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Den Betrügern keine Chance

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Im Dorfgemeinschaftshaus Nieder-Gemünden erläuterte Polizeihauptkommissar Wolfgang Keller jetzt, wie man sich gegen den sogenannten Enkeltrick und andere Betrugsversuche wappnen kann. © Gerhard Kaminski

Immer wieder ergaunern Betrüger mit fiesen Tricks Geld von Senioren - oft auch hohe Summen. Die Polizei warnt regelmäßig und gibt Tipps - wie jetzt in Gemünden auf eine Einladung des Seniorenbeirates hin.

Im Dorfgemeinschaftshaus (DGH) Nieder-Gemünden erläuterte Polizeihauptkommissar Wolfgang Keller jetzt wie diese sich gegen den sogenannten Enkeltrick und andere Betrugsversuche wappnen können. Eingeladen hatte der Seniorenbeirat der Gemeinde.

Dass die älteren Vogelsberger »auf Zack sind«, daran ließ der mit dem Thema seit Jahren befasste Polizeibeamte keinen Zweifel und lobte sie für ihre Wachsamkeit gegenüber Betrugsversuchen: »Bisher ist hier noch niemand auf falsche Polizeibeamte hereingefallen.« Dennoch sei Wachsamkeit geboten, denn die Betrüger wandelten ihre Methoden immer wieder ab.

Den etwas mehr als 30 Zuhörerinnen und Zuhörern machte er deutlich, wie man die Betrugsmaschen durchschaut und sich verhält, um keinen Schaden zu nehmen. Dazu ging er auf die verschiedenen Situationen ein, in denen Betrüger versuchen, an Hab und Gut älterer Menschen zu kommen. Neben den Varianten der Telefonanrufe, die der Polizei mittlerweile bekannt geworden sind, waren auch Betrugsversuche an der Haustür und Benachrichtigungen zu Gewinnen in Wettbewerben oder Lotterien, die per Telefon oder elektronischen Medien erfolgen, Themen seines ebenso spannenden wie lehrreichen Vortrags.

Mit zahlreichen Beispielen ging Keller auf die unterschiedlichen Fälle ein und erläuterte, worauf zu achten ist. Und die nötige Vorsicht kann schon gefragt sein, wenn es an der Haustür klingelt.

Bevor man die Tür ganz öffnet, empfiehlt es sich festzustellen, wer davorsteht. Dazu sollte sie nur einen Spalt weit geöffnet werden. Wie mit einem passenden »Sperrbügel« verhindert werden kann, dass sich die Tür von außen aufstoßen lässt, zeigte der Polizeibeamte anhand eines kurzen Videos auf.

Man könne so mit dem Besucher sein Anliegen klären, ohne ihn gleich in die Wohnung zu lassen. Die Maschen, mit denen Trickbetrüger versuchten, Zugang zu bekommen, sortierte Keller in drei Abteilungen: Erstens werde gern eine Notlage vorgetäuscht: Eine Frau klingelt und behauptet mit der Nachbarin befreundet zu sein. Da sie diese jedoch gerade nicht angetroffen habe, würde sie ihr gern eine Nachricht hinterlassen, habe aber weder Stift noch Papier. Während die hilfsbereite Seniorin, sie herein bittet, nach Schreibutensilien sucht und beim Verfassen der Notiz behilflich ist, schleicht sich ein Komplize in die Wohnung und raubt das Geld aus dem Portemonnaie der alten Dame.

Diese hatte das Gaunerpaar zuvor beobachtet, als sie in einer Bankfiliale einen größeren Geldbetrag abgehoben hatte. Zweitens täuschen die Betrüger gern vor, eine offizielle Funktion zu haben, von einer Behörde, beispielsweise der Polizei zu kommen. Wie das Stichwort »Enkeltrick« bereits nahelegt, wird auch gern eine persönliche oder Verwandtschaftsbeziehung vorgespiegelt, mit der man das Vertrauen der Person, die geschädigt werden soll, gewinnen will.

Für die verschiedenen Varianten präsentierte Keller einige Beispielfälle, die zeigten, worauf zu achten ist, um sich zu schützen. Jemand kauft in Alsfeld in einem Supermarkt ein, zahlt mit seiner EC-Karte. Auf dem Parkplatz lädt er den Einkauf ins Auto und will einsteigen.

Es sprechen ihn zwei Personen freundlich an: Er hätte wohl einen Fünf-Euro-Schein verloren. Daraufhin schaut er in seinem Portemonnaie nach, stellt aber fest, dass kein Geld fehlt. Er steigt ins Auto, ist aber unsicher und schaut noch einmal nach. Jetzt stellt er fest, dass die EC-Karte weg ist. Offensichtlich hatte die zweite Person sie gestohlen, während die andere ihn ins Gespräch verstrickt hatte. Die anschließende Kontoprüfung ergab, dass 2000 Euro gleich abgehoben worden waren. Während des Bezahlens an der Kasse im Supermarkt hatten die Täter die Eingabe der PIN beobachtet.

War hier das Geld verloren, so hatte Keller einige Beispiele zu bieten, in denen Seniorinnen und Senioren rechtzeitig die Polizei eingeschaltet hatten oder Bankangestellte misstrauisch wurden und den Betrug verhinderten.

So hätten sich gerade in der letzten Zeit Anrufe gehäuft, bei denen sich Anrufer als »Kommissar« ausgeben und dabei die Namen tatsächlich existierender Polizeibeamter verwenden. Sie behaupten, dass es Hinweise gebe, dass bei dem Angerufenen demnächst mit einem Einbruch zu rechnen sei, etwa durch rumänische Banden, die gerade in der Gegend aktiv seien. Die potenziellen Opfer werden aufgefordert, alle Wertsachen, Geld und Schmuck an zwei Polizisten zu übergeben, die alles in Sicherheit bringen würden. Dass die Polizei tatsächlich so vorgehe, sei völlig undenkbar, betonte Keller. Dennoch seien die Täter mittlerweile sehr clever und verwendeten beispielsweise mit ihren eigenen Telefonen die Notrufnummer 110 oder die tatsächlich vorhandenen Telefonnummern von Polizeidienststellen, die dann im Display des Opfertelefons erscheinen. Wer unsicher sei, welcher Wahrheitsgehalt mit einem solchen Anruf verbunden ist, sollte in jedem Fall bei der Polizei nachfragen.

Die einfachere und durchaus wirkungsvolle Reaktion bei allen telefonischen oder mit elektronischen Medien (E-Mail, WhatsApp) ausgeführten Betrugsversuchen ist: Gleich auflegen bzw. die Nachricht einfach löschen.

Erstaunen bei seinen Zuhörern riefen die Schadenssummen hervor, die der Hauptkommissar zu Beispielfällen nannte. Sie reichten von einigen Hundert Euro bis zu sechsstelligen Beträgen. »Sie glauben nicht, wie viel Bargeld die Menschen zuhause haben,« sagte Keller.

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