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Stadtbusse fahren theoretisch mit Stroh

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Sechs neue Busse sollen zur Gießener Verkehrswende beitragen, sagen (v. l.) Stadtwerke-Vorstand Jens Schmidt, Aufsichtsratsvorsitzende Astrid Eibelshäuser, Vorstand Matthias Funk und Mit.Bus-Geschäftsführer Mathias Carl. FOTO: KW © Red

Gießen (kw). Gas statt Elektromotor: Auch in Zeiten des Ukraine-Kriegs bleibe diese Strategie für den Stadtbusverkehr sinnvoll. Falls allerdings das Erdgas knapp würde, müssten die Busse möglicherweise stehen bleiben. Zwar werden sie theoretisch ausschließlich mit Biomethan aus Deutschland angetrieben, doch das kommt in der Praxis aus dem allgemeinen Erdgasnetz, ist also nicht unabhängig von Russland.

Das sagte der Technische Vorstand der Stadtwerke Gießen, Matthias Funk, bei der Vorstellung sechs neuer Busse.

Es sei noch unklar, welche Bedeutung dem öffentlichen Nahverkehr bei der Gasverteilung nach einem verschärften Notfallplan zugemessen würde, erläuterte Funk auf GAZ-Nachfrage. Falls Wladimir Putin den Gashahn für Deutschland zudreht, würde die Krise indes vermutlich auch andere Energieträger betreffen - und somit in ähnlicher Weise Busse, die mit Diesel oder Strom fahren.

Seit 2006 setzt die Stadtwerke-Tochter Mit.Bus auf Gasantrieb, seit 2019 ist die gesamte Flotte auf Biomethan umgestellt. Rechnerisch werden die Gießener Busse derzeit ausschließlich mit Stroh betrieben. Denn die SWG kaufen ihr Gas beim Unternehmen Verbio AG.

Dessen Marketingleiterin Ulrike Kurze war eigens zum Pressetermin an der Lahnstraße gekommen, um die »weltweit einmalige« Technik zu erläutern. In drei Großanlagen in Sachsen-Anhalt und Brandenburg entstehe Biomethan in Erdgasqualität - ohne Gülle oder Mais. Das Stroh sei Überbleibsel der Getreideernte und würde nicht anderweitig verwertet. Ein Pkw könne mit vier 500-Kilogramm-Großballen ein ganzes Jahr fahren. Noch interessanter sei die Technik für Busse und Lkw, bei denen Elektroantriebe mutmaßlich auch langfristig schwierig blieben.

Bei der Biomethan-Produktion würden geringe Mengen Kohlendioxid ausgestoßen. Dies gleiche Verbio mit Zertifikaten aus.

»Aus Klimasicht sind wir mit unserem Nahverkehr schon längst angekommen, wo andere Kommunen in einigen Jahren sein möchten«, unterstrich Stadträtin Astrid Eibelshäuser (SPD) als Stadtwerke-Aufsichtsratsvorsitzende. Der Kaufmännische SWG-Vorstand Jens Schmidt ergänzte, in Zusammenarbeit mit dem Rathaus arbeite man daran, »immer mehr Menschen eine echte Alternative zum Pkw zu bieten«.

Ein Beitrag zur Verkehrswende seien die sechs Busse, die ab sofort 13 Jahre alte Fahrzeuge ersetzen. Die Neuen sind sparsamer, leichter und erzeugen mit dem »Mild-Hybrid-System« aus jedem Bremsvorgang Strom, der etwa zum Anfahren genutzt wird.

Für die Fahrgäste bieten die Busse mehr Hygiene und Komfort, erläuterte Mit.Bus-Geschäftsführer Mathias Carl. Einige Beispiele: Statt einem gibt es jetzt je zwei Plätze für Rollstühle oder Rollatoren, außerdem kommen antivirale Luftfilter, Videosystem und Tote-Winkel-Sensoren zur Erfassung von Radfahrern neben dem Bus hinzu. Die sechs Fahrzeuge vom Typ Citaro C2 S3 Gas Hybrid haben 2,2 Millionen Euro gekostet.

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