Bis zum großem Fest durchhalten

2023 ist die Mandoline das Instrument des Jahres. Im gleichen Jahr könnte ein Orchester seinen 100-jährigen Geburtstag feiern, das in langer Tradition der kleinen Schwester der Gitarre huldigt: das »Alpenröschen« aus Atzenhain. Doch zwischen die Volkslieder und Schlager mischen sich nicht erst seit der Corona-Pandemie sorgenvolle Untertöne.
Von »Mandolinen und Mondschein« sang Peter Alexander in den 1960er Jahren. Die Zeiten damals dürften mit zu den Blütejahren des kleinen Saiteninstrumentes gehört haben, wenn man einmal von mittelalterlichen Minnesängern absieht. Schon seit den 1980er Jahren nahm das Interesse kontinuierlich ab. Immer treu geblieben sind dagegen die Musikerinnen und Musiker von »Alpenröschen« dem Zupfinstrument.
Seit Jahrzehnten schon begleiten die Aktiven mit ihrem Spiel viele Veranstaltungen und private Anlässe. In der Hoch-Zeit saßen um die 30 Musikerinnen und Musiker in ihren schmucken Kostümen auf der Bühne und sorgten für satten Wohlklang und für Lieder zum Mitsingen und Mitschunkeln.
Doch nicht erst seit der Corona-Pandemie sind die Zwischentöne beim »Alpenröschen« sorgenvoller geworden. Eine Werbeaktion, um mehr und vor allem junge Menschen zum Mitmusizieren zu bewegen, war vor drei Jahren nicht von Erfolg gekrönt, wie Vorsitzende Marlies Katz auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt. Die Interessen vieler junger Leute bewegten sich in andere Richtungen und offenbar sei die Mandoline als Instrument zunehmend nicht mehr attraktiv.
Das führte dazu, dass das jüngste Mitglied 47 ist, »die anderen sind mit weitem Abstand älter,« so Katz. Etliche gehen gar mit großen Schritten auf die 80 zu. Der älteste Mitspieler, der aus Allertshausen im benachbarten Kreis Gießen anreist, ist sogar schon 92 Jahre alt. Katz gibt zu, dass »wir schon ziemlich überaltert sind und viele langjährige aktive Mitglieder sind auch schon verstorben«.
Aber aufgeben ist für die 13 verbliebenen Aktiven trotzdem keine Option. Sie sind stolz darauf, dass man momentan noch die erste, zweite und dritte Stimme voll besetzen kann, dazu kommen drei Mandolas, eine Gitarre und ein Akkordeon. Gespielt werden immer noch am liebsten Volkslieder oder bekannte Schlager, etwa »Weiße Rosen aus Athen« von Nana Mouskouri oder auch einmal Stücke von Edith Piaf. Nach Versuchen mit klassischen Werken ist man davon wieder abgekommen, »die kamen auch beim Publikum nicht so an.«
Der Übungsbetrieb ist durch die neuen pandemischen Bestimmungen erneut ausgebremst worden. Bis zum Dezember konnte man sich noch für Proben treffen, seither darf die Zahl von zehn bei solchen Zusammenkünften nicht überschritten werden. Selbst wenn immer Teilnehmer fehlen würden, will man nichts riskieren. Aber dem zum Trotz: »Wir sind noch spiel- und auftrittsfähig.«
Ein möglicher Zusammenschluss mit den sechs verbliebenen Musikern aus Allertshausen stand ebenfalls schon zur Debatte, dann müsste aber in der Dirigentenfrage eine Lösung gefunden werden.
Jetzt hoffen die verbliebenen Aktiven weiter, dass man auch die Durststrecke durch die Corona-Pandemie übersteht, dann könnte in sechs Jahren das 100-jährige Bestehen gefeiert werden. Ganz sicher ist sich Marlies Katz nicht, ob das klappt: »Vielleicht sollten wir auf alle Fälle das 95-jährige Bestehen im nächsten Jahr feiern, das könnte nämlich etwas werden.«
Grundsätzlich beherrschen bundes- und hessenweit immer weniger Menschen das Spiel auf der Mandoline. Um die musikalische Vielfalt zu bewahren, startete die Landesmusikakademie Hessen gemeinsam mit dem Bund deutscher Zupfmusiker - Landesverband Hessen - ein Pilotprojekt. Interessierte Gitarristinnen sollten für die Mandoline begeistert werden. 25 Teilnehmer waren dabei, wie Natalie Galandt von der Landesmusikakademie Hessen berichtet, die den Kurs organisierte.
Der Kurs wird voraussichtlich wieder stattfinden. »In diesem Jahr fördern wir den Aufbau von Zupfensembles, die an Schulen in vielen Regionen Deutschlands eine Rarität sind und das, obwohl Zupfinstrumente wie Gitarre und Ukulele oft ein gefragtes Instrument bei Schülern und Schülerinnen sind«.
Der Kurs möchte Abhilfe schaffen und Schulmusikern und Musikerinnen einen Grundkurs für die Instrumente Gitarre, Mandoline und Ukulele vermitteln. Das erste Modul startet am 22. Mai 2022. Weitere Informationen zum Kursangebot auch unter www.lmah.de/kurse.
