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Anwalt gibt A49-Mandat zurück

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Von: Joachim Legatis

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In der Sitzung der Stadtverordneten äußert Barbara Schlemmer (Grüne) Kritik an zu vielen Lkw auf dem Ostring, darunter viele Fahrzeuge von der A49-Baustelle. © Joachim Legatis

Homberg (jol). Nach dieser Ankündigung herrschte erst einmal ungewohnte Stille in der Stadthalle. Gerade hatte Rechtsanwalt Matthias Möller-Meinecke mitgeteilt, dass er sein Mandat in Sachen Lärmschutz an der A49 niederlegt, weil das Vertrauensverhältnis erschüttert ist und die Stadt Homberg alle Druckmittel gegen die Bau-Arbeitsgemeinschaft fahrlässig aus der Hand gegeben hat.

Nun muss die Kommune ohne den Verwaltungsrechtler schauen, wie sie noch ein wenig an Erdmassen zusammenbekommt, um Appenrod, Erbenhausen, Neu-Ulrichstein und Maulbach sowie das Heim der Schottener Sozialen Dienste bei der Kernstadt zu schützen. Die Hauptkritik Möller-Meineckes richtete sich gegen Verhandlungen von Bürgermeisterin Claudia Blum mit der Bau-Arge wegen eines Erdwalls bei Appenrod, der auf einem ungeeigneten Gelände vorgesehen war. Dabei hat Blum den vom Parlament beauftragten Anwalt nicht hinzugezogen.

Scharfe Kritik

In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung unter Leitung von Kai Widauer ging es zeitweise turbulent zu. Mehrfach verwahrte sich Erster Stadtrat Michael Rotter gegen Zwischenrufe von Barbara Schlemmer (Grüne) und Jutta Stumpf (Demokratisches Bürgerforum). Widauer drohte Stumpf sogar an, sie des Saales zu verweisen, wenn sie nicht Ruhe gebe.

Schlemmer und Stumpf erneuerten ihre scharfe Kritik am Vorgehen der Parlamentsmehrheit und des Magistrats. Für die CDU räumte Norbert Reinhardt Fehler ein. Erster Stadtrat Rotter warb dafür, zu retten, was zu retten ist. Etwas später votierten 11 Abgeordnete (CDU, SPD, FW, ein Grüner), beim Nein von Barbara Schlemmer und vier Enthaltungen (Grüne, DB) dafür, der Magistrat solle auf Grundlage der Empfehlungen Möller-Meineckes mit der Bau-Arge über Lärmschutz verhandeln.

Die Empfehlungen hatte Möller-Meinecke in einer Präsentation vorgestellt. Dabei schlägt er Erdaufschüttungen vor, die Erbenhausen, Neu-Ulrichstein und Maulbach vor Lärm schützen sollen. Die bislang favorisierte Verwallung bei Appenrod in Richtung Neu-Ulrichstein hält er für »schwierig«, weil dort ein Gewerbegebiet ausgewiesen ist, das für Erdaufschüttungen umgewidmet werden müsste. Auch aus Naturschutzsicht sei das schwieriges Gelände.

Er schlug eine Aufschüttung zwischen dem ehemaligen Söhrenteich und Appenrod-West vor. Der Bereich »Wingenhain« mit der Behinderteneinrichtung sei schwer gegen Lärm zu schützen, weil die Abfahrt nur teilweise hinter einem möglichen Wall liegt.

Möller-Meinecke geht davon aus, dass auf der künftigen A49 doppelt so viele Fahrzeuge unterwegs sein werden wie bei der Planfeststellung angenommen. Dadurch steige die Lärmbelastung deutlich an. Der Anwalt betonte, dass die Stadt eine starke Verhandlungsposition gegenüber der Bau-Arge A49 hatte, als er seine Tätigkeit aufnahm. Allerdings wurden Transporte auf Feldwegen der Stadt nicht hinreichend dokumentiert, um Druck auszuüben. Zudem sind keine Massentransporte durch die Stadt zulässig, doch davon sei er nicht in Kenntnis gesetzt worden. Ortsbeiräte hätten mit der Bau-Arge über Lärmschutz verhandelt, ohne dass er als Verhandlungsführer einbezogen wurde.

Bürgermeisterin Blum habe sieben Monate lang an ihm vorbei über Lärmschutzstandorte »ohne geeignete Kriterien« verhandelt. Das ergab eine erhebliche Verzögerung. Um für die Stadt zu verhandeln, brauche er »Vertrauen und Informationen«. Das fehle, weshalb er das Mandat niederlege. Möller-Meinecke empfahl einen Runden Tisch mit Ortsbeiräten und Landwirten für Verhandlungen.

Fehler eingeräumt

Barbara Schlemmer sagte, die Grünen-Fraktion finde seine Arbeit »erstklassig«, er möge den Rücktritt überdenken. Es seien erhebliche Schäden für Homberg entstanden, weshalb die Staatsanwaltschaft ermittele. Sie wandte sich gegen die Einschätzung eines SPD-Abgeordneten, die Möller-Meinecke zitiert hatte, wonach der Baustellenverkehr in der Stadt nicht spürbar sei. »Am Ostring fahren ab 5 Uhr Erdtransporter und Liefer-Lkw entlang.« An manchen Tagen würden über 100 Lkw mit Erdaushub gezählt. Sie sei dankbar für die inzwischen von der Stadtverwaltung aufgestellten Tempo-30-Schilder.

Norbert Reinhardt (CDU) war skeptisch, ob man den Lieferverkehr für Kamax und Fritz Winter vom Autobahn-Baustellenverkehr abtrennen kann. Er warb dafür, zu schauen, was noch möglich sei, zumal die Erdmengen knapper werden. Bei höherem Lärmpegel bestehe eine Chance auf Lärmschutzwände. Jutta Stumpf (DB) erinnerte daran, dass die Genehmigung zur Nutzung der Feldwege nur über einen Akteneinsichtsausschuss eingesehen werden konnte. Die Stadtverordnetenversammlung habe dies lange verhindert. »Es gab schwerwiegende Versäumnisse, die die Verhandlungsposition der Stadt geschmälert haben.« Stumpf forderte, »jetzt Gas zu geben«.

Rotter sagte, er habe vom Rückzug Möller-Meineckes nicht gewusst. Nach zwei Jahren Arbeit und 20 Beschlüssen stehe man nun mit leeren Händen da. Es seien Fehler gemacht worden. Stadträtin Petra Wolf wies einige Vorwürfe Möller-Meineckes zurück, so sei er durchaus wiederholt informiert worden. Stadtrat Willi Österreich betonte, Ortsbeiräte hätten technische Unterstützung der Bau-Arge eingeholt, aber nicht über Erdwälle verhandelt.

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Anwalt Matthias Möller-Meinecke und 1. Stadtrat Michael Rotter. © Joachim Legatis

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