Langes Warten auf Solarstrom

Betreiber von kleinen Solaranlagen haben es schwer, die Anlagen an das öffentliche Stromnetz zu bekommen. Seit einem Jahr bemüht sich eine Betreibergesellschaft in Wahlen um die Einspeisung aus ihrer neu errichteten Fotovoltaikanlage. Demnächst soll sie ans Netz gehen.
Strom aus Sonne und Wind ist von der Politik sehr gewünscht, aber bei der Umsetzung des neuen Energiekonzepts in Deutschland hapert es. Das merken Dr. Bernd Stumpf und seine Partner, die in Wahlen eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage errichtet haben, die demnächst mit einjähriger Verzögerung ans Stromnetz gehen kann. Knackpunkt ist die Zertifizierung, also die technische Prüfung, ob die Anlage die Netzstabilität gefährdet. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
Dabei war der erste Schritt einfach, wie Stumpf erläutert. Seit 2011 speist die Biogasanlage in Wahlen Strom ins Netz ein und heizt mit der Abwärme eine Reihe an Haushalten im Dorf. Bereits im Genehmigungsverfahren war eine PV-Anlage mit einbezogen worden, die dann 2022 recht unkompliziert genehmigt wurde. »Da war nur noch eine Bauanzeige nötig«, sagt Stumpf.
Im Januar 2022 wurde dann eine Firma mit dem Bau der PV-Anlage beauftragt, »im Mai war alles fertig«. Die Solarpaneele und die Trafostation für die 749-kW-Anlage standen. Mit Nebenkosten für eine Umzäunung und die Zertifizierung wurden dafür 750 000 Euro investiert.
Doch dann wurde es schwierig, denn eine Inbetriebnahme muss mit dem Netzbetreiber erfolgen. Ursprünglich sollte die PV-Anlage für den Eigenstrombedarf der Biogasanlage eingesetzt werden und der überschüssige Strom ins Netz eingespeist werden.
Zertifizierer sind voll ausgelastet
Da es sich um keine Anlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz handelt, legt der Direktvermarkter als Käufer den Preis fest. Der war aber nicht wirtschaftlich. So soll jetzt der gesamte produzierte Strom vermarktet werden.
Doch erst einmal muss die Anlage ans Netz gehen und da beginnt das Problem mit dem Zertifikat. Das soll absichern, dass die Komponenten der PV-Anlage so zusammengestellt sind, dass sie störungsfrei arbeitet und das Stromnetz nicht gefährdet. Es gibt dafür auch ein vereinfachtes Verfahren für kleine Anlagen wie die in Wahlen.
Doch das konnte nicht genutzt werden, weil die Leistung von Biogasanlage und PV-Anlage zusammen betrachtet werden. Deshalb ist eine Zulassung nach einer komplexeren Prüfung notwendig, wie Stumpf im Austausch mit der OVAG erfahren hat.
Für diese Prüfung benötigt man einen Zertifizierer, von denen es allerdings nicht viele in Deutschland gibt. Viele nehmen keine neuen Aufträge mehr an, weil sie Arbeit für ein Jahr und mehr haben. Der Spezialist, der bereits die Biogasanlage zertifiziert hat, konnte schließlich überredet werden, auch die PV-Anlage zu prüfen. Nun ist er am Werk, aber die Anlage steht seit elf Monaten still.
Das ist ein Problem für kleine Betreiber wie die Energiegemeinschaft Wahlen, größere Bauherren haben eigene Spezialisten. Die Hürden für Bauherren treiben Stumpf um. »Es ist doch schizophren, dass man regenerative Energien fördern will und dann geschieht nichts über einen längeren Zeitraum.«
Energiespeicher als nächster Schritt
Stumpf denkt bereits über den nächsten Schritt nach. So muss einiges gemacht werden, um Strom aus Wind und Sonne so in das Netz zu bringen, dass keine Schwankungen und Ausfälle ausgelöst werden. Es werden Energiespeicher benötigt, um Zeiten ohne Wind oder Sonnenlicht zu überbrücken.
Batterien sind relativ teuer, eine Möglichkeit ist der Anschluss eines Elektrolyseurs. Das ist ein Gerät, das Strom nutzt, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Das Gas kann dann gespeichert und beispielsweise über eine Brennstoffzelle wieder in Strom umgewandelt werden.
Der Elektrolyseur kann überschüssigen Strom nutzen, wenn die Sonne scheint und ein kräftiger Wind weht. Doch ein solches Gerät ist kostspielig und lohnt nur, wenn es viele Betriebsstunden im Jahr erreicht. Stumpf schwebt vor, zusätzlich Überschuss-Strom vom Windpark Wahlen zu nutzen.
Doch ein eigenes Kabel zum Windpark ist teuer und das Netzentgelt für die Nutzung des OVAG-Kabels ist vom Gesetzgeber vorgegeben und zu hoch. »Es steht in keinem Verhältnis zu der beabsichtigten Nutzung von wenigen Metern Mittelspannungskabel.«