Chemie-Brache wird saniert

Langsam bekommt eine der problematischsten Industrie-Brachen in Alsfeld wieder eine Perspektive. Es gibt nach langer Phase des Verfalls Sanierungspläne für das Galvano-Gelände an der Schwabenröder Straße, das mit Rückständen aus der Oberflächenbeschichtung verseucht ist. Das Land und die Stadt springen für die Eigentümer in die Bresche, die bereits 1999 pleite gingen.
Zerschlagene Scheiben, zugewuchertes Grundstück und ein provisorischer Bauzaun als Absicherung - das Galvano-Gelände an der Schwabenröder Straße in Alsfeld macht einen desolaten Eindruck. Doch im Hintergrund wird an einer Reaktivierung des verseuchten Betriebsgeländes gearbeitet. Ein Problem: Die Betreiberfirma ist vermögenslos, mögliche Gewinne aus Vorjahren sind privatisiert, die Sanierung sollen nun Land und Stadt Alsfeld stemmen. Das Umweltministerium des Landes und die Stadt haben sich grundsätzlich darauf geeinigt, die Kosten für den Rückbau des Gebäudebestands und die Sanierung des Geländes zu teilen.
Wie Thorsten Haas, Sprecher des Regierungspräsidiums Gießen, weiter mitteilt, wird noch das weitere Vorgehen zwischen den Beteiligten geklärt. Die Stilllegung des Galvanikbetriebs erfolgte 1999. Das Insolvenzverfahren wurde mangels Masse vom Amtsgericht abgewiesen. Um eine akute Gefährdung durch wassergefährdenden Stoffe zu verhindern, wurde noch im selben Jahr die Entsorgung von Rückständen aus dem Betrieb unter der Regie des Regierungspräsidiums Gießen durchgeführt.
In Jahr 2017 wurde im Auftrag der Stadt Alsfeld ein Abbruch- und Entsorgungskonzept für den Rückbau und ein erstes Altlastengutachten erstellt. Die Gutachten wurden dem Regierungspräsidium Gießen zur Klärung des weiteren Vorgehens vorgelegt.
Keine akute Gefahr für Grundwasser
Die Ergebnisse aus den Gutachten zeigten erhöhte Schadstoffgehalte im Boden. Der Altlastenverdacht wurde bestätigt. Daher waren vertiefende Untersuchungen des Bodens erforderlich, so der RP-Sprecher. Die Kosten bleiben bei der Allgemeinheit hängen, »ein Sanierungsverantwortlicher konnte aufgrund des abgewiesenen Insolvenzantrages nicht herangezogen werden«. Die Bodenschutzbehörde hat dem Träger der Altlastensanierung, der privaten Gesellschaft HIM-ASG, die Durchführung von weiteren Boden- und Grundwasseruntersuchungen übertragen.
Ab 2018 wurden zunächst weitere umwelttechnische Untersuchungen des Bodens und später auch des Grundwassers durchgeführt. Grundsätzlich besteht Sanierungsbedarf für den Boden. Das Grundwasser wird laut Regierungspräsidium momentan jährlich überwacht. Ein mit der Behörde abgestimmtes Sanierungskonzept zur Bodensanierung liegt mittlerweile vor. Vor der Umsetzung des Sanierungskonzepts ist der Rückbau der Gebäude erforderlich.
Allerdings besteht aktuell kein Handlungsbedarf, weil das Gelände fast vollständig bebaut ist. Wenn die Kontaminationen im Boden beim Rückbau der Gebäude mit Bodensanierung entfernt werden, könne höchstwahrscheinlich ein weiterer Eintrag in das Grundwasser verhindert werden.
Dass hinter dem Vorgehen der Behörden ein ziemlich komplexer Vorgang steckt, macht Bürgermeister Stephan Paule deutlich. Die städtische Wirtschaftsförderung habe das Thema 2014 aufgegriffen, als die Stadt die »Revitalisierung von Brachen« in Angriff genommen hat. Allein die sehr komplexe rechtliche Eigentümer- und Haftungssituation galt es zunächst aufzuarbeiten und vor allem rechtlich zu bewerten.
»Eigentümer ist nach wie vor eine zahlungsunfähige GmbH ohne Geschäftsführung, deren Insolvenz mangels Masse abgelehnt wurde und mit ausgehafteter Gesellschafterin«, fasst es Paule zusammen. Darüber hinaus bestehen Sicherungshypotheken für private und öffentliche Gläubiger.
»Unbedingt« für die Sanierung
»Da wir als Stadt Alsfeld hier keinerlei rechtliche Handhabe hatten und haben, treten wir hier im Privatrecht an und mussten jegliche Schritte verhandeln, teilweise auch mit zunächst unwilligen Verfahrensbeteiligten.« Um das Verfahren auf den heutigen Stand zu bringen, mussten erst die Gesellschafterin und später der Erbe eingebunden werden, erläutert Paule. Es wurden Zustimmungen und Gläubigerzustimmungen eingeholt.
Die Stadt hat Haushaltsmittel für die Durchführung eines ersten Gutachtens bereitgestellt, die Ergebnisse abgewartet und langwierige Verhandlungen mit Behörden geführt. Unter anderem musste über den Zeitraum von zwei Jahren ein Grundwassermonitoring durch das RP durchgeführt werden, da im ursprünglichen Untersuchungszeitraum der Wasserstand wegen großer Trockenheit zu niedrig war.
Paule weist besonders darauf hin, dass die Stadt Alsfeld keine rechtliche Handhabe hat und nicht »Herr über einzelne Verfahrensschritte« ist. Wenn die Untersuchungen ergeben hätten, dass eine Gefahr für das Grundwasser besteht, wäre das Land Hessen direkt zuständig gewesen.
Paule sieht aber langfristig »die Gefahr des tieferen Einsickerns« von Gefahrstoffen. Deshalb »möchten wir unbedingt die Sanierung des Geländes«. Die Kostenschätzungen für die Sanierung sollen noch auf den neuesten Stand gebracht werden.
