Kfz-Branche setzt auf Elektro

Die Kfz-Branche ist im Umbruch. Im vergangenen Jahr gab es in Hessen bei den Neuzulassungen von Pkw ein zweistelliges Minus bei Fahrzeugen mit Benzin- und Dieselantrieb und dafür ein Plus von 117,6 Prozent bei Elektro-Personenwagen. Die oberhessischen Kfz-Betriebe rüsten sich für eine zunehmend elektrische Zukunft.
Immer mehr Autos auf den Straßen sind fast geräuschlos unterwegs. Die Zunahme der Elektro-Pkw ist auch im Vogelsberg daran zu bemerken, dass Ladesäulen stärker frequentiert werden. Mit der Ampel-Koalition in Berlin sind noch mehr dieser Fahrzeuge zu erwarten.
Im Vorjahr hatten bereits 21,3 Prozent der Neuzulassungen Elektroantrieb. Plug-in-Hybride machten weitere 14,4 Prozent aus. Das bedeutet Druck auf die Fachbetriebe der Kfz-Branche, die sich aber gut gerüstet sehen, wie Michael Kraft von der Kfz-Innung Oberhessen betont. »Wir sind gut vorbereitet auf die Anforderungen der E-Mobilität.«
Mit dem technischen Wandel musste die Branche schon immer klarkommen. Auch in den nächsten Jahren werden immer noch weitaus mehr Benzin- und Diesel-Pkw in die Werkstätten kommen als Elektrofahrzeuge, schätzt Kraft. Das liegt schon an der gestiegenen Lebensdauer der Pkw und Transporter.
Wichtig ist dabei allerdings die permanente Weiterbildung in den Betrieben. Immerhin müssen die Mechatroniker Fahrzeuge reparieren, die mit Benzin, Diesel oder Gas angetrieben werden. Dazukommen reine E-Mobile und Hybridfahrzeuge, die eine größere Batterie für Kurzstrecken und einen Verbrennungsmotor haben, sowie Mild-Hybridwagen. »Bei den Antriebsformen sind wir sehr breit aufgestellt«, sagt Kraft. Für größere Betriebe wie das Autohaus Neils & Kraft in Gießen steht die permanente Weiterbildung der Mitarbeiter im Vordergrund. Bei kleineren Betrieben läuft es darauf hinaus, sich zu entscheiden, »was sie selbst machen können und welche Sparten sie abgeben«. Kraft: »Wir leben vom Kundendienst und vom Teilegeschäft.« Die Erträge aus dem Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen sind eher gering.
Besonders treibt ihn um, wie mit dem Individualverkehr umgegangen wird. In Gießen würden Anstrengungen unternommen, den öffentlichen Nahverkehr zu stärken und das Fahrradfahren zu erleichtern. Doch man dürfe nicht vergessen, dass die Universitätsstadt ein wichtiger Zielort ist, auch für Pendler aus dem Vogelsbergkreis. Täglich 36 000 Einpendler und dazu noch viele Studierende, Kunden der Geschäfte, Handwerker und Touristen strömen in die Stadt. Hinzukommt der Liefer- und Güterverkehr. Eine Umstellung erfordert Zeit.
Auch bei der Elektromobilität wird die Veränderung nicht so schnell gehen. Dafür müssen noch viele Ladestationen geschaffen und die Stromerzeugung angepasst werden. Gas- und Kohlekraftwerke verlagern den Kohlendioxidausstoß nur, statt ihn deutlich zu senken. Zudem wäre es Ressourcenverschwendung, Pkw und Transporter frühzeitig auszusortieren. Das Durchschnittsalter bei Pkw liegt inzwischen bei zehn Jahren. Daraus errechnet sich, dass im Jahre 2031 immer noch etwa die Hälfte der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren unterwegs sein werden.
Bei Lkw ist die Lage etwas anders, weil sie batterieelektrisch nur eine kurze Reichweite haben und die Batterien noch zu schwer sind. Dort gehöre die Zukunft der Wasserstofftechnologie.
Deshalb plädiert Kraft dafür, zumindest bei Pkw und Transportern das Nebeneinander der verschiedenen Antriebstechniken im Blick zu behalten. Dabei steigt der Anteil der Stromer auch in der Region langsam.
Aktuell sind im Vogelsbergkreis 666 reine E-Fahrzeuge, 1256 allgemeine Hybrid-Fahrzeuge und 514 Plug-In-Fahrzeuge zugelassen - insgesamt 2436. Die Zahlen im Vogelsbergkreis zeigen einen deutlichen Trend: Es werden immer mehr E-Fahrzeuge. Waren es im Dezember 2019 insgesamt 138 reine E-Fahrzeuge, 562 allgemeine Hybrid-Fahrzeuge und 66 Plug-in-Fahrzeuge, sind es im Dezember des darauffolgenden Jahres bereits 332 reine E-Fahrzeuge, 856 allgemeine Hybrid-Fahrzeuge und 213 Plug-In-Fahrzeuge.
2021 wurden im Landkreis 308 E-Fahrzeuge zugelassen, dazukamen 1076 Hybridfahrzeuge. Im Jahr vorher waren es erst 114 E-Mobile. Die Zahl der Benziner im Vogelsbergkreis liegt dagegen bei 46 364 Pkw. Kraft plädiert für eine breitere Herangehensweise. Die E-Mobile sind auf Kurzstrecken sinnvoll, bei längeren Routen wird es schwierig. »Wir benötigen ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Fahrzeugen mit akzeptablen Reichweiten und eine passende Infrastruktur«, sagt Kraft, der im Vorstand des Zentralverbands des Kraftfahrzeuggewerbes mitwirkt.