»Der Wahlkampf beginnt jetzt«

Am 8. Oktober findet in Mücke die Bürgermeisterwahl statt. Der amtierende parteilose Bürgermeister Andreas Sommer stellt sich erneut zur Wahl. Im Interview blickt er auf die vergangenen fünf Jahre zurück und erläutert die Projekte für die Zukunft.
Herr Sommer, Sie sind seit fünf Jahren im Amt und streben eine weitere Amtszeit an. Das heißt, Sie haben noch immer Lust, auf die »große Aufgabe« wie Sie es damals genannt haben?
Ja, das habe ich. Ich komme ja ursprünglich aus der Landesverwaltung und habe nun die Erfahrung gemacht, dass man in der Kommunalverwaltung sehr praxisnah Aufgaben und Maßnahmen umsetzen kann. Dass man persönlich an dem Erfolg von Maßnahmen teilhaben kann, in Zusammenarbeit mit den politischen Gremien. Diese kommunale Selbstverwaltung hat, finde ich, einen sehr hohen Stellenwert und macht einem auf kommunaler Ebene vieles möglich - durch direktes und aktives Handeln.
Sind die Aufgaben eines Bürgermeisters so, wie Sie sich diese vorgestellt haben?
Sie sind extrem umfangreich, das muss ich sagen. Von der Kinderbetreuung über das Feuerwehrwesen hin zu Naturschutz, Bauvorhaben, Personalwesen und vieles mehr. Die Aufgabenfülle ist riesengroß und man kann sich bis zur Selbstaufopferung in diesem Amt engagieren.
Gelingt es Ihnen auch, Pausen zu machen?
Ja, aber es ist schon ein Zwingen zu Pausen, weil einen dieses Amt so sehr in Anspruch nimmt. Es ist ja nie so, dass es am Freitag aufhört. Wochenenden sind meist Hotspots von Terminen öffentlicher Veranstaltungen, wie Ehrentage oder Versammlungen. Es ist auch wichtig, dass man da präsent ist. Ich bin als Bürgermeister von Mücke von den Menschen dafür gewählt, für die Bevölkerung da zu sein, mich zu zeigen, präsent und ansprechbar zu sein und mich nicht in irgendwelche Ämter und Funktionen zurückzuziehen. Der Kontakt zur Bevölkerung ist ein wichtiger Aspekt im Bürgermeisteramt.
Haben Sie die Ziele für die Gemeinde, die Sie sich für die erste Amtszeit gesteckt haben, erreicht?
Wir haben viele, viele Projekte neu begonnen, (zeigt lange Liste) vieles ist umgesetzt, vieles in Bearbeitung und es gibt noch viele Maßnahmen, die wir künftig angehen werden. Die Arbeit in der Kommune ist nie beendet. Ich lebe auch von täglich neuer Inspiration, von neuen Ideen, und kann mich in dieser Fülle wirklich aufopfern. Die kommunale Selbstverwaltung ist eine super Plattform, weil man das, was man sich vornimmt, was man an Ideen entwirft, gemeinsam mit den politischen Gremien unmittelbar umsetzten kann. Natürlich immer vorausgesetzt, die Finanzen stimmen!
Was waren in dieser Amtszeit besondere Herausforderungen?
Wir sind viele große, innovative Projekte angegangen. Eines unserer »Leuchtturmprojekte« ist die Organisationsanalyse. Ich habe mir früh die Frage gestellt, eine große Verwaltung mit 171 Mitarbeitern, passt da alles? Deshalb haben wir diese Analyse bei der ekom beauftragt. Haben uns in unserer täglichen Arbeit hinterfragen lassen. Wo kann was besser werden? Wir haben die Ideen den Gremien vorgestellt, sind auf Zustimmungen gestoßen und sind jetzt in der Umsetzung. Wir werden die Struktur der Verwaltung umstellen, werden modernere, schlankere Strukturen schaffen und geben uns einen Geschäftsverteilungsplan mit klarer Vertretungsregelung und entsprechendem Aktenplan.
Haben Sie Beispiele für abgeschlossene Projekte?
