Stadtverordnetenvorsteher Karl Weissensee sowie weitere Mandatsträger begrüßte.

Mit dabei waren zudem Frank Weller und Andreas Hoffmann von der Brunnensuchfirma Retagg sowie von der Unteren Wasserbehörde in Lauterbach Jürgen Steuer, der damals den Neubau der Kläranlage mitbegleitet hat.

Doch zunächst ging es um den Tiefbrunnen am Hochbehälter der Kernstat. 1 Million Euro wurden dort investiert und 200 Meter tief gebohrt und dann sieht alles an der Oberfläche eher unspektakulär aus. Aktuell liegt der Wasserspiegel, nach dem Aufbringen des Filterkies, bei rund 175 Meter.

In diesem Jahr feiert Hessens höchstgelegene Stadt 675 Jahre Stadtrechte und gleichzeitig 50 Jahre Großgemeinde. Schon seit über 100 Jahren ist die Wasserversorgung der Kernstadt aus dem Oberwald gesichert, doch dann kamen Zeiten der Dürre. Vieles wurde unternommen um das Wasser für die Bevölkerung sicherzustellen. Nicht nur Edwin Schneider und die städtischen Gremien hatten schlaflose Nächte, auch die Bevölkerung war aufgewühlt.

Durch einen Bericht im Fernsehen wurden Ulrichstein Stadtväter auf das ungewöhnliche Suchverfahren der Firma Retagg aufmerksam. Deren Experten waren es auch letztendlich, welche den genauen Bohrpunkt feststellten. Dann gab es noch eine Reihe an Schwiertigkeiten zu meistern, bis das langersehnte Nass aus dem Erdreich gepumpt werden konnte, nicht weit vom Hochbehälter entfernt.

200 Meter Schacht

Jetzt werfen rund 3 Liter Wasser in der Sekunde und 11 Kubikmeter in der Stunde gefördert. Bürgermeister Edwin Schneider hatte beim Regierungspräsidium einen Antrag auf 5 Liter in der Sekunde gestellt. Dieser wurde aber abgelehnt, also werden 3 Liter in der Sekunde gefördert.

In 2019 war Ulrichstein in der Hessenschau und mittlerweile, wenn es um Wasser geht, macht die Stadt m Oberwald immer wieder Schlagzeilen und viele Fernsehteams waren schon vor Ort.

Weiterhin erinnerte Edwin Schneider daran, dass 2018 das Wasser per Tanklaster in die Kernstadt gefahren wurde. Ulrichstein gelangte dadurch eine eher traurige Berühmtheit. Trotz des aktuell vorhandenen Wassers im Tiefbrunnen sollen auch die alten Schürfquellen als Reserve erhalten bleiben.

Beim Tag der offenen Tür freute sich Edwin Schneider über bestes Wetter. Wohingegen bei den Bohrungen teilweise auch widrige Wetterverhältnisse auf der Höhe herrschten.

Frank Weller und Andreas Hoffmann, Bohrpunktexperten von der Firma Retagg, informierten über das Verfahren bei der Suche nach Spalten oder tektonischen Störzonen in der Erde. Sie sind mit einem neuartigen und hocheffizienten Analyseverfahren erfolgreich unterwegs. Es werden die tektonischen Störzonen mit hochentwickelten Messverfahren analysiert. »Diese tektonischen Störzonen führen in weit über 95 Prozent aller Fälle Wasser - und zwar qualitativ hochwertiges Wasser, das völlig unabhängig von Witterungseinflüssen wie Regen oder Trockenheit und somit permanent verfügbar ist. Zudem hat sich herausgestellt, dass dieses Wasser in der Regel frei von landwirtschaftlichen Einträgen ist«, informierten die beiden.

Im Gegensatz zur klassischen Geologie bestimmen die retagg-Leute den Bohrpunkt auf den Meter genau und geben vor. wo in der Tiefe das Wasser anzutreffen sein wird. Sie nannten auch Beispiele in anderen Regionen Deutschlands. So sei immer in der Erde, die Bruchzone in V-Form zu erkennen. Manchmal reichen diese Bruchzonen bis an die Erdoberfläche wie bei Geysiren, oft seien sie aber durch einen Deckel versteckt. Weller und Hoffmann betonen, dass ihr Unternehmen erst dann Geld verdient, wenn das Wasser läuft. Der Wasservorrat in der tektonischen Störzone sei so hoch, dass eine Trockenperiode der Trinkwassergewinnung nichts anhaben kann.

Abwasser von 1400 Haushalten geklärt

Auch die Kläranlage stand an diesem Tag im Fokus. Gestartet wurde in 2015 mit dem Umbau der alten Teichkläranlage in eine moderne Anlage mit dem »Bio Cos Verfahren«. Jürgen Steuber von der Unteren Wasserbehörde Lauterbach hatte das Projekt mitgetragen. Dafür hat die Stadt Ulrichstein laut Bürgermeister Schneider stolze 2 Millionen Euro investiert. Das Land Hessen förderte die Anlage mit 800 000 Euro.

Für die interessierten Bürgerinnen und Bürger boten Abwassertechniker Falko Scharmann und Frederik Maurer von der Betreiberfirma JWR nach Bedarf Führungen an. Aktuell seien 1400 Haushalte angeschlossen, es sei aber noch ausbaufähige Kapazität vorhanden. Diese Anlage sei auf dem neuesten Stand der Technik, sagte Maurer. Sie kann weiteren Anforderungen gerecht werden. Die alten Teiche mussten nach rund 34 Jahren ertüchtigt werden. Das Bio Cos-Verfahren braucht nicht für alle Prozesse ein neues Becken, sondern durch die Verfahrens-Kombination ist das in einem Becken möglich. So sind die Baukosten geringer und der Platzbedarf kann minimiert werden.

Auf dem Gelände der Kläranlage gab es noch Würstchen vom Grill und Getränke. Die aufgestellten Tische und Bänke luden die Besucher noch zum Verweilen ein.

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