Herr und Frau Bürgermeister

Für manche ist der Bürgermeisterjob purer Stress, für andere »einer von drei Traumjobs auf der Welt.« Zu Letzeren gehören Simke und Jens Ried. Wenn die 39-Jährige ab 1. Juli im Homberger Rathaus sitzt, dann bildet sie mit ihrem Mann, der seit drei Jahren in Cölbe amtiert, eines der ganz seltenden Bürgermeister-Ehepaare.
Frau Bürgermeister, das hörte man in früheren Jahrzehnten nicht selten, wenn die Gattin des Rathauschefs gemeint war. »Wenn man das bei meiner Frau sagt, dann stimmt es«, freut sich Jens Ried und schmunzelt. Die beiden sitzen am Esstisch in ihrem Haus in Bürgeln und erzählen, was den Bürgermeisterjob für sie so attraktiv macht. Simke Ried ist erst vor wenigen Tagen mit großer Mehrheit in Homberg neu ins Amt gewählt worden. Immer noch muss sie Glückwünsche abarbeiten, die eintrudeln: »Ich möchte möglichst persönlich antworten und keine Floskeln absenden.«
Natürlich sind sie schon mehr als einmal auf die außergewöhnliche Verbindung privater und beruflicher Natur angesprochen worden. In Hessen gibt es das ansonsten nicht, »in Baden-Württemberg scheint es aber ein solches Paar zu geben.«
Was bringen sie für den Job mit? Haben die beiden extra gute Nerven? Von etwas sind sie überzeugt, wie sie im Gespräch verraten: »Man muss zwischen Person und Amt unterscheiden.« Simke Ried hat sich angesichts der Berufswahl ihres Partners offenkundig nicht abschrecken lassen und Dr. Jens Ried sagt nach drei Jahren an der Spitze der Verwaltung in der rund 7500-Einwohner-Kommune Cölbe immer noch aus voller Überzeugung: »Das Bürgermeisteramt ist unter den Top 3 der schönsten Jobs der Welt.« Man habe mit so viel unterschiedlichen Menschen zu tun, kann gestalten - natürlich immer gemeinsam mit anderen. Simke Ried stimmt ein: Es gibt so viele Felder, die man beackern könne und dabei versuchen, Lösungen im Sinne des Gemeinwohls zu finden. Gerade das treibe sie an, erzählen beide, die schon früh in der Jungen Union/CDU aktiv waren: »Das waren zu Studentenzeiten immer so spannende Gesprächsrunden, wir konnten über Gott und die Welt reden.«
Es erfülle auch ungemein, »wenn man gemeinsam etwas schafft.« Das gelte für Ehrenämter genauso, wie etwa in der Flüchtlingshilfe. Und noch etwas betonen beide, nämlich dass sie gern »auch denen eine Stimme geben wollen, die oft nicht so laut sind oder die nicht so gehört werden.«
Kommunizieren, Teamarbeit - aber hieß es früher nicht immer, ein Bürgermeister müsse die Verwaltungsarbeit aus dem Effeff beherrschen? Niemand kann das heute mehr alles beherrschen, sagt Jens Ried, dafür gebe es zu viele Fachgebiete.
Es brauche vielmehr jemanden, »der den Überblick behält.« Der den Mut hat, eine Entscheidung zu treffen. Einen Zug zur Verantwortung hat. »Man steht aber auch im Feuer.« Letzlich sei es wichtig, in der Arbeit »nicht Windstille zu erzeugen, sondern eine Richtung reinzubringen.« Zudem betonen beide, dass Kommunalpolitik keine Bühne ist, sondern man sollte für das Gemeinwohl wirken wollen.
Beide haben ihren Wahlkampf als Überparteiliche bestritten, engagieren sich aber in der CDU, führt das nicht zu Konflikten? Simke und Jens Ried: »Viele Bürgermeister treten als parteilos an, haben aber eine parteipolitische Überzeugung. Bei uns weiß man, wo wir das Kreuzchen bei der Wahl machen.« Beide sehen kein Problem darin, das Amt trotzdem überparteilich anzugehen.
Jens Ried hat ursprünglich einmal evangelische Theologie studiert, dann im Bereich Ethik, Psychologie und Naturwissenschaften und in der Forschung gearbeitet, beide haben im Zuge dessen Reisen unternommen und viel Neues kennengelernt.
Beide können sich ab Mitte des Jahres fachlich austauschen, aber das wird nicht so weit führen, dass sie in Details gehen: »Wir nehmen das Dienstgeheimnis sehr ernst.« Das gelte selbstverständlich auch zu Hause, »dann fragt man nicht nach, das ist klar«, sagt Simke Ried. Ansonsten diskutieren die beiden über alles, vor allem auch politisch, »das macht uns Spaß und wir sind so erzogen. Wir sind ein politischer Haushalt.«
Entspannung finden die beiden in der Natur und beim Spaziergang mit Hündchen Giotto. Simke Ried ist darüber hinaus Geherin und hat erfolgreich an Wettkämpfen teilgenommen. Das große gemeinsame Hobby sind Pferde und Reiten, die Vierbeiner sind auf einem Hof in Bürgeln untergebracht. Da geraten beide ins Schwärmen, »man glaubt auch gar nicht, wie entspannend Ausmisten sein kann.« Jens Ried war ursprünglich kein Pferdemensch, aber um seiner späteren Ehefrau näher zu kommen, dachte er, »lerne ich halt reiten.«
Ob in Zukunft noch genug Zeit für die Hobbies bleibt? Daran glauben beide fest, denn: »Wir sind gut organisiert. Und wir haben uns schon immer gern viel aufgehalst.«