1. Gießener Allgemeine
  2. Vogelsbergkreis
  3. Feldatal

Privatwaldbesitzer in der Klemme

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Herbert Schott

Kommentare

f_geiss_310322_4c_1
Horst-Hugo Geiß auf seinem mit verschiedenen Laubbäumen neu aufgeforsteten Waldteilstück in Zeilbach. © Herbert Schott

Feldatal (hso). Eigentlich wollte der Vorsitzende der Forstbetriebsvereinigung Zeilbach, Horst-Hugo Geiß, nicht mehr erneut für das Amt kandidieren. Ein Nachfolger schien für ihn gefunden, doch es kam anders als gedacht. Der auserkorene Kandidat war am Abend der Jahreshauptversammlung nicht erschienen und war auch kurzfristig nicht erreichbar. So kam es, dass Geiß sich auf Drängen der anwesenden Mitglieder noch einmal bereit erklärte, für weitere zwei Jahre den eingetragenen Verein zu führen.

Im Dorfgemeinschaftshaus eröffnete Geiß die Versammlung, die die Geschäftsjahre 2020 und 2021 einschloss. Er sparte nicht an Kritik gegenüber der Politik und den Forstbehörden.

»Die letzten zwei Jahre waren für uns Waldbesitzer Katastrophenjahre«, begann er. Schuld sind Sturmschäden, die anhaltende Trockenheit und der damit verbundene Schädlingsbefall, besonders am Nadelholz. Er berichte von den Vorstandssitzungen des Vereins und zwei Versammlungen der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) westlicher Vogelsberg. Auch hier ging es inhaltlich immer wieder um die genannten Themen, aber auch Änderungen im Verkaufsrecht von Holz durch Hessen-Forst. Von der FBG wurde eine Holzverkaufsinstitution gegründet, ein Geschäftsführer eingestellt und vorgestellt.

An diese Einrichtungen können sich Privat-, Kleinwaldbesitzer, Kommunen sowie Waldbesitzer, die mehr als fünf Hektar Wald bewirtschaften, zum Verkauf ihres Holzes wenden.

Die zweite Versammlung der FBG diente der neuen Geschäftsordnung. Weiterhin wurde mitgeteilt, dass die Fördermaßnahmen für »Kalamitätsholz« ausgelaufen seien. Gemeint ist damit Holz, das als Ergebnis von Sturmschäden, Trockenheit und/oder Schädlingsbefall für eine weitere Nutzung verfügbar ist. Es stammt von beschädigten, umgefallenen bzw. aufgrund der Kalamität gefällten Bäumen. Anträge konnten bis Ende März 2021 gestellt werden, da die bereitgestellten Mittel aufgebraucht sind.

Hier setzte auch die Kritik von Geiß ein. Medienwirksam sei ein hoher Millionen-Betrag vom Land Hessen ausgelobt worden, von dem aber bis heute bei den Mitgliedern seines Vereins noch nichts angekommen sei. Auf seinen Antrag auf Förderung hin habe man bis zum heutigen Tag noch nichts erhalten, ja noch nicht einmal eine Antwort.

In seinem Wald seien beispielsweise in den Jahren 2018 bis 2020 über 100 laufende Meter an Kalamitätsholz und Sturmschäden aufgearbeitet worden. Der Holzpreis, so Geiß weiter, sei im Keller gewesen, man habe lediglich 20 Euro pro Festmeter erhalten können.

Dieser Betrag reiche nicht einmal für die Betriebsmittel, die in diesen Jahren eingesetzt wurden. Von seinen Mitgliedern und auch von anderen Waldbesitzern habe er die gleichen Klagen gehört. Nirgends sei bisher etwas von den Fördergeldern angekommen. Es bestärke sich der Eindruck, dass zunächst die Anträge des Landes, der Kommunen mit einigen Großbesitzern bedient worden seien und würden und die Kleinwaldbesitzer warten müssten, bis sie etwas aus dem Staatssäckel bekämen. Außerdem habe man den Eindruck, dass man diese zum Aufgeben treiben wolle, etwa durch Verkauf an größere Waldgesellschaften zu aktuell sehr niedrigen Preisen.

Geiß berichtete weiter von einem Gespräch mit Revierförster Sören Wilsdorf sowie seinem Waldnachbarn und Vereinsmitglied Udo Graulich, wie man mit den Sturmschäden vom 12. Februar 2020, als nur gesundes Holz im Alter von 40 bis 50 Jahren umfiel, umgehen solle.

Die Antworten waren für die beiden Waldbesitzer eher ernüchternd: Holz einfach liegen lassen, es der Natur zurückgeben. Fazit - Keine Arbeit, keine Kosten. Oder Verkauf des Holzes zum Stockverkauf an einen »Prozessor-Betreiber«, der für seine Arbeit das aufgearbeitete Holz bekommt. Dem Waldbesitzer bleibt nichts, im Gegenteil er muss noch 6 Euro pro Festmeter an Hessen-Forst abführen. Bei 50 Festmetern hieße das, 300 Euro ausgeben - für nichts.

Oder aber die Möglichkeit der Selbstaufarbeitung der Windwurfschäden sowie der Versuch, das Holz selbst zu vermarkten, um noch ein paar wenige Euro für die Wiederaufforstung zu generieren.

So könne sich nun jeder Einzelne ein Bild davon machen, wie es den kleinen Waldbesitzern gehe und dass es eigentlich nur noch der Idealismus eines jeden selbst sei, die Natur zu erhalten und etwas für den Klimaschutz zu tun. Er befürchtet, dass sich der aktuelle Mitgliederstand von 39 in den kommenden Jahren weiter reduziert, weil immer mehr unter diesen Bedingungen aufgeben müssen und werden.

Die Kassenprüfung für die letzten beiden Jahre ergab keine Beanstandungen, die Versammlung erteilte einstimmig Entlastungen. Bei der anschließenden Vorstandswahl blieb dann doch alles beim Alten. Für den ausscheidenden Rechner Udo Graulich wurde Felix Lang aus Lautertal-Engelrod in den neuen Vorstand gewählt.

In seinen Grußworten schilderte Bürgermeister Leopold Bach die Situation im Kommunal-Wald, der auch stark durch den Borkenkäfer geschädigt sei. Die Gemeinde Feldatal verfolge gemeinsam mit dem »Klimafairein« ein Pflanzkonzept.

Diese Aktionen wurden von der Versammlung zwar honoriert, man machte aber auch deutlich, dass nach den werbewirksamen Medienaktionen »die eigentliche Arbeit mit den neu gepflanzten Bäumchen erst richtig losgeht«. Es nütze nichts, wenn man nur pflanze, danach aber die Pflanzen sich selbst überlasse. Nach nur ein bis zwei Jahren sei dann nichts mehr zu sehen, dann seien sie überwuchert und ohne Einzäunung vom Wild abgefressen

Revierförster Sören Wilsdorf ging auf den Bericht des Vorsitzenden Geiß ein. Die Behörde komme bei der Antragsflut nicht nach. Derzeit müsse man einfach abwarten. Das sei sicherlich für die kleinen Waldbesitzer nicht befriedigend, denn gerade diese seien auf jeden gezahlten Euro, etwa zur Wiederaufforstung, angewiesen. Aktuell schießen laut Wilsdorf die Holzpreise durch die Decke, und die Nachfrage beim Privatverkauf bringe auch ihn an seine Grenzen. Er könnte zweimal so viel Holz aufmachen und an Privatleute zum »Holzfeuern« abgeben wie aktuell möglich.

Auch interessant

Kommentare