Ein Punkt, der mir besonders wichtig war, ist ein neues Erscheinungsbild der Gemeinde nach außen. Also ein Corpo- rate Design, auch in Verbindung mit neuen Produkten. Broschüren, Flyern oder verschiedenen Tafeln, die wir rausbringen. Weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass sich die Einwohner mit ihrer Ortschaft, ihrer Großgemeinde besser identifizieren können, wenn es klare Symbole der Wiedererkennung gibt. Dazugehört das neue Mücke-Symbol, das einheitliche Schriftbild, das Erscheinungsbild und kleine Giveaways. Das ist eine Sache, die Spaß gemacht hat und die, wie ich finde, von der Bevölkerung sehr gut angenommen wird. Was noch wichtig war, wir haben unseren Bauhofmitarbeiten ein neues Sozialgebäude geschaffen. Unsere Kolleginnen und Kollegen am Bauhof hatten viele Jahre völlig unzureichende Räumlichkeiten, das ist jetzt endlich abgestellt. Das neue Sozialgebäude trägt so auch der Wertschätzung unser Bauhofmitarbeiter Rechnung.
Gibt es etwas, das Ihnen besonders an der Tätigkeit gefällt?
Das eine ist die unmittelbare Umsetzung von Ideen. Ich glaube, die Chance bietet nur die kommunale Selbstverwaltung. Der Ideenaustausch in der Verwaltung, und auch der Austausch mit den politischen Gremien. Das ist ja die Besonderheit, dass zwei verschiedene Kräfte nebeneinander das gleiche Ziel verfolgen. Auf der einen Seite die Verwaltung, auf der anderen die politischen Gremien, die das Verwaltungsgeschehen mitbestimmen. Und dann habe ich natürlich auch meine Lieblingsprojekte.
Was gehört zu Ihren Lieblingsprojekten?
Die Kinderbetreuung ist mir sehr wichtig. Da haben wir viel bewegt: Wir haben zum Beispiel das Gute-Kita-Gesetz schon jetzt eingeführt, die Kita in Sellnrod wiedereröffnet, Ruppertenrod zur Ganztagsbetreuung gemacht, mehr Erzieherinnen eingestellt, bauen derzeit an und um in Merlau und Groß-Eichen. Und etwas ganz Besonderes: Wir haben den ersten Waldkindergarten im Vogelsbergkreis eröffnet! Die Corona-Krise und die gegenwärtige Krankheitswelle haben allen Kommunen Probleme in der Kinderbetreuung bereitet, aber das wird sich nach und nach bessern. Ich glaube, mit Stolz sagen zu können, wir haben für die Kids-Betreuung viel gemacht, viel erreicht und das wird sich bezahlt machen.
Und weitere Projekte?
Der Arten- und Naturschutz ist ein Punkt, der mir wichtig ist. Der mir immer schon wichtig war, auch bei Hessen Forst. Der muss auch in Mücke noch selbstverständlicher werden. Dazugehört die konsequente Umsetzung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen. Da müssen wir noch besser werden, haben aber schon viel nachgeholt. Wir haben zum Beispiel den Seenbach renaturiert, Pflegeverträge mit Landwirten geschlossen, einen ökologischen Gartenwettbewerb ins Leben gerufen und vieles mehr. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man den Artenschutz kommunal etablieren kann. Auch hier bietet die kommunale Selbstverwaltung hervorragende Möglichkeiten.
Sind das auch Herzensangelegenheiten für die nächste Amtszeit oder kommen Projekte hinzu?
Da gibt es noch viel Futter. Wir haben noch eine lange Liste unerledigter Ausgleichsmaßnahmen. Da müssen wir rangehen. Und es wird natürlich immer neue Projekte geben. Eines, was wir jetzt starten, was mir sehr wichtig ist, ist die Sanierung des Bahnhofs. Da haben wir uns erfolgreich an der Förderinitiative »Zukunft Innenstadt« beteiligt und eine Fördersumme von 250 000 Euro erhalten. Das ist ein erster Schritt. Wir werden die Bausubstanz erhalten und die nächsten Jahre ordentlich nachbessern müssen, um aus dem Bahnhof wieder ein schönes Kleinod zu machen. Letztlich sind die Bahnhofsgebäude die Eingangstore für eine Kommune, und die müssen entsprechend attraktiv gestaltet werden. Es ist eine schöne Sache, dass sowohl die politischen Gremien, als auch die Bevölkerung die Zielsetzung der Sanierung Bahnhof überzeugt mitträgt.
Der Bahnhof soll dann nicht nur attraktiver Ein- und Ausstieg sein, sondern auch mit kulturellen Veranstaltungen einhergehen.
Genau. Das ist ein wichtiger Aspekt der Förderung gewesen. Die gibt es nur für Projekte, die die kulturellen Schwerpunkte der Ortschaft fördern. Deshalb soll der Bahnhof auch eine kulturelle Begegnungsstätte werden. Wir haben im letzten Jahr schon eine Reihe von Kulturveranstaltungen durchgeführt. Das werden wir die nächsten Jahre steigern. Das wird noch attraktiver, wenn wir dort ein entsprechendes Ambiente vorweisen. Dazugehören auch Sanitäranlagen. Was noch in den Kinderschuhen steckt, ist eine Idee der gegründeten Tourismus-AG: Die Konzeption eines Bauernmarktes am Bahnhofsgebäude. Mit dem Anbieten von lokalen Produkten, ähnlich wie es der Feldaer Bauernmarkt darstellt.
Neben den Projekten bleibt auch die Nähe zu Ihren Bürgen wichtig?
Ich bin 2017 mit dem Slogan »mehr Kommunikation« angetreten und habe im ersten Monat meiner Amtszeit die offene Bürgersprechstunde eingeführt. Das war ein echtes Erfolgsmodel. Jeden Montag, 16 bis 18 Uhr, ohne Anmeldung. Die wird seit fünf Jahren sehr gut angenommen. Dafür bin ich auch gewählt, das man als Bürgerin, als Bürger direkt mit mir sprechen kann - ohne groß Termine vereinbaren zu müssen. So geht es schnell und direkt. Wir können viele Projekte, die dann vorgebracht werden, unmittelbar im Haus verteilen und an der Umsetzung dranbleiben.
Neben dem direkten Kontakt in der Bürgersprechstunde nehmen Sie an Ortsbeiratssitzungen teil?
Ich besuche alle Ortsbeiratssitzungen - bei mehreren parallelen Sitzungen an einem Abend gelingt das natürlich nicht immer. Aber es ist mir sehr wichtig, im Ortsgeschehen dabei zu sein und von den Ortsbeiräten immer hautnah zu hören, wo klemmt es und was kann besser werden. Ich kann nicht immer alles sofort umsetzten, auch wenn das immer wieder der Wunsch des Gremiums ist. Doch bei zwölf Ortschaften ist es eben so, dass es manchmal Wartezeiten von bis zu einem Jahr gibt.
Stichwort Kommunikation: Die Kooperation aus Mücker Bürgern, CDU und Grünen, die sie bei Ihrer ersten Kandidatur unterstützt hat, ist zerbrochen, hat das Auswirkungen auf den Wahlkampf ?
Der Wahlkampf beginnt heute mit unserem Interview. Und ich bin sicher, wenn er so ins Laufen kommt, wird es auch Gespräche zwischen mir und den Fraktionen geben. Aber ich trete nach wie vor unabhängig an, und das halte ich auch für eine gute Entscheidung.
Hat sich seitdem das Klima in der Gemeindevertretung verändert?
Das müssten in erste Linie die Fraktionen beantworten, die vorher schon da waren. Ich persönlich empfinde die jetzige Art der politischen Kommunikation als gut, als konstruktiv. Das ist eben gelebte Demokratie, das man auch mal wechselnde Mehrheiten sucht. Das halte ich für besser, als dieses starre Festhalten an Koalitionen oder Kooperationen. Die dann gegebenenfalls Dank ihrer Mehrheit andere Vorschläge, Meinungen einfach überstimmen können. Für mich ist das aktuell ein fruchtbarer und demokratischer Prozess, der gerade in den politischen Gremien abläuft. Leben, auch das politische, ist eben Veränderung!
Wie haben Sie vor, Ihren Wahlkampf zu gestalten?
Wir erstellen gerade eine neue Homepage. Dann werde ich wieder Gespräche in den einzelnen Ortschaften anbieten, über digitale Medien kommunizieren und entsprechend auch mit Plakaten, Flyern und Giveaways auftreten.
Wie stellen Sie sich Mücke in fünf Jahren vor, wenn Sie im Amt bleiben?
Alle Kinder haben einen Betreuungsplatz, Nieder-Ohmen als größte Ortschaft hat eine neue Kita, es gibt eine ausreichende Reserve von Bauplätzen für junge Familien in allen Ortschaften. Das Bahnhofsgebäude ist schick restauriert und der Artenschutz in Mücke ist eine Selbstverständlichkeit.
Wenn Sie einen Wunsch für die Wahl und die nächste Amtszeit frei hätten, was wäre das?
Zunächst ein gutes Wahlergebnis. Und weiter einen intensiven, persönlichen Austausch mit der Bevölkerung, so wie jetzt auch.