Lauterbacher Friedenslöwe verliert sein wolliges Fell
Ein deutschlandweit einzigartiges Projekt: Soroptimist International (SI) hatte das »Löwendenkmal« in Lauterbach mit Wollelementen verhüllt und zum Friedenssymbol auf Zeit umgewidmet.
Das Projekt begann bereits im Januar mit einem »Strick-off«. Ziel des Projektes war es, auf die historischen Wurzeln des Kriegsdenkmals hinzuweisen und eine breite Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg zu erreichen.
Ute Kirst, Designerin, Künstlerin und SI-Clubmitglied, entwickelte die Idee. Sie wollte ein Zeichen setzen, »dass wir seit über 70 Jahren im Frieden leben«. Es erschien den Organisatorinnen von SI Lauterbach-Vogelsberg angesichts weltweiter kriegerischer Konflikte nahezu unerträglich, täglich ein Denkmal zu passieren, das im Wortsinn chauvinistische Ideale feiere und es völlig unverändert und unkommentiert durch ein Jahrhundert mit zwei der schlimmsten Kriege geschafft habe.
Wollelemente werden zu Taschen
Rund 300 Menschen aus mehreren Ländern strickten deshalb rote Wollelemente, die bei der Verhüllung des Denkmals unter der Nadelführung von Ute Kirst zum Einsatz kamen. Diese Performance wurde von einem zweitägigen Friedensfest umrahmt, das ebenfalls von SI Lauterbach-Vogelsberg organisiert wurde. Es begann mit einer ökumenischen Andacht und iellen Grußworten – darunter von SI-Deutschland-Präsidentin Gabriele Zorn. Ein anspruchsvolles musikalisches Rahmenprogramm sowie Getränke- und Essensstände zogen rund 1500 Menschen auf den Platz.
Das Friedensfest war eingebettet in eine vielfältige SI-Veranstaltungsreihe, die von Juni bis September dauerte. Sie begann mit einer Lesung von Sophia Mott aus ihrem Roman über Martha Liebermann. Die Stadtbücherei lud anschließend zur Lesematinee zum Thema »Krieg und Frieden« ein. Gleichzeitig wurde dort die VdK-Ausstellung »Menschenrechte im Krieg« eröffnet. Prof. Dr. Angela Moré hielt an einem weiteren Abend einen Vortrag über »Krieg als Gefühlserbschaft« und die Weitergabe von Kriegstraumata über Generationen hinweg.
Deutschlandweit einzigartig
Beate und Fritz Reith sangen Lieder von in der Nazi-Zeit verfemten Autoren. Dr. Christine Ochwadt berichtete über die Arbeit von »Ärzte ohne Grenzen«, dem Spendenziel des gesamten SI-Projektes, und die Preisträgerin des Friedenssongs 2015, Miriam Green, gestaltete das Abschlusskonzert im Hohhaus-Palais. Über 600 Menschen waren im Zuge des Projektes dabei. Das Projekt wurde über das Programm »Demokratie leben« und dem mittelhessischen Kultursommer gefördert sowie von der Stadt unterstützt. Es sei »deutschlandweit einzigartig für den heute angemessenen und notwendigen Umgang mit einem historisch-nationalistischen Denkmal«. Das Echo auf den Friedenslöwen sei enorm gewesen.
Noch am letzten Projekttag fragte der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir während seines Besuches in Lauterbach nach der Besonderheit des Friedenslöwen und ließ sich dessen Botschaft erläutern. Das Ende des Projektes bedeute nicht das Ende der Aktivitäten rund um den Friedenslöwen. Zunächst wird die Firma Kruppert die Wollhülle kostenfrei waschen.
Die Volkshochschule bietet am 11. November einen kostenloses Kurs an, in dem aus Wollelementen kleine Taschen genäht werden (Anmeldung über die vhs) und Wollelemente werden als Erinnerungsstücke ausgegeben.