Fürs Wählen ab 16 Jahren

Das Kreisjugendparlament des Vogelsbergkreises ist das älteste in Deutschland. In der kommenden Woche finden die Wahlen für die nächste Legislaturperiode statt. Doch was können die Jugendlichen bewirken und vor welchen Herausforderungen stehen sie? Der Vorsitzende, Hazeem Bhatti, klärt auf und blickt auf die vergangenen zwei Jahre zurück.
Die vergangenen sieben Jahre haben mich besonders geprägt«, sagt der 20-jährige Hazeem Bhatti. Er spricht von seiner Amtszeit im Kreisjugendparlament (KJP). Dort war er für drei Arbeitsperioden als Abgeordneter der Großgemeinde Mücke tätig. In der jüngsten Amtszeit bekleidet er außerdem den Posten des ersten Vorsitzenden. Das hat bald ein Ende.
Vom 22. bis 26. Mai finden die Wahlen für das 15. KJP im Vogelsberg statt. Gewählt werden können alle Jugendlichen ab der siebten Klasse und bis zum 18. Geburtstag. Daher ist für Bhatti keine weitere Kandidatur möglich. »Die Zeit im Kreisjugendparlament hat mir die Möglichkeit gegeben, über den Tellerrand zu blicken, mich mit anderen auszutauschen und mir eine eigene Meinung zu bilden. Sowohl politisch als auch im gesellschaftlichen Konsens.«
Bei seiner ersten Kandidatur, mit damals 13 Jahren, habe er sich noch nicht so für Politik interessiert. Bhatti verrät: »Es war für mich eine Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen.« Und so nicht nur im eigenen Dunstkreis unterwegs zu sein. »Ein Appell von mir: Man sollte sich nicht von dem Oberbegriff ›Politik‹ für eine Kandidatur im Kreisjugendparlament abschrecken lassen.« Denn dieser habe für viele eine negative Konnotation. »Im Laufe der Amtszeit habe ich festgestellt, dass man damit viel Positives verbinden kann.«
So hat das KJP in der vergangenen Legislaturperiode, die coronabedingt drei statt zwei Jahre andauerte, wieder einige Projekte umgesetzt. Darunter eine Vortragsreihe zum Thema Depression, mehrere Vogelfutteraktionen durch die Umwelt-AG, eine Anti-Mobbing-AG an einer Grundschule in Angersbach, das Politik-Café oder aber die Feier zum 30-jährigen Bestehen des Kreisjugendparlaments im Vogelsberg - dem ältesten KJP in Deutschland.
Die Vorbereitungen für das Fest habe die Mitglieder lange beschäftigt. »Retrospektiv war es eine sehr gelungen Veranstaltung«, sagt Bhatti. So war die Bundestagsabgeordnete Anna Kassautzki zu Gast - die in ihrer Jugend selbst Vorsitzende des KJP war.
Neben den eigenen Sitzungen haben die Abgeordneten des KJP zudem die Möglichkeit, Anträge im Kreistag zu stellen. »Davon haben wir auch im 14. KJP wieder Gebrauch gemacht, und einen Antrag für kostenlose Hygieneartikel in den Schulen gestellt«, sagt Bhatti. »Dieser wurde bewilligt«, freut er sich. Und die Umsetzung hat schon begonnen. »Es macht uns sehr stolz, dass wir nicht nur ein kleines Forum sind, sondern wirklich in die kommunale Familie aufgenommen wurden«, sagt er.
Bei der Themengestaltung und Arbeitsweise sind die Jugendlichen völlig frei, sodass sie ihre eigenen Schwerpunkte setzen können. Damit aber beispielsweise bei den Anträgen für den Kreistag alles korrekt abläuft, erhalten sie bei Organisatorischem Unterstützung vom Jugendamt.
Eine besondere Herausforderung war für sie die Corona-Pandemie. »2020 und 2021 waren schwierige Jahre«, sagt Bhatti. Dadurch, dass viele Präsenzveranstaltungen ausfielen und die Treffen der Arbeitsgruppen online stattgefunden haben, seien die Arbeit und das Miteinander anders als in den vorherigen Legislaturperioden gewesen. »Der Charakter des KJP und das Netzwerken ist dabei etwas untergegangen. Und es war nicht so einfach, das wiederherzustellen«, sagt Bhatti. Gleichzeitig konnten Treffen flexibler gestaltet werden, da Fahrtzeiten wegfielen.
Und so hat das KJP trotz erschwerter Bedingungen vieles verwirklichen können. Klar ist, dass sich nicht immer alles umsetzen lässt. »Bei den Entscheidungen haben wir priorisiert. Wir haben uns gefragt, was ist möglich, was utopisch? Was lässt sich in einer Periode umsetzen, und wer kann dabei mithelfen?« So habe man zu Beginn den Wunsch gehabt, Einfluss auf das Wahlalter in Hessen - Wahlen ab 16 - zu nehmen. »Wir waren sehr ambitioniert, haben aber schnell festgestellt, dass uns dafür in dieser Amtszeit die Ressourcen fehlen.«
Da unter den Abgeordneten neben Bhatti noch andere »alte Hasen« sind, hatten sie die Möglichkeit, Projekte wie die Anti-Mobbing-AG, die während des 13. KJP geplant wurde, vollständig zu begleiten. »Das war für viele eine praktische Erfüllung ihrer Vision.« Grundsätzlich gelte, dass jedes neu gewählte Parlament eigene Entscheidungen treffen könne, und keine Projekte fortführen müsse. »Was für uns gut funktioniert, muss ja nicht für die nächsten so sein. Das künftige KJP soll selbst entscheiden, was es beibehalten möchte und was nicht.«
Mit den Wahlen in der kommenden Woche endet für Bhatti zwar seine Amtszeit im KJP, doch nicht seine politische Aktivität. So ist er seit 2020 im Mücker Gemeindeverband der CDU tätig. »Diese beiden Tätigkeiten habe ich immer streng von einander getrennt«, sagt Bhatti. »Im KJP vertrete ich eine andere Personengruppe und andere Interessen.« Für die neuen Abgeordneten hat er noch einen Rat: »Man sollte versuchen, sich auf die Menschen, das Format und die Veranstaltungen einzulassen, und dann das Beste für sich, aber auch sein Umfeld mitzunehmen. Es ist eine einmalige Zeit.«