Einsatz für Wiesenpieper

Dramatisch zugespitzt hat sich in Hessen die Lage beim Bestand von Wiesenbrüterarten, die auf Extensivgrünland angewiesen sind. Arten wie das Braunkehlchen und der Wiesenpieper drohen komplett auszusterben. Im Vogelsbergkreis gibt es im hessenweiten Vergleich noch recht starke Brutbestände. Doch auch die sind gefährdet.
Braunkehlchen und Wiesenpieper waren über Jahrhunderte fester Bestandteil der hiesigen Mähwiesen und Weiden. Eine immer intensivere Flächenbewirtschaftung führte zu einem starken Rückgang der Lebensräume und damit verbunden zum Rückgang der Braunkehlchen- und Wiesenpieperbestände. Auch auf Bundesebene gelten beide Arten als stark gefährdet.
Im Rahmen von Datenerhebungen hat sich gezeigt, dass der Vogelsberg im hessenweiten Vergleich eine der Regionen ist, die noch starke Brutbestände von Braunkehlchen und Wiesenpieper hatte. »Entsprechend groß ist die Verantwortung, die der Vogelsbergkreis für diese beiden gefährdeten Arten trägt,« heißt es beim Kreis.
Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, setzt der Vogelsbergkreis mit dem Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum sowie der Unteren Naturschutzbehörde, dem Naturschutzgroßprojekt und den örtlichen Naturschutzvertretern Erhaltungsmaßnahmen für Wiesenvögel um.
So wurden viele Landwirte davon überzeugt, durch spätere Mahdtermine, eine geringere Düngung und die Anlage von Altgras- beziehungsweise Saumstreifen einen Beitrag zur Erhaltung der Wiesenbrütervorkommen zu leisten. Neben der Anlage von ein- oder mehrjährigen Altgrasstreifen wurden seit 2015 über 2000 Holzweidepfähle aufgestellt, die zum einen als Ansitz- und Singwarten dienen und zum anderen eine klare Abgrenzung zwischen Nutz- und Altgrasfläche schaffen.
Im Rahmen einer Langfristpacht mit der Gemeinde Grebenhain konnte das Naturschutzgroßprojekt zudem mehrere Flächen innerhalb der Gemarkung Crainfeld sichern, die ehemals als »Hotspots« für Braunkehlchen galten.
Doch auch dort sind die Bestände zurückgegangen. Dementsprechend liegt der Fokus auf Maßnahmen, die die Lebensraumbedingungen für Braunkehlchen - und Wiesenbrüter im Allgemeinen - erhalten oder sogar verbessern.
Besonders in diesem Jahr investierte das Naturschutzgroßprojekt in großflächige Zaunbaumaßnahmen innerhalb der Lüderaue. 6,5 Kilometer Zaun sollen dazu beitragen, Altgrasbereiche sowie Ansitz- und Singwarten für die bedrohten Arten zu schaffen. Hierfür wurden zunächst alte Stacheldrahtzäune entfernt und in einzelnen Bereichen Entbuschungsmaßnahmen durchgeführt. Ebenso wurden ausgewiesene Einzelbäume entfernt.
Zäune entfernt
Anschließend wurden naturbelassene Weidezaunpfähle so dass zwischen den einzelnen Grünlandflächen rund zehn Meter breite Altgrasbereiche eingerichtet werden können. Als Versuchsprojekt werden zudem in den Randbereichen rund 20 Meter breite Bracheflächen ausgezäunt, die jährlich erweitert werden, um auf diese Weise unterschiedliche Brachestadien zu schaffen. Hintergrund ist, dass das Braunkehlchen für seinen Nestbau vorrangig mehrjährige Brachen präferiert. Durch dieses Rotationsprinzip soll es den Vögeln in wenigen Jahren möglich sein, zwischen einer einjährigen, zweijährigen oder dreijährigen Brache »wählen« zu können. Zudem soll es Prädatoren wie Füchsen oder Waschbären erschwert werden, die Nester der Braunkehlchen ausfindig zu machen. Rund 60 000 Euro lässt sich das Naturschutzgroßprojekt diese Maßnahme kosten.
Auch im Vogelsberg sind die noch vorhandenen Braunkehlchen- und Wiesenpiepervorkommen stark gefährdet. Die Zahl von Brutpaaren nimmt ab. Ob die jetzigen Maßnahmen ihre Wirkung erzielen, wird sich erst in den nächsten zwei bis drei Jahren zeigen. Neben der Flächenbewirtschaftung haben auch der Rückgang an Insekten sowie der Klimawandel einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Braunkehlchen und Co. Letzteres drückt sich vor allem durch den Verlust von Feucht- und Nasswiesen aus.