Emotionale Momente

Kirtorf (pm). Mit »nice to see you« (Schön, euch zu sehen) begrüßte der Heimatverein Stadt Kirtorf deutschstämmige Familien aus den USA im Kirtorfer Museum. Recht kurzfristig kam die Anfrage von Bobby Harris mit ihren Töchtern Samantha Ritz und Jenny Burns aus Southport in North Carolina/USA zu diesem Besuch. Binnen einer Woche war es dann soweit. Ziel war, das Leben und Wirken ihrer jüdischen Vorfahren in Kirtorf zu erkunden.
Rechtzeitig geflohen
Helmut Meß und Uwe Wittich vom Heimatverein waren behilflich mit der Bereitstellung von umfangreichen Unterlagen, Fotos und Informationen. Der erste Höhepunkt während des rund fünfstündigen Aufenthaltes war das Geburtshaus von Lisa Gottlieb, der Mutter bzw. Großmutter der Besucherinnen.
Lisa, geboren 1928, wohnte mit ihren Eltern Sally und Berta Gottlieb in der Neustädter Straße. Sally war Kaufmann und während 1914/18 auch Kriegsteilnehmer, Berta geb. Wolf aus Düdelsheim war Näherin. In 1934 zogen sie es vor, ihre Heimat zu verlassen, sie verkauften ihr Anwesen und gingen in die USA. Sehr angetan, vor dem Haus der Vorfahren zu stehen, wurden viele Fotos gemacht. Auch in der Pose, in der Haustür stehend, wie ein Foto, das seinerzeit Lisa als Kleinkind Anfang der 1930er Jahre zeigt. In der ehemaligen Schule in der Neustädter Straße 18, die Opa Sally Anfang der 1900er Jahre besuchte, konnte man im Flur noch den alten Fliesenfußboden aus dieser Zeit in Augenschein nehmen. Die Ahnenreihe der Gottlieb‹s reicht in Kirtorf bis in das Jahr 1751 zurück, wo ein Jude Salomon Isaak genannt wird, der ab 1809, mit der »Verpflichtung zur Annahme erblicher Zunamen« fortan den Namen Gottlieb führte. Wie bei jüdischen Besuchern in Kirtorf immer im Programm, wurde auch der jüdische Friedhof besichtigt. Nicht weniger als fünf Grabstellen sind den Gottliebs zuzuordnen, diese befinden sich in einem dem Alter entsprechend guten Zustand.
Beim Rundgang durch Kirtorf wurde neben den verschiedenen besonderen Gebäuden auch das ehemalige Judenbad, die Mikwe, in Augenschein genommen. Die Besucherinnen erlebten viele emotionale Momente um das ehemalige Lebensumfeld ihrer Vorfahren. Sie waren begeistert, dass sie an diesem Tag so viel erleben durften und dankten den Vertretern des Heimatverein sehr herzlich.