Gießen plant Windräder im Fernewald
Die Stadt Gießen verfügt im Fernewald über beträchtlichen Waldbesitz. Dort sollen Windräder gebaut werden. Der Energieausschuss der Stadt gibt dafür grünes Licht.
Gießen (mö). Ausgerechnet vor dem Abend, an dem die Frankfurter Eintracht gegen die Glasgow Rangers um eine der europäischen Fußballkronen kämpfte, beschwor Bürgermeister Alexander Wright am Dienstag im Energieausschuss des Stadtparlaments die Kampfkraft und den Freiheitswillen eines berühmten Schotten: William Wallace, der im 13. Jahrhundert gegen die englische Herrschaft aufstand und als »Braveheart«, gespielt von Mel Gibson, auch Filmgeschichte schrieb.
»Freiheit« sei mittlerweile auch ein Argument für den Ausbau der erneuerbaren Energien, sagte der Grünen-Politiker zum gemeinsamen Vorhaben der Kommunen Gießen, Fernwald und Buseck, im zwischen Annerod, Steinbach und Oppenrod gelegenen Fernewald einen Windpark mit bis zu sieben Rädern zu errichten. Man wolle unabhängig von »Despoten und fossilen Energien« werden, sagte Wright.
Nach dem etwas pathetischen Auftakt ging es auch um Details, wobei das Projekt noch ganz am Anfang steht und es politisch erst noch eingetütet werden muss. In den Partnerkommunen, deren Einwohner die Windmühlen im Gegensatz zu den Gießenern auch sehen würden, könnte das schwieriger als in Gießen werden. »In Buseck und Fernwald wird es mehr Diskussionsbedarf geben«, meinte Frederik Bouffier für die CDU), die das Vorhaben unterstützt. »Autarke Energieversorgung wird immer wichtiger«, fügte er hinzu.
Finanzielle Beteiligung
Die Stadt Gießen verfügt im Fernewald über beträchtlichen Waldbesitz. Stadtförster Karl-Ludwig Krieb sei dementsprechend »nicht begeistert« über den unvermeidlichen Waldverlust, der mit dem Bau von zwei »Gießener« Windrädern verbunden wäre, sagte am Rande der Sitzung Liegenschaftsdezernentin Gerda Weigel-Greilich (Grüne), die das interkommunale Projekt laut Wright angebahnt hatte. Der Bürgermeister sprach von »wertvollem Wald«, dessen Verlust ausgeglichen werde. Dank richtete er an seine neuen Bürgermeister-Kollegen Manuel Rosenke (Fernwald) und Michael Ranft (Buseck), die das Vorhaben unterstützten.
Das über 150 Hektar große Waldgebiet steht seit vielen Jahren als Vorranggebiet für die Windkraft im Regionalplan Mittelhessen. Thomas Biemer (AfD), der den Grundsatzbeschluss als Einziger nicht mittrug, verwies auf die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von unter sechs Meter pro Sekunde, in dem westlich der A5 gelegenen Gebiet. Diese seien zu gering für einen lukrativen Betrieb. Eine Aussage, die Wright mit Hinweis auf das große Interesse privater »Projektierer« zurückwies. »Seit unserer Presseinformation hat es weitere Angebote gegeben«, sagte der für den Klimaschutz zuständige Grünen-Politiker.
Auf Nachfrage von Lutz Hiestermann (Gigg/Volt), der wissen wollte, warum die Kommunen den Windpark nicht selbst errichten und betreiben wollen, verwies Wright auf den Faktor Zeit: »Wenn wir das selbst machen, dauert das viel zu lange.«
Finanzielle Beteiligung
Angedacht ist ein Pachtmodell. Etwas haben von der Windkraft vor der eigenen Haustür sollen die Bürger. Mit Bürgerbeteiligung ist laut Wright mithin nicht nur Beteiligung am Entscheidungsprozess gemeint, sondern auch am Ertrag. Vorrangig sollte Bürgern eine finanzielle Beteiligung angeboten werden, die die Anlagen auch vor der Nase hätten - wie die Oppenröder.
Auf Antrag der CDU wurde beschlossen, dass der Magistrat regelmäßig über den Verfahrensstand und die Verhandlungen mit Investoren berichten muss. Der Grundsatzbeschluss erfolgte bei der einen Neinstimme der AfD.