Damit der Maurer im Job bleibt

Schon die Titel lassen erahnen, dass Beratungsbedarf besteht: Behindertengleichstellungsgesetz und Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Wer sich mit der gleichberechtigten Teilhabe behinderter Menschen im Alltag und insbesondere im Arbeitsleben beschäftigt, muss sich mit diesen und anderen Vorschriften auseinandersetzen. Die gute Nachricht: Hilfestellung leistet der Integrationsfachdienst.
Vor etwa anderthalb Jahren hat er sich neu aufgestellt und ist an die Vogelsbergstraße 40 in Lauterbach umgezogen: der Integrationsfachdienst. Er gehört zum Diakonischen Werk in Fulda und arbeitet im Auftrag des hessischen Integrationsamts, das wiederum dem Landeswohlfahrtsverband (LWV) in Kassel angegliedert ist. Seine Aufgabe ist gesetzlich beschrieben im Sozialgesetzbuch und besteht vereinfacht gesagt darin, Menschen, die eine Schwerbehinderung haben oder von einer solchen bedroht sind, Hilfestellung zu leisten. Diese bezieht nur sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse ein, nicht die auch im Vogelsbergkreis in einigen sozialen Einrichtungen vorhandenen Werkstattarbeitsplätze.
»Wir sind neutraler Ansprechpartner zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, beide Seiten können unsere Leistungen in Anspruch nehmen. Zu allen Fragen, die Arbeit und Behinderung betreffen, können die Menschen erstmal zu uns kommen. Die Zuständigkeiten, wer wann was wie finanziert, das klären wir dann alles«, erläutert Tim Fockenbrock, der als Abteilungsleiter den Integrationsdienst betreut.
»Wir sehen unsere Professionalität darin, den Menschen, die zu uns kommen, im Wirrwarr der Behörden und Zuständigkeiten Orientierung zu bieten. Was sie damit machen, ist ganz ihnen überlassen«, so Klug weiter.
Manchmal reiche das einzelne Gespräch, manchmal werde jedoch die weitere Begleitung und Unterstützung gewünscht. Als Beispiel nennt der er die Teilnahme bei einem Gespräch mit dem Arbeitgeber vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Kündigung.
Aus Sicht von Beschäftigten sei oft die Frage, was der Betroffene tun kann, wenn eine Schwerbehinderung attestiert oder diagnostiziert wurde und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin auftreten. Welche finanziellen Hilfen gibt es? Welche Anträge können gestellt und wo müssen diese eingereicht werden? Das sind typische Fragen, zu denen der Integrationsfachdienst Beratung und eventuell Begleitung bietet.
Welche Hilfe er für ein Unternehmen leisten kann, macht der erfahrene Berater am Beispiel einer kleineren Baufirma deutlich, wie sie im Vogelsbergkreis typisch sein dürfte: »Der Unternehmer beschäftigt einen Maurer, der jetzt einen Bandscheibenvorfall hatte und seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann.
Er war 30 Jahre in der Firma, der Chef will ihm nicht kündigen, was soll er tun? Wir beraten dann zu den Unterstützungsmöglichkeiten, die er bekommen kann, um den Mitarbeiter möglichst bis zum Renteneintritt in der Firma zu halten, auch wenn er seine angestammte Arbeit nicht mehr leisten kann.
Stichworte dazu sind: finanzielle Zuschüsse, der Beschäftigungssicherungszuschuss (der sogenannte Minderleistungsausgleich) oder auch eine Arbeitsplatzumbesetzung im Unternehmen oder technische Ausstattungen, die nötig sein können. »Das alles finanzieren wir nicht, sondern weisen darauf hin, wo und wie der betroffene Firmeninhaber Förderung bekommt und helfen bei der Antragstellung«, so Klug.
Dabei ist der finanzielle Aspekt nur einer unter vielen bei seiner Hilfestellung. In der Regel ist die Konfrontation mit der Schwerbehinderung für die Betroffenen eine Situation, die sie aus ihrer Alltagsroutine reißt und eine Neuorientierung fordert, die sie teilweise überfordert. Ihnen im »Behördendschungel« Orientierung zu bieten, sie zu beraten und zu begleiten, darin sieht der Integrationsfachdienst seine zentrale Aufgabe.
Um zu guten Ergebnissen zu kommen, so Klug, sei es von großer Bedeutung, dass zwischen dem Berater und dem Ratsuchenden ein Vertrauensverhältnis entsteht. »Das ist nur im persönlichen Gespräch möglich,« betont er diesen Gesichtspunkt, der bedingt durch die Corona-Pandemie Einschränkungen erfahren hat. Teilweise musste die Beratungstätigkeit in Video-Gespräche verlagert werden.
Da es bei den Fragen um verschiedene Aspekte der sozialen Systeme geht, beispielsweise das Beschäftigungsverhältnis, Gesundheitsfragen oder auch die Rentenversicherung, muss der Berater nicht nur eigenes Know-how einbringen, sondern auch gut vernetzt sein. »Wir arbeiten im engen Kontakt mit den anderen zuständigen Behörden und Stellen«, so Fockenbrock. Das ist von besonderer Bedeutung für besonders betroffene Menschen, die in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis wechseln und vorher zum Beispiel in einer »Maßnahme unterstützter Beschäftigung« qualifiziert wurden.