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Über 300 Gießener demonstrieren spontan gegen den Überfall auf die Ukraine

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Auch das unterirdische Wetter hielt am frühen Donnerstagabend über 300 Gießener nicht davon ab, auf dem Berliner Platz für den Frieden und gegen den Überfall auf die Ukraine zu demonstrieren.

Gießen (mö). Zu der Kundgebung hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund im Laufe des Tages aufgerufen, nachdem am Morgen russische Truppen die Ukraine überfallen hatten. »Wir vertreten Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten, Sprachen, Glaubensrichtungen und Meinungen, aber heute sind wir geeint: Wir sind gegen Krieg und die russländische Aggression gegenüber der Ukraine«, sagte Olga Royak vom Deutsch-Russischen-Zentrum unter Beifall.

Im Wind eines Regensturms flatterten vor dem Rathaus die blau-gelben Flaggen der Ukraine und der Europäischen Union, eine Frau hielt ein Schild in die Höhe mit den Fahnen der Ukraine und Deutschlands und der Aufschrift »Solidarität«. In der ersten Reihe vor der Rednerbühne standen Vertreter der Fraktionen aus dem Stadtparlament, die tagsüber zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgerufen hatten, die von DGB-Jugendbildungsreferentin Desiree Becker moderiert wurde.

Den Menschen war der Ernst der Lage, die Betroffenheit und wahrscheinlich auch die Sorge um Angehörige anzusehen. Einigen Teilnehmern, die offensichtlich familiäre Wurzeln in Osteuropa haben, standen die Tränen in den Augen, einige lagen sich in den Armen.

DGB-Vorsitzender Klaus Zecher forderte, dass die Kämpfe sofort eingestellt werden. Der Krieg werde eine neue Fluchtbewegung auslösen. »Was Krieg und Flucht bedeuten, haben wir im Irak und Syrien gesehen. Das soll den Menschen in der Ukraine nicht widerfahren«, rief Zecher.

Auch Eden Tesfaghioghis, die stellvertretende Vorsitzende des Gießener Ausländerbeirats, ging auf das Thema Flucht ein. »In Gießen sind immer wieder viele Menschen angekommen, die vor dem Krieg geflohen sind. Wir kennen ihre Geschichten. Warum müssen wir jetzt wieder solche Geschichten hören? Warum hört es mit den Kriegen nicht auf«, redete die junge Frau gegen den peitschenden Wind an.

»Es sind Menschen gestorben, Soldaten und Zivilisten«, sagte Pfarrer Gabriel Brand für die evangelische Kirche in Gießen. »Das ist ein dunkler Tag für die Ukraine, für Europa, die Welt und für alle, die den Frieden wollen und auf die Diplomatie gesetzt haben«, sagte Brand.

Viel Beachtung fand die Rede von Olga Royak, die sich seit vielen Jahren im Bundesverband russischsprachiger Eltern e.V. und im Deutsch-Russischen Zentrum e.V. engagiert. Sie richtete ein Appell an die Öffentlichkeit, die Handlungen der russischen Staatsführung nicht gleichzusetzen mit den in Russland und anderswo lebende russischsprachigen Menschen. Die Vereine, für die sie tätig sei erwarteten »in naher Zukunft viele Geflüchtete in Westeuropa, die Russisch und Ukrainisch sprechen«. Man werde alles tun, um ihnen zu helfen. »Das ist unsere professionelle und menschliche Pflicht«, sagte Royak.

Nach einer knappen halben Stunde beendete DGB-Chef Zecher die Kundgebung und bedankte sich für die Teilnahme. Überall auf dem Platz standen danach trotz des ungemütlichen Wetters noch Grüppchen herum, um neueste Informationen aus dem Kriegsgebiet auszutauschen.

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