Viele Jobs für junge Vogelsberger

In vielen Ländern Europas ist Jugendarbeitslosigkeit ein großes Problem. Hierzulande ist der Trend positiv, sogar im bundesweiten Vergleich schneidet der Vogelsbergkreis gut ab.
Junge Menschen unter 25 Jahren ohne Job? In einigen europäischen Landern ist Jugendarbeitslosigkeit ein massives Problem. Aber nicht hierzulande. So waren im Jahr 2020 laut Regionalatlas des Statistischen Bundesamtes, in dem die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik verglichen werden, in Deutschland 5,5 Prozent der jungen Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen. Das bedeutete zwar einen Anstieg um 1,1 Prozentpunkte im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2020, ist im europäischen Vergleich immer noch ein ausgesprochen niedriger Wert - und der Vogelsbergkreis steht sogar noch etwas besser dar. Hier lag die Quote bei 4,2 Prozent.
Unter 401 ausgewerteten Städten und Kreisen belegt die Region damit Platz 203, liegt alo ziemlich genau im Mittelfeld. Am besten schnitt 2020 wie bereits im Vorjahr der Kreis Erding ab, obwohl sich die Quote dort von 1,4 auf 2,3 erhöhte. Am höchsten war der Anteil junger Menschen zwischen 15 und 24 ohne Arbeitsstelle im Kreis Uckermark, wo die Quote von 16,6 auf 13,1 sank.
Wie ein Blick auf die Zahlen der vergangenen Jahre zeigt, lag die Quote der Jugendarbeitslosigkeit im Vogelsberg trotz eines Anstiegs zum Jahr 2020 außerdem zuletzt 0,5 Prozentpunkte niedriger als 2014. Der Trend scheint also in eine gute Richtigung zu weisen. Das bestätigt auch Nadine Speier von der zuständigen Agentur für Arbeit in Gießen auf Anfrage. Zwar könne man die älteren Zahlen aus den 1990er Jahren nicht eins zu eins mit den heutigen vergleichen, da die Daten anders erhoben werden, erklärt sie. Ein Trend lasse sich jedoch dennoch ablesen - und der fällt positiv aus: »Die Anzahl der jungen Arbeitslosen ist in den vergangenen Jahren stetig und deutlich zurückgegangen. Der Vogelsbergkreis folgt hier dem Trend vom Kreis Gießen, dem Wetteraukreis und auch dem Bund«, fasst Speier die Zahlen zusammen.
Blickt man auf die jeweiligen Dezemberwerte, um saisonale Schwankungen auszublenden, die beispielsweise durch den Ausbildungsmarkt beeinflusst werden, gab es zuletzt 2005 einen kleinen Peak als die Quote bei 9,5 lag (bundesweit bei 10,8). Für Dezember 2021 weist die Statistik der Arbeitsagentur einen Wert von 3,1 auf (bundesweit 3,9.).
Diese positive Entwicklung betrifft laut Speier auch die Arbeitslosenquoten, die ebenfalls rückläufig seien. Hier komme der Vogelsberg im Vergleich zum Kreis Gießen, der Wetterau und dem Bund sogar auf den niedrigsten Wert.
Einen Ausbildungsplatz zu finden und damit den ersten Schritt weg von Jugendarbeitslosigkeit zu machen, war und ist in Deutschland vor und mit Corona zumindest rein rechnerisch auf jeden Fall kein kein Problem: Zuletzt meldete das Bundesinstitut für Berufsbildung, dass 63 200 Ausbildungsplätze unbesetzt geblieben sind.
Aber entweder will die Zielgruppe die angebotenen Jobs nicht oder die Firmen haben sich Azubis mit besserer Schulbildung vorgestellt. Zudem gab es 2021 wie schon in den Vorjahren erhebliche regionale Unterschiede zwischen den Quoten erfolgloser betrieblicher Ausbildungsplatzangebote. Auf der Ebene der Arbeitsagenturbezirke reicht die Spannbreite von Regionen, in denen mehr als ein Viertel der Ausbildungsplätze nicht besetzt wurde, bis zu Regionen, wo diese Quote bei unter drei Prozent lag.
Auch im Vogelsberg sind in diesem Jahr einige Ausbildungsstellen unbesetzt geblieben. Laut Speier fehlt es hierzulande insgesamt an Arbeitskräften, inbesondere jedoch an Fachkräften. Entsprechend verwundert es wenig, dass junge Menschen mit einem geringen Schulabschluss eher von Arbeitslosigkeit betroffen als junge Menschen mit Abitur oder Fachhochschulreife. So waren unter den 2021 jugendlichen Arbeitslosen des Jahres 2021 laut einer Statistik der Arbeitsagentur 129, die gar keinen Abschluss oder einen Hautschulabschluss hatten, aber nur 9 Abiturierenten bzw. Jugendliche mit Hochschulreife, während der Trend ja seit Jahren zum höheren Schulabschluss geht.
Auffällig ist indes, dass die Jugendarbeitslosigkeit sowohl im Vogelsberg als auch in den Vergleichskreisen aus der Nachbarschaft unter Männern deutlich höher ist als unter Frauen (im Vogelsberg 4,2 zu 2,9 Prozent). Eine Aufschlüsselung nach Zielberufen zeigt, dass viele Jugendliche nach einer Arbeitsstelle im Bereich Produktion suchen, aber auch Fertigungsberufe und verschiedene Dienstleistungsberufe sind gefragt.
Ein Faktor bei der Suche nach eine, Arbeitsplatz kann die Erreichbarkeit sein. »Durch die ländliche Struktur und dem großen Flächenbezirk gibt es massive Probleme sich ohne PKW fortzubewegen. Öffentliche Verkehrsmittel sind nur eingeschränkt nutzbar«, fasst Speier die Situation in der Region zusammen. Gleichzeitig beobachtet man bei der Agentur für Arbeit jedoch auch, dass junge Arbeitssuchende aus dem Vogelsberg oftmals großen Wert auf eine Stelle in der Region legen. »Die jungen Menschen im Vogelsbergkreis erleben wir als heimatverbunden«, berichtet Speier. Sehe man von den Studenten ab, bei denen die Situation etwas anders sei, gelte daher: »Viele junge Menschen möchten in den ländlichen sozialen Strukturen verbleiben.«