Boule, Märchen und Märkte

Wettsaasen, so klein das Dorf auch ist, es hat einen Kulturverein. Der besteht erst seit rund zwei Jahren, kann aber schon auf einiges verweisen. So spielen Fremde am Rand des Dörfchens gern eine Runde Boule und Kinder dürfen sich in der Schreibwerkstatt austoben.
Wie kam es zur Gründung eines Kulturvereins? Christoph Müller, früher Aufnahmeleiter beim HR, der seit über 30 Jahren im Ort lebt und neben Heiko Herbig (Wettsääser Bergbraurei) einer der beiden Vorsitzenden, erläutert die Beweggründe. Denn zu Beginn der Corona-Pandemie hörte er die Klagen vieler Künstler über mangelnde Auftrittsmöglichkeiten.
Da wollte man ein wenig helfen, und rasch fanden sich weitere kulturinteressierte Wettsaasener, alle aus der Nachbarschaft und oft in sozialen Berufen tätig. Sie stürzten sich mit Begeisterung in die Planung von Projekten. »Wir haben hier kurze Wege«, erklärt Müller, »wenn etwas zu besprechen ist, dann reicht es, zum Nachbarhaus zu gehen.«
Schnell war klar, dass man trotz der überschaubaren Zahl von Mitgliedern eingetragener Verein werden wollte. Auf Fördermittel kann der Kulturverein nicht verzichten, denn man möchte keine Eintrittsgelder nehmen.
Nachdem die Gemeinnützigkeit anerkannt war, starteten gleich einige Projekte, etwa eine Autorenlesung mit der preisgekrönten Kinderbuchautorin Bettina Obrecht. Zudem wurde am Rand des Dorfes ein Bouleplatz angelegt, den auch Auswärtige gern nutzen. Jeder, der mag, kann in eine Kiste greifen und die Kugeln rollen lassen. »Frankreich-Fans unter unseren Mitgliedern hatten angeregt, das könne man doch hier auch machen.« Eventuell möchte man gemeinsam mit dem Tischtennisverein dort noch eine Tischtennisplatte installieren.
Müller berichtet, dass die Schreibwerkstatt für Kinder mit Autorin Obrecht sehr gut angenommen wurde. »Eine Mutter hat erzählt, dass die beiden Teilnehmerinnen noch Tage danach fleißig an Geschichten geschrieben haben,« freut sich Müller. Ferner gab es eine Märchenlesung mit Karin Brand zur Unterstützung für die Betreuung von Ukraine-Flüchtlingen.
Vor einiger Zeit hat der Verein auf den Marktplätzen in Alsfeld und Lauterbach die Klanginstallation »Vielfältige Märkte, vielfältige Gesellschaft« im Rahmen der »Interkulturellen Woche 2022« präsentiert. Der renommierte Klangkünstler Werner Cee führte Klangkompositionen aus vielen Teilen der Welt vor. Aus Lautsprechern, die über den Märkten verteilt wurden, waren Töne stellvertretend für Atmosphären aus fernen Ländern zu hören.
Lesetour durch Altenheime
Neue Pläne hat der Kulturverein für das kommende Jahr. Aber allzu viel kann noch nicht verraten werden, denn erst soll die Finanzierung auf sichere Füße gestellt werden. »Es geht um drei Veranstaltungen im Rahmen des Mittelhessischen Kultursommers und einen Beitrag zum Vulkansommer im Vogelsberg«, teilt Christoph Müller mit.
Gern würde sich der Verein auch der Umgestaltung des Dorfplatzes in der Mitte von Wettsaasen direkt im Kurvenbereich annehmen und ihn mit einem Pavillon attraktiver und einladender gestalten. »Aber so eine Überdachung ist teuer. Und handwerklich können wir nicht viel selbst machen«, sagt Müller. Leider liege der Platz direkt an der Hauptstraße, die gerade in den Sommermonaten gut frequentiert wird, auch von Motorradfahrern, die sich auf der landschaftlich reizvollen Strecke tummeln. Deshalb wird das Vorhaben Dorfplatz wohl noch ein bisschen aufgeschoben werden.
Auch Überlegungen zur Renovierung des Backhauses im Dorf werden wohl noch etwas dauern bis zur Umsetzung. Derzeit habe man noch keine Förderung in Aussicht, und ohne die geht es nicht. Falls wirklich einmal im Backhaus gebacken werden soll, dann kann man das Gebäude in Kirschgarten nutzen.
Er hofft, dass nach dem Abflauen der Corona-Pandemie eine Lesetour mit Märchenerzählerin Karin Brand durch Altenheime der Region starten kann. Die Idee bestand schon länger, wurde aber durch die Pandemie ausgebremst.
