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»Hilfsbereitschaft ist groß«

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Von: Joachim Legatis

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Mit kleinen Tafeln können Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine erklären, was mit ihnen los ist. © Joachim Legatis

Die Hilfsbereitschaft ist groß, doch es braucht auch passende Strukturen, um ukrainische Kinder und Jugendliche in der Schule zu betreuen. An der Homberger Ohmtalschule ist seit zwei Wochen eine Intensivklasse für Geflüchtete eingerichtet, damit die Integration vorankommt. Mit Leih-iPads wird fleißig gelernt

Ukrainische Jugendliche haben an der Ohmtalschule gute Chancen, schneller deutsch zu lernen und in den Unterricht integriert zu werden. Weil inzwischen 14 geflüchtete Jungen und Mädchen an der Homberger Gesamtschule lernen, konnte eine Intensivklasse eingerichtet werden. Das bedeutet, dass sie gezielt Deutsch lernen und stundenweise in die Klassen der jeweiligen Altersstufe gehen, wie Schulleiter Carsten Röhrscheid sagt.

Dabei knüpft die Homberger Schule an Erfahrungen von 2015 an, als ebenfalls viele Geflüchtete integriert wurden. Die Intensivklassen können erst »ab zehn Schülerinnen und Schülern« eingerichtet werden. Zwei Wochen vor den Osterferien war diese Schwelle erreicht und die Gruppe kommt in der »Lernwerkstatt« zusammen. »Normalerweise haben sie 30 bis 32 Stunden Unterricht in der Intensivklasse, darüber hinaus gehen die Kinder in den regulären Untericht«, sagt Röhrscheid.

Kurz vor den Ferien sind neue Richtlinien des Kultusministeriums eingetroffen, nun darf die Schule auch ukrainische Lehrkräfte einstellen. So kennt Röhrscheid einen Englischlehrer, der mit seiner Familie nach Homberg gekommen ist. »Da werden wir anfragen.«

Froh ist er über eine Mutter aus der Ukraine, die sehr gut Deutsch spricht und bei vielen Gesprächen mit Eltern und Kindern übersetzt. »Das hat uns sehr geholfen«, so Röhrscheid. Denn das Ankommen ist für die Menschen aus dem Kriegsgebiet nicht einfach. Die Kinder müssen sich erst in der fremden Umgebung orientieren, viele Geflüchtete konnten nur wenig aus dem Heimatland mitnehmen. So fehlt es auch an Kleidung, weshalb die Schule aus dem Fundus an Fundsachen geeignete Klamotten abgegeben hat. Zudem arbeiten die Klassen mit iPads und die Schule muss nun schauen, dass sie genug Leihgeräte zur Verfügung stellen kann. »Sie sollen keine Nachteile haben«, betont Röhrscheid.

Die Intensivklasse ist auch für Geflüchtete aus anderen Ländern hilfreich, so sind drei Kinder aus Afghanistan und Syrien in der Lerngruppe dabei. »Die Eltern sind dankbar, dass ihre Kinder bei uns aufgenommen werden«, berichtet Röhrscheid. Sie sind froh, dass der Alltag wieder Strukturen bekommt und ein Stück Normalität einkehren kann.

Wie stark Traumatisierungen sind, weiß Röhrscheid nicht, »sie wollen nicht so gerne über die Schrecken des Krieges und der Flucht sprechen«. Nun sei es notwendig, dass die ganze Familie zur Ruhe kommt und eine Wohnung beziehen kann. Wichtig findet der Schulleiter den Kontakt zu Gleichaltrigen, um die Integration in die neue Umgebung voranzubringen. Gut ist auch, dass die Geflüchteten auf verschiedene Klassen verteilt werden, das erleichtert den Kontakt.

Dabei beobachtet er, dass die neuen Mitschülerinnen und Mitschüler »klasse aufgenommen werden«. Viele wollen den Neuen helfen. Das zeigte sich auch beim Elternsprechtag, als Schülerinnen und Schüler Kuchen verkauft haben, um den Erlös an die Ukraine-Hilfe zu spenden.

Ein Problem für die Schule ist der Mangel an Fachkräften. So wird auf Studenten höherer Semester zurückgegriffen, um den Förderunterricht anzubieten. »Wir haben keine Lehrer, die freie Kapazitäten haben«, bedauert Röhrscheid.

Wenn weitere Geflüchtete in den Einzugsbereich der Gesamtschule kommen und eine Zusatzklasse aufgemacht werden muss, wird es schwierig. Dann fehlt ein Raum mit Lernmaterialien zur Integration. Denn die Erfahrung zeigt, »es ist gut, einen festen Raum zu nutzen, der entsprechend eingerichtet ist«.

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In der Lernwerkstatt der Ohmtalschule kommen die geflüchteten Schülerinnen und Schüler für den zusätzlichen Sprachunterricht zusammen, wie Schulleiter Carsten Röhrscheid erläutert. © Joachim Legatis

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