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Sorgen vor Impfdurchbrüchen

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Von: Lena Karber

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Auch mit einer Impfung gegen das Corona-Virus kann es zu einer Covid-Erkrankung kommen, doch sind die Ungeimpften auf den Intensivstationen in der Überzahl.
Auch mit einer Impfung gegen das Corona-Virus kann es zu einer Covid-Erkrankung kommen, doch sind die Ungeimpften auf den Intensivstationen in der Überzahl. © Symbolfoto: dpa

Deutschlandweit steigt der Anteil der Geimpften unter Covid-19-Erkrankten. Im Kreiskrankenhaus Alsfeld haben sie über die Hälfte der Corona-Patienten ausgemacht. Doch wird die Impfung empfohlen.

Der Begriff »Impfversagen« macht dieser Tage die Runde. Unter diesem Schlagwort finden sich in den sozialen Medien zahlreiche Diskussionen. Die Impfung sei sinnlos, meint so mancher Skeptiker unter Verweis auf vermehrte Meldungen über Impfdurchbrüche - also symptomatische Corona-Infektionen trotz vollständiger Impfung. Und nicht alle Erkrankten haben nur leichte Symptome.

Das zeigen die Berichte zur Situation in den Krankenhäusern. Nachdem es zuerst hieß, dass dort vor allem ungeimpfte Covid-Patienten behandelt werden, ist der Anteil der geimpften Patienten inzwischen deutlich gestiegen - auch hierzulande. Laut Dr. med. Johannes-Georg Elsing, dem Chefarzt der Inneren Medizin, und Geschäftsführer Alexander Braschoß waren in den vergangenen 14 Tagen etwa 60 Prozent der Patienten im Kreiskrankenhaus in Alsfeld ungeimpft. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 40 Prozent der Corona-Infektionen, die dort behandelt wurden, auf Impfdurchbrüche zurückzuführen waren.

Zahlen wie diese sorgen bei einigen Menschen zunehmend für Unsicherheit - gerade angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen. Während die Sieben-Tage-Inzidenz im Vogelsbergkreis Anfang Oktober noch bei 39,8 gelegen hat, lag sie einen Monat später bei 112,8. Deutschlandweit stieg die Inzidenz in diesem Zeitraum von 64,3 auf 154,8. Die Zahl der Neuinfektionen erreichte gar ein Rekordhoch.

Zudem gibt es Studien, die zeigen, dass die Viruslast bei infizierten Geimpften ähnlich hoch ist wie bei Ungeimpften, die sich infiziert haben. Kann man angesichts dieser Erkenntnisse überhaupt noch von einer Pandemie der Ungeimpften sprechen? Oder versagen die Impfstoffe?

Zunächst einmal gilt es Trugschlüsse zu vermeiden - etwa im Fall des hohen Anteils an Geimpften unter den Infizierten. Schließlich sind mehr Menschen geimpft als ungeimpft (in Hessen 66,2 Prozent). Insofern kommen mehr Geimpfte in Kontakt mit einer Infektion und der Anteil der Impfdurchbrüche an den Neuinfektionen steigt.

In besonderem Maße gilt das, weil die Impfquote bei älteren Menschen besonders hoch ist, die Senioren aber gleichzeitig ein erhöhtes Risiko für einen Impfdurchbruch sowie für einen schweren Verlauf haben. So wurde im jüngsten RKI-Wochenbericht die »mit Abstand höchste Inzidenz hospitalisierter Fälle« in der Altersgruppe der ab 80-Jährigen verzeichnet. Zudem gehörten 72 Prozent der Personen, die jüngst nach einem Impfdurchbruch verstorben sind, zu dieser Altersgruppe. Von den Erkrankungen in Alten- und Pflegeheimen bei Personen über 60 Jahren verliefen 20 Prozent tödlich.

Laut RKI spiegelt das »das generell höhere Sterberisiko - unabhängig von der Wirksamkeit der Impfstoffe - für diese Altersgruppe wider«. Hinzu kommt jedoch noch etwas anderes: So zeigen Untersuchungen, dass der Schutz mit steigendem Alter rascher nachlässt. Deshalb wird für Personen ab 70 Jahren eine Auffrischungsimpfung empfohlen.

Doch auch jüngere Menschen, deren zweite Impfung mindestens sechs Monate zurückliegt, können sich nach einem neuen Beschluss eine sogenannte Booster-Impfung geben lassen, da ihr Impfschutz im Laufe der Zeit wohl ebenfalls nachlässt . Denn auch bei ihnen ist ein guter Impfschutz wichtig. So senkt die Impfung das Risiko einer Infektion und verringert bei einem Impfdurchbruch die Zeit, in der man infektiös ist, sowie nach neuesten Ergebnissen eventuell auch die Infektiösität der Viren. Somit sinkt die Wahrscheinlichkeit, die Infektion zu übertragen - wenn auch nicht so zuverlässig, wie zunächst angenommen.

Außerdem schützt die Impfung den Geimpften selbst laut RKI mit hoher Wahrscheinlichkeit vor einem schweren Verlauf. Das entlastet auch das Gesundheitssystem. Bei jüngeren Menschen (18-59 Jahre) liege der Schutz vor Hospitalisierung demnach bei ca. 89 Prozent, ab 60 Jahren bei 85 Prozent.

Dass insbesondere jüngere Menschen, die geimpft sind, selten einen schweren Verlauf erleiden, zeigen auch die Zahlen aus den Krankenhäusern: Dort ist das Durchschnittsalter der Patienten, die wegen einer Covid-19-Infektion behandelt werden müssen, zwar durch die Mutationen im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken - allerdings gilt das vor allem aufgrund der Ungeimpften.

Das beobachtet man auch im hiesigen Kreiskrankenhaus. » Bei den Corona-Patienten sind Ungeimpfte jeden Alters zu finden«, berichten Elsing und Braschoß.

Trotz Impfbrüchen gilt also weiterhin: Bei jüngeren Menschen, die schwer erkranken, handelt es sich fast ausschließlich um Ungeimpfte. Und das Verhältnis zwischen Ungeimpften und Geimpften auf den Intensivstationen spricht ebenfalls eine deutliche Sprache: Weiterhin sind Ungeimpfte dort deutlich in der Überzahl, obwohl sie sonst in der Unterzahl sind. In den Krankenhäusern hofft man daher, dass sowohl die Impfungen als auch die Booster-Impfungen rasch vorangetrieben werden. Denn die Zahl der Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, steigt steil und liegt mit 2411 Fällen so hoch wie zuletzt im Mai als die Impfkampagne gerade Fahrt aufgenommen hat.

In Alsfeld hat man aktuell zwar keine Covid-19-Patienten auf der Intensivstation, allerdings sind die Intensivkapazitäten dennoch ausgeschöpft. »Aufgrund des Fachkräftemangels mussten wir unsere Intensivkapazität um ein Drittel verringern«, heißt es aus dem Krankenhaus. Die seit Mitte Oktober steigende Inzidenz beobachte man mit Sorge.

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