»Landwirtschaft mehr schätzen«
Alsfeld (bf). 30 Jahre jung ist die Vereinigung der Landsenioren jetzt geworden und das wurde gefeiert. Dies war auch mit einer gedanklichen Reise in die Vergangenheit der Landwirtschaft verbunden. Und mit einem Appell an die Bevölkerung, die Leistungen der Landwirte für die Gesellschaft anzuerkennen. Die ländliche Region wecke wieder verstärkt Interesse bei Menschen.
Dies sagten Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak (CDU) in der Feierstunde. Armin Müller, Vorsitzender der hessischen Landsenioren und Präsident der deutschen Landsenioren, dankte der Vogelsberger Vereinigung, deren Mitglieder über Generationen den ländlichen Raum und die Landwirtschaft geprägt und erhalten hätten.
Viele Reisen unternommen
Vieles sei sei aber auch verloren gegangen in den letzten Jahrzehnten. »Darunter das Bewusstsein für die Landwirtschaft.« Und genau das wollte man beim Jubiläum in Erinnerung rufen. Die Landsenioren haben in Hessen etwa 4000 Mitglieder. Aber es gibt auch Probleme, so Müller weiter. Dazu gehörten teilweise fehlende Mobilität und auch die soziale Komponente sei ausbaufähig.
Armin Müller dankte ebenso wie Ute Richter insbesondere Renate Janner für ihr Engagement. 30 Jahre führte Renate Janner Regie bei den Landsenioren. Sie berichtete von der Gründungsversammlung der Landseniorenvereinigung Alsfeld 1991. Die Ziele von damals gelten noch heute: Begegnungen, Veranstaltungen und Informationen. Die Gründungsversammlung mit 43 Mitgliedern wählte damals Karl Dörr aus Stumpertenrod zum Vorsitzenden und Ruth Knögel aus Deckenbach zur Stellvertreterin.
Im Verlaufe der Jahre gab es neben zahlreichen geselligen Veranstaltungen auch interessante Vorträge aus dem landwirtschaftlichen Bereich, aus den Bereichen Gesundheit und Kommunalpolitik. Die Landsenioren hatten in den 30 Jahren nur drei Vorsitzende: Karl Dörr, Gerhard Ziegler und seit 2022 Ute Richter. Der größte Teil der Zusammenkünfte bezog sich auf Fahrten im In- und Ausland. Und dann zählte Renate Janner viele der Reisen auf.
Über Dorfschmiede und Dorfladen in Freienseen bei Laubach berichtete im Anschluss Pfarrer i. R. Dr. Ulf Häbel. Häbel erzählte über die Entstehung der Einrichtung; es sollte eine »Abrechnung« mit der heutigen Zeit sein, in der Mensch nach seiner Ansicht »völlig im Streben nach Geld und Gewinn gefangen ist«. Sich selbst bezeichnete Häbel, Pfarrer und Landwirt, als »sozialen Faktor im Dorfleben. