Gute Erfahrungen ohne Beiträge

Gute Straßen vor der Haustür sind ein Luxus, den Hausbesitzer gern genießen. Nur beim Bezahlen nach einer Grundsanierung werden die Beiträge zum Problem. Deshalb haben einige Gemeinden die Straßenbeiträge abgeschafft. Die Praxis in Alsfeld und Romrod zeigt: Es geht, die Gelder kommen aber nicht von allein herein.
Straßenbeiträge sind ein Zankapfel, wie die Auseinandersetzungen in Feldatal zeigen. Dort werden die neuen Gehwege bei Anliegern der Ortsdurchfahrt Köddingen abgerechnet, was prompt zur Gründung einer Bürgerinitiative führte. Sie zieht gegen die Bescheide zu Felde und fordert die Abschaffung der Strabs. In Homberg wurden die Beiträge bereits abgeschafft und nun beginnt die Debatte darüber, wie man nun die Straßenerneuerungen schafft.
Da sind Alsfeld und Romrod schon weiter. In den Kommunen arbeitet man seit Jahren nur auf Basis der Gebühren und Steuereinnahmen, wie die Bürgermeister Stephan Paule und Hauke Schmehl erläutern.
In Alsfeld werden seither die Straßenausbaumaßnahmen gestreckt, wie Paule erläutert. Im Beschluss vom Februar 2019 steht zwar, dass man die Gegenfinanzierung für die wegfallenden Beiträge über Einsparungen schaffen will, »das ist aber ein frommer Wunsch«, winkt der Rathauschef ab. Je nach Haushaltslage wird jährlich entschieden, welche Straße saniert wird. Das Bauamt hat eine Prioritätenliste, die nach und nach abgearbeitet wird.
Das Argument von Strabs-Gegnern, dass die Verwaltung Arbeitszeit spart und dadurch Kosten sinken, lässt Paule nicht gelten. So wurden zwischen 1996 und 2019 18 Maßnahmen abgerechnet. Also wird nun Arbeitszeit eingespart, »es ist aber keine spürbare Verwaltungskapazität frei geworden«. Ein Grund sind die ständig steigenden Anforderungen an eine Stadtverwaltung. »Das frisst den Gewinn an Arbeitszeit wieder auf«, so Paule.
Der große Vorteil der Abschaffung ist die Entlastung von Eigentümern. Auch eine gerechte Verteilung der Kosten kann dazu führen, dass »nicht mehr leistbare Beträge von einzelnen Haushalten aufzubringen sind«. Die Ausgaben für eine Straßenerneuerung sind über die Jahre immer mehr gestiegen. »Zum Beispiel in der Forsthausstraße in Altenburg, da lag unter dem Asphalt noch die alte Steindecke«, erläutert Paule. Bis in die 1960er Jahre wurde keine grundhafte Erneuerung vorgenommen, sondern nur Löcher aufgefüllt und mit einer dünnen Deckschicht versehen. »Heute besteht eine Straße aus der Frostschutzschicht, der Tragschicht und der Asphaltschicht, alles zusammen deutlich stabiler als der alte Straßenunterbau.« Bei alten Oberflächen kann es sein, dass giftiger Teer eingesetzt wurde, der ist heute Sondermüll. Auch beim Erdaushub habe die Stadt höhere Anforderungen zu erfüllen.
Seit 2019 hat Paule nicht festgestellt, dass die Stadt andernorts sparen muss, um Straßen sanieren zu können. Das kann daran liegen, dass man mehr für Straßenunterhaltung ausgibt. Der Posten wurde auf eine Million Euro verdoppelt. Damit können Risse und kleine Löcher schnell saniert werden, um größere Schäden an Straßen zu verhindern. So wendet man das »Dünne Schichten-Kalteinbau-Verfahren« an, um saubere Oberflächen zu erzielen.
In Romrod ist die Politik zufrieden mit der Abschaffung der Strabs, wie Bürgermeister Schmehl sagt. Mit einem deutlich kleineren Haushalt als in Alsfeld lässt sich dennoch auch das Notwendige erledigen. »Der Gerechtigkeit halber« hat das Stadtparlament die Beitragspflicht Anfang 2020 abgeschafft. Dadurch verhindert man zu große Belastungen für einzelne Anwohner, die Kosten werden auf die ganze Kommune umgelegt.
Vor der Abschaffung stand die Abrechnung von Bauarbeiten in der Ludwigstraße an. Die Baukosten betrugen 690 000 Euro, vom Land kamen 100 000 Euro Zuschuss, die Anwohner hätten 170 000 Euro zahlen müssen. Die Summe hätte sich auf 34 Grundstücke verteilt, wobei manche Anlieger mehrfach zur Kasse gebeten worden wären. Das wurde durch die Abschaffung abgewendet. »Der Gerechtigkeit halber ist es auf alle umgelegt worden«, begründet das Schmehl. Die Stadtverordneten befürworteten das übrigens einstimmig.
Nun wird sorgsam vorgeplant, welche Baustelle angegangen wird. »Wir haben eine lange Prioritätenliste«, so Schmehl. Das liegt auch daran, dass immer mehr Anlieger eine Straßenerneuerung wünschen, seitdem keine Beiträge anfallen. Bei anderen Maßnahmen hängt sich die Kommune an Baumaßnahmen des Landes an. So wird aktuell die Zeller Straße, die L 3070, in der Kernstadt grundhaft erneuert, die 70 000 Euro für die Gehwege werden von der Stadt getragen. Auf die Anlieger kommen lediglich die Kosten für neue Hausanschlüsse von Wasser und Kanal zu.
Bei reinen Kommunalstraßen muss die Stadt auch für den Straßenbau auskommen. Das bedeutet erhebliche Summen von einigen 100 000 Euro bei einem Haushalt von 5 bis 6 Millionen Euro. Je nach Haushaltslage geht man eine Baumaßnahme an, so Schmehl. Als nächste ist die stark ramponierte Neue Straße in Romrod an der Reihe.
Auch Schmehl sieht keine Entlastung beim Personal durch die weggefallenen Abrechnungen. Bislang hat die Stadt gute Erfahrungen mit der Beitragsfreiheit gemacht. Eine Anhebung von Steuern war noch kein Thema.

