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Regionalplan im Visier

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Am Rand von Burg-Gemünden (hinten) sollen ab Herbst 2022 etwa 35 Bauplätze entstehen. Zum neuen Regionalplan wünscht sich die Gemeinde mehr Siedlungsflächen, weil man von einer besseren Bevölkerungsentwicklung als vorausgesagt ausgeht. ARCHIVFOTO: RS © Red

Gemünden (gkm). In einer gemeinsamen Sitzung der beiden infrage kommenden Fachausschüsse der Gemeindevertretung wurde jetzt die Stellungnahme der Gemeinde Gemünden zum Entwurf des Regionalplans Mittelhessen beschlossen. Die Abgeordneten brachten die Vorlage des Gemeindevorstands mit 17 Änderungsanträgen zum Planwerk des Regierungspräsidiums Gießen einstimmig auf den Weg dorthin.

In ihrer letzten Sitzung hatte die Gemeindevertretung beschlossen, dem Haupt- und Finanzausschuss und dem Bau- und Umweltausschuss die endgültige Verabschiedung der gemeindlichen Stellungnahme zu übertragen. In der gemeinsamen Sitzung diskutierten die beiden Gremien jetzt vor allem die Bedeutung des Regionalplanentwurfs für die gewerbliche Entwicklung und die Schaffung von Siedlungsflächen. Fachliche Unterstützung erhielten sie vom Planungsexperten Mathias Wolf vom Büro Fischer, das die Beschlussvorlage der Gemeinde erarbeitet hatte. Er erläuterte den Abgeordneten insbesondere, wo der Planentwurf von den bereits getroffenen gemeindlichen Planungen abweicht und Entwicklungsmöglichkeiten für die Siedlungsentwicklung behindert. Dabei richtete sich das Augenmerk auf einzelne Gebiete, für die Gemünden bereits Festlegungen in Flächennutzungsplänen getroffen hat, die aber im Regionalplan nicht aufgenommen wurden, beispielsweise bei den Ortsteilen Burg-Gemünden und Ehringshausen.

Über solche Einzeldarstellungen im Regionalplanentwurf hinaus stellte Wolf den Zusammenhang zur grundsätzlichen Orientierung der aktuellen Regionalplanung her. Diese sei bemüht, möglichst wenig neue Flächen für die verschiedenen Nutzungsansprüche bereitzustellen. Daraus erkläre sich auch die Vorgabe, den Flächenbedarf für Wohnsiedlungen auf fünf Hektar zu begrenzen. Diese Vorgabe basiert auf der Prognose für die Bevölkerungsentwicklung, die im Regionalplan für Gemünden von einem Rückgang von fast 15 Prozent ausgeht (im Zeitraum: 2017 bis 2035).

Der Wert dieser Prognose wurde in der Ausschusssitzung mehrfach infrage gestellt. »Es gibt eine große Nachfrage nach Wohnraum im Vogelsbergkreis, weil viele junge Leute hierher zurückkommen«, meinte Fachplaner Wolf.

Jan Schönfeld (Unabhängige Bürgerliste, UBL) und Tim Henkel (Bürgergemeinschaft Gemünden, BGG) unterstützten diesen Aspekt. »Sobald Glasfaser da ist, wird Gemünden sich vor Nachfrage nach Bauplätzen kaum retten können«, lenkte dieser die Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zum aktuell stattfindenden Ausbau des Glasfasernetzes in der Gemeinde. Die im Regionalplan vorgenommene Begrenzung auf ein Flächenkontingent von fünf Hektar, verteilt auf alle sieben Gemündener Ortsteile, sei völlig unzureichend, um dieser Entwicklung zu begegnen. Darin waren sich alle beteiligten Gemeindevertreter einig.

In der von der Planungsbehörde beim RP als Alternative zur Wohnraumbeschaffung favorisierten Variante der »Binnenentwicklung« wollte niemand einen positiven Lösungsbeitrag sehen. Auch wenn Siedlungsgebiete ausgewiesen werden, würden »Baulücken trotzdem gefüllt«, argumentierte Wolf. »Die Erfahrung zeigt, dass sich bei moderater Ausweisung von Baugebieten auch eine Binnenentwicklung ergibt«, so der Fachplaner.

In der Konsequenz formulierten die Ausschussmitglieder einen Änderungsantrag, der die Gemünden im Regionalplan als Siedlungsfläche zugebilligte Fläche auf zwölf Hektar erweitern soll. Dieser wurde als Nummer 17 der Liste der Änderungsvorschläge Gemündens zum Regionalplan beigefügt.

Neben einigen Versäumnissen in der Darstellung des Plans, zum Beispiel zu nicht berücksichtigten Bestandsflächen, fordert die Gemeinde unter anderem, dass die interkommunale Zusammenarbeit bei der Gewerbegebietsausweisung nicht erst bei drei beteiligten Kommunen zugelassen wird, sondern bereits für zwei ermöglicht wird. Außerdem soll diese Kooperation auch ohne Beteiligung eines Ober- oder Mittelzentrums erlaubt werden.

Wie aus einer Reihe von Redebeiträgen deutlich wurde, bewegt die Gemeindevertreter auch die Frage, wie die weitere Entwicklung der Energieversorgung durch die Regionalplanung gesteuert wird. Dabei wurde insbesondere thematisiert, was mit älteren Windkraftanlagen geschieht, und wie die Planung mit großflächigen Solaranlagen umgeht. Das alles seien Fragestellungen, die in dem besonderen Teilregionalplan Energie behandelt sind, erläuterte Wolf. Im allgemeinen Regionalplan, dessen Entwurf jetzt zur Diskussion steht, seien diese Fragestellungen ausgeklammert. Grundsätzlich gelte in Hessen für Windkraftanlagen, dass sie in Zukunft nur in den ausgewiesenen Vorranggebieten betrieben werden dürfen, die der Teilregionalplan Energie ausweist. Dabei sei die wichtige Frage des Abstands der Windkraftanlagen zur nächsten Ortslage mit 1000 Meter beantwortet. Die bestehenden älteren Anlagen bei Burg-Gemünden und Rülfenrod erfüllten diese Anforderung nicht, könnten nach aktuellem Stand also nicht aufgerüstet werden, das Repowering sei hier ausgeschlossen. Während mit der Festlegung von Vorranggebieten der Windkraft eine relativ starke Stellung in der Regional- und Raumplanung gegeben wurde, sind für große Freiflächen-Fotovoltaik-anlagen nur »Vorbehaltsflächen« ausgewiesen. Diese haben nur eine schwache Rechtskraft und sind für Anlagenbetreiber praktisch bedeutungslos. Das zeigt sich beispielsweise an der Anlage nahe Ehringshausen, die gerade gebaut wird. Sie entsteht auf einer ehemaligen Ackerfläche. Ein passendes Vorbehaltsgebiet des Teilregionalplans Energie Mittelhessen gibt es in der Nähe, einige hundert Meter weiter nordwestlich.

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