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Ohmtalbahn wird möglich

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Von: Joachim Legatis

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Die Reaktivierung der Ohmtalbahn entpuppt sich als reelle Chance. Der Bauausschuss des Kreistags entschied einstimmig, die Planungen voranzutreiben, um eine neue Ost-West-Verbindung zwischen Marburg und Fulda zu schaffen. Bundesmittel in Millionenhöhe befeuern die Hoffnung, in einigen Jahren die Bahnstrecke von Kirchhain nach Gemünden wieder nutzen zu können.

Als die ersten Überlegungen zur Reaktivierung der Ohmtalbahn laut wurden, überwogen noch die Bedenken. Zu unrealistisch schien es, die zugewucherte und für einen Radweg bestimmte Strecke wieder für Nahverkehrszüge zu öffnen.

Doch nun hat sich der Bauausschus des Kreistags für ein Weiterverfolgen der Planungen ausgesprochen. Die Bahnstrecke Kirchhain-Homberg-Nieder-Gemünden erfährt dabei als Teilstück einer Bahnverbindung Marburg-Gemünden-Alsfeld-Fulda eine überraschende Aufwertung. Einstimmig hat sich der Ausschuss dem Vorschlag von Landrat Manfred Görig und Erstem Beigeordneten Jens Mischak angeschlossen, eine vertiefende Planung erstellen zu lassen. Sie soll Teil der Vorarbeiten für eine schnellere Vogelsbergbbahn werden. Das wird ermöglicht durch eine in Aussicht gestellte Förderung des Bundes von 120 Millionen Euro. Die Kosten für eine Wieder-Inbetriebnahme der Ohmtalbahn werden auf 26,4 Millionen Euro plus Brückenbau beziffert.

Ausschlaggebend für die Entscheidung ist das Ergebnis der Vorstudie, wonach eine echte Ost-West-Verbindung von Marburg nach Fulda über diese Strecke eine Lücke im Bahnangebot Hessens schließt. Dabei regt Stefan Klöppel, Leiter des Verkehrsbereich bei den Oberhessischen Versorgungsbetrieben ZOV, an, die Bahn in Homberg als Straßenbahn laufen zu lassen. Ein Mischbetrieb von Nahverkehrszug und Straßenbahn erleichtere die Umsetzung und sei bereits in Nordhessen Praxis.

Klöppel stellte im Ausschuss Inhalte der Studie vor. Die Gutachter erinnern an das Aus des Personenverkehrs auf der rund 20 Kilometer langen Strecke von Gemünden nach Kirchhain im Jahre 1991. In Betrieb ist das Teilstück Kirchhain-Nieder-Ofleiden bis zum Basaltwerk der MHI. Der Abschnitt von der MHI bis Neuhaus ist entwidmet, der Rest der Strecke gilt als stillgelegt. In den letzten Jahren hat Homberg Planungen für einen Radweg auf der Bahntrasse vorangetrieben. Der Gutachter hat auch geprüft, ob eine bessere Busverbindung sinnvoll ist. Von den Fahrgastzahlen her würde diese nur ein Plus von 50 Menschen pro Tag bringen. Der Vorteil wären die geringeren Kosten.

Bei den Zugverbindungen prüfte der Gutachter, wie sich Direktzüge von Marburg nach Gemünden, nach Gießen und nach Fulda auswirken. Ideal wären durchgehende Verbindungen von Marburg nach Fulda, weil dann eine Ost-West-Verbindung quer durch Mittelhessen führen würde. Bei Direktzügen Marburg-Fulda sind aber die Baukosten noch einmal höher, weil zusätzliche Anbindungen an die Vogelsbergbbahn erforderlich sind. Dafür hätte man in diesem Fall höhere Entlastungen beim Pkw-Verkehr zu erwarten, wie Klöppel erläuterte.

Mit Blick auf die Kosten plädiert die Vorstudie für einen einfachen Anschluss der Ohmtalbahn an den Bahnhof Burg-/Nieder-Gemünden. Dort müssten Fahrgäste aus Marburg umsteigen. Das kostet bereits 26,4 Millionen Euro, wobei die Kosten für eine Sanierung der alten Eisenbahnbrücke bei Homberg unklar sind. Nötig wären jedenfalls der Neubau der Bahnsteige und eines Kreuzungsbahnhofs. Für Homberg und Ober-Ofleiden regen die Gutachter an, den Haltepunkt zu verlegen. Dabei müsse auch geschaut werden, ob streckenweise Tempo 80 ereichbar ist, so Klöppel weiter. Auf der Strecke wären im Vergleich zum Busverkehr 150 bis 290 zusätzliche Fahrgäste pro Tag unterwegs.

Der Gutachter regte an , auf jeden Fall die Trasse zu sichern und die Anliegerkommunen einzubinden. Zudem solle die Reaktivierung der Ohmtalbahn als »Y-Variante« in die Ausbauplanung für die Vogelsbergbahn eingebunden werden.

Die Vorlage griffen Ausschussmitglieder gerne auf, so sah Barbara Schlemmer (Grüne) gute Chancen auf Unterstützung in Homberg. Es gebe Offenheit für solche Überlegungen. Eine Verlegung des Radwegs sei möglich. Der Gemündener Bürgermeister Lothar Bott hält es für wichtig, die Chance zu wahren. Dafür sei eine positive Empfehlung im Kreistag wichtig. Allerdings »reden wir über eine Umsetzung in den nächsten 20 bis 30 Jahren«. Allein der Ausbau der Vogelsberggbahn werde bis zu 15 Jahre brauchen. Landrat Görig warb dafür, die Reaktivierung auf der Strecke Marburg-Fulda mit zu untersuchen, »damit wir das haben, wenn es doch einmal möglich wird«. Deshalb solle die Planungsstudie für die Vogelsbergbahn um die Ohmtalstrecke erweitert werden. Wichtig sei es, die Kommunen an der Strecke im Boot zu haben.

Auf Nachfrage von Dr. Hans Heuser erläuterte Klöppel, dass die Baukosten nach aktuellem Stand zu 90 Prozent vom Bund getragen werden. Ob das Land den kompletten Rest übernimmt, sei nicht geklärt. Ulrich Künz (CDU) sieht gute Chancen, dass die Regionalversammlung dem positiv gegenüber steht.

Dr. Birgit Richtberg (CDU) fügte an, dass die Bahnstrecke auch für den Tourismus wichtig sein kann. »Die Ost-West-Verbindung ist eine neue Verkehrsader für die Region.«

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