Der Biber ist zurück: Jetzt ist im Vogelsberg gutes Management erforderlich

2010 wurde ganz im Osten des Vogelsbergs der erste Hinweis auf einen Biber entdeckt - und etwa zehn Jahre später hat sich der Nager bereits im gesamten Kreisgebiet ausgebreitet. Bei der Unteren Naturschutzbehörde rechnet man damit, dass die Population in den kommenden Jahren stark zunehmen wird. Aktives Bibermanagement wird in den Kommunen daher immer wichtiger werden.
Die einen bejubeln ihn als fließigen Arbeiter, der kostenlos Bachläufe und Flüsse renaturiert. Die anderen beäugen sein Treiben eher misstrauisch und warnen vor Flurschäden und Überschwemmungen. »Er ist kein Wolf, aber das Konfliktpotenzial ist ähnlich hoch«, hatte der Mücker Bürgermeister Andreas Sommer daher jüngst schmunzelnd gesagt, als er die kommunalen Gremien im Rahmen der vergangenen Sitzungsrunde informierte: »Der Biber hat Mücke erreicht.«
Damit ist klar: das Comeback des Nagers verläuft rasant. Innerhalb von nur zehn Jahren hat er sich im gesamten Kreisgebiet ausgebreitet, in Hessen liegt der Bestand laut einer Meldung des NABU inzwischen sogar wieder im vierstelligen Bereich. Wenn man bedenkt, dass die Gattung landesweit seit dem 16. Jahrhundert als ausgestorben galt und die heutigen Bestände auf ein Wiederbesiedlungsprojekt mit gerade einmal 18 Tieren in den 1980er Jahren zurückgeht, ist das beachtlich. »Aus den anfänglichen 18 Pionierbibern im Spessart sind mittlerweile um die 1000 hessische Genossen geworden«, schreibt der NABU Hessen auf seiner Homepage. Zudem seien viele auch nach Unterfranken abgewandert.
Biber im Vogelsberg: Erster Hinweis stammt aus dem Jahr 2010
Im Vogelsberg ist der Biber sogar erst eine ganze Weile später angekommen - und zwar ganz im Osten. So stammt der erste Hinweis auf einen Biber im Kreisgebiet laut Ann-Katrin Müller von der Unteren Naturschutzbehörde aus der Nähe von Ober-Wegfurth an der Fulda und wurde 2010 entdeckt.
»Die ersten Biber kamen überwiegend über die Gewässer Fulda und Schlitz zu uns in den Vogelsberg«, erzählt Müller. Entsprechend sei zurzeit besonders das östliche Kreisgebiet vom Biber besiedelt, aber nicht nur. »Mittlerweile erfolgt die Verbreitung auch über die kleineren Gewässer in nahezu alle Richtungen des Vogelsbergkreises.«
Im westlichen Bereich des Vogelsbergkreises - in Ulrichstein, Feldatal, Gemünden, Homberg, Kirtorf - sind laut Müller aktuell nur Einzelvorkommen bekannt. Allerdings dürfte sich das schon bald ändern. »Bei dem derzeit rasenden Anstieg der Population ist die Besiedlung des westlichen Bereichs nur eine Frage der Zeit«, sagt Müller.
Der Biber ist zurück: Den Behörden sind aktuell 40 Reviere im Vogelsberg bekannt
Den zuständigen Behörden, also der Oberen Naturschutzbehörde, dem Regierungspräsidium Gießen, der Unteren Naturschutzbehörde Vogelsbergkreis und Hessen Forst sind aktuell knapp 40 Biberreviere im Vogelsbergkreis bekannt. Dabei wird ein Biberrevier laut Müller in der Regel von einer ganzen Biberfamilie bewohnt, also von den Elterntieren sowie zwei Generationen von Jungtieren. Da Biber in der Regel ein bis vier Junge zur Welt bringen, kann die Biberfamilie also auch zehnköpfig sein. In der Regel zählen die Familien jedoch weniger Mitglieder.
Wie viele Köpfe die in Mücke gesichtete Biberfamilie zählt und wo sie sich angesiedelt hat, wollte Sommer vorerst nicht verraten, sondern zunächst das Vorgehen abklären. »Konflikte mit den Anliegern sind vorprogrammiert«, sagte der Rathauschef. Dem gelte es nun möglichst frühzeitig entgegenzuwirken. Um das mögliche Vorgehen zu besprechen, hatte er bereits einen Termin mit der Unteren Naturschutzbehörde.
»Konflikte zwischen Mensch und Biber treten meist dort auf, wo die Landnutzung direkt an das Gewässer angrenzt«, erklärt Müller die Problematik. So komme es durch die Anlage von Biberdämmen in begradigten Gewässern schnell zu Überschwemmungen. Gleichzeitig ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz nicht nur der Biber selbst streng geschützt, sondern auch seine Burgen und Dämme. Die Beseitigung und mutwillige Zerstörung von Biberbauten ist ein Straftatbestand.
Vogelsberg: Bibermanagement kann Konflikte verhindern
Daher empfehlen die Behörden, grundsätzlich einen zehn Meter breiten Randstreifen auf beiden Seiten von Gewässern auszuweisen, der nicht bewirtschaftet oder bebaut wird. Denn der Aktionsradius des Bibers an Land ist begrenzt. »Durch die Ausweisung solcher Streifen können meist schon viele Konflikte mit Landnutzern vermieden werden«, sagt Müller. Dies betreffe etwa Überschwemmungen, das Untergraben von Nutzflächen oder Uferabbrüche.
Laut Sommer ist es zudem wichtig, zu wissen, wieso der Biber überhaupt Dämme baut: Er will damit sicherstellen, dass der Eingang zu seiner nahegelegenen Burg stets unter Wasser liegt, um sie vor Feinden zu schützen. Insofern kann man mit Drainagen oder künstlichen Abflüssen bisweilen Lösungen finden, die für Mensch und Tier akzeptabel sind.
Solche Maßnahmen, die dazu dienen, einen Interessenausgleich zwischen Biber und Mensch herbeizuführen oder Schäden möglichst zu verhindern, bezeichnet man als Bibermanagement. Da die Zahl der Tiere deutlich steigt, wird es in den Kommunen in den kommenden Jahren wohl an Bedeutung gewinnen. »Innerhalb der letzten zwei Jahre hat sich die Biberpopulation im Vogelsberg mehr als verdoppelt, sodass in den nächsten Jahren weiterhin mit einem steilen Anstieg zu rechnen ist«, sagt Müller.
Der Biber im Vogelsberg: Strenger Schutz gilt auch für die Bauten
Biber werden etwa 1,30 Meter groß und können mit ihren Bauten für Chaos sorgen. Dennoch darf man ohne Einschaltung der entsprechenden Behörden nichts gegen sie oder ihre Bauten unternehmen, denn die Tiere sind streng geschützt. Bei Problemen sollte daher laut Müller immer frühzeitig der Kontakt zu den Behörden (Hessen Forst, RP Gießen, Untere Naturschutzbehörde) aufgenommen werden, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise sei dann immer eine Einzelfallentscheidung, sagt Müller.