1. Gießener Allgemeine
  2. Vogelsbergkreis

Keime im Brutschrank

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Joachim Legatis

Kommentare

h_hyg1_030622_4c_1
Anastazja Drombinska drückt einen Geldschein auf den Nährboden, um nach dem Bebrüten Keime darzustellen. FOTO: JOL © Joachim Legatis

Geldscheine, Türklinken und manchmal auch die Atemluft sind voller Keime. In einem Projekt am Forschungszentrum Neu-Ulrichstein haben Schülerinnen und Schüler aus Homberg Keime untersucht und daraus Hygienemaßnahmen entwickelt.

Sorgsam drückt Anastazja Drombinska den 5-Euro-Schein auf die gallertartige Masse in der Glasschale und zieht ihn vorsichtig wieder ab. Dann noch einen Deckel drauf und ab in den Brutschrank. Drei Tage später sieht die Homberger Schülerin dann eine deutliche Verfärbung auf der ansonsten klaren Oberfläche - die Keime von dem Geldschein haben sich vermehrt und sind zu einer gelblichen Schicht gewachsen.

Stefanie Jähn ist zufrieden, die Biologiestudentin freut sich über die deutlich sichtbare Keimkultur. Denn genau darum geht es in diesem besonderen Unterricht für Jugendliche der Ohmtalschule: Gefahren durch Keime sichtbar machen.

Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Homberger Gesamtschule haben in den letzten Wochen eine Ausbildungs zu »Infektionsschutzassistenten« im Labor des Forschungszentrums Neu-Ulrichstein absolviert. Dabei haben sie Grundlagen der Mikrobiologie und der Hygiene gelernt, um in der Schule mitzuhelfen, dass alle ein wenige gesünder leben. Vordergründig ging es um Corona-Schutz, aber das Gelernte ist auch mit Blick auf Masern und Grippe nützlich, wie FNU-Chef Prof. Dr. Peter Ebke sagt.

Nicht zuletzt bietet das außerschulische Projekt mit den FNU-Experten auch die Möglichkeit, Kulturen zu bebrüten. Das ist im Bio-Unterricht an der Schule nicht zulässig, erläutert Lehrer Martin Linke. Und den Jugendlchen macht es Spaß, wie Anastazja sagt. »Das hätte ich vorher nicht gedacht.« Aus fast allen Klassen der Ohmtalschule wurden zwei Jugendliche geschult.

Dabei geht es um Grundlagen wie das Vermitteln, welche Übertragungswege es bei Keimen gibt. »Wenn sich ein Schüler nach dem Toilettenbesuch nicht die Hände wäscht und dann die Türklinke anfasst, kann es zur Schmierinfektion kommen«, macht es Linke praktisch. Wenn die Keime über die Luft übertragen werden, wie das bei Coronaviren der Fall ist, spricht man von Aerosol-Übertragung.

Singen für die Petrischale

»Da geht es um ein Verständnis dafür, weshalb einfache Maßnahmen wie Hände waschen und Maske tragen sinnvoll sind«, so Linke. Um die Keimübertragung durch die Luft zu illustrieren, »singen sie ein Lied in die Petrischale«. Der Kontroll-Nährboden, der mit Maske angehaucht wurde, zeigt dann deutlich weniger Keime.

Der Kurs ist dreistufig aufgebaut, wie Ebke erläutert. Am ersten Tag werden Grundlagen besprochen und ein Handabdruck auf einem Nährboden hinterlassen. Nach zwei Tagen im Brutschrank haben sich die Keimkulturen entwickelt und können in der zweiten Unterrichtseinheit besprochen werden. Weitere Keimproben werden angelegt, mit Namen versehen und in den Brutschrank gepackt. »Am dritten Tag diskutieren wir über die Ergebnisse«, so Ebke. Dann geht es auch um wirkungsvolle Maßnahmen. So sollte ein Tuch zum Abwischen von Türklinken und Tischen zuvor abgekocht oder mit Alkohol behandelt sein. »Sauber reicht da nicht.«

Nach einer Abschlussprüfung gibt es für die jungen Leute ein Zertifikat als »Infektionsschutzassistent (Schule)«. Wichtig ist Bio-Lehrer Linke die Multiplikatorenfunktion. »Die Schüler kennen die Infektionswege und können den Mitschülern sagen, wofür ein Mundschutz wichtig ist und weshalb Tische richtig sauber gemacht werden sollen.«

Er hat die Erfahrung gemacht, dass die Jugendlichen aufmerksamer sind, wenn ein Wissenschaftler anstelle eines Lehrers solche Dinge erläutert. Er freut sich über ein gelungenes Projekt zum wissenschaftlichen Arbeiten.

Das bestätigt Paul Wolfgang Gebauer. Der Schüler hält einen sauberen und einen keimbelasteten Nährboden hoch: »Biologie hat mich schon immer interessiert. Da kann man sehen, wie viele Keime an einer Münze hängen.«

Auch interessant

Kommentare