Das Konzept ist aufgegangen

Schwalmtal (pm). Erzählkonzert nennt Meryem Akdenizli ihr Programm, mit dem sie vergangenen Sonntag das Publikum begeisterte. Sie nähert sich dem Werk, das sie für ein Programm einstudiert, dadurch, dass sie sich möglichst viele Details aus der Entstehungsgeschichte, dem historischen Kontext und der Lebenssituation der Komponisten erarbeitet, empathisch mit dem musikalischen Werk schwingt und in Resonanz geht.
Warum nicht die Zuhörer an diesem Prozess teilhaben lassen, statt sie unvermittelt mit dem Vortrag zu konfrontieren und so auf die Antizipation der technischen Perfektion der Musiker zu reduzieren?
Von Beethoven bis Debussy
Ein Konzept, das sehr gut aufgeht. In charmant vorgetragener Erzählung erfuhren die Anwesenden viele bisher unbekannte Zusammenhänge und Details der - für diesen Abend ausgewählten - Komponisten Beethoven, Debussy und Liszt. Nebenbei bemerkt war sich auch ein Leonard Bernstein in den 1970er Jahren bewusst, dass vor allem für junge Menschen eine niedrigschwellige Vermittlung praktischer Musikgeschichte hilfreich sein kann, um einen Zugang zur klassischen Blütezeit zu erhalten.
Er nannte dies damals »Young People’s Concerts«.
Aber auch der Aufbau und besondere Strukturen der Musikwerke wurden anhand von praktischen Beispielen verdeutlicht. Kaum angesprochen und erläutert, erklangen die entsprechenden Passagen, wie von Zauberhand und im Handumdrehen malten die Hände wieder Bilder zur Illustration des Inhalts.
Eben noch erzählte die Künstlerin von Beethoven, dass ihm die damals noch schmalere Klaviatur seiner Zeit viel zu eng war, zu wenig Umfang hatte und im Nu wurde dies beim Vortrag der Sonate Nr. 30 E-Dur op. 109 erlebbar, da auch für Meryem Akdenizli die schon größere Klaviatur noch als zu beengend erschien. Es drohte der ehrwürdige Blüthner Flügel aus den Fugen zu geraten und aus allen Nähten zu platzen. Zum Glück war der Saal etwas heruntergekühlt, sonst hätte die explosive Dynamik des Spiels von Meryem Akdenizli den Saal zum Kochen gebracht. Sie verstand es auch, den musikalischen Sturm mit den Zugaben wieder zu einer sommerlichen südländischen Brise zu wandeln und die Zuhörerschaft in die warme Abendstimmung zu entlassen. Kein Wunder, denn Akdeniz bedeutet auf türkisch Mittelmeer und Meryem Akdenizli ist also die »Maria vom Mittelmeer« - sie kennt sich aus!
Die nächste Gelegenheit, eines dieser besonderen Konzerte von »Weltklassik« zu erleben, gibt es am Sonntag, 11. September, um 17 Uhr im Theatersaal Melchiorsgrund. »Poesie Pur« nennt Lal Karaalioglu ihr Programm mit Werken von Clementi, Chopin und Schubert. Reservierungen sind über info@weltklassik.de, die Webseite: www.weltklassik.de oder über Telefon 0151-125 855 27 möglich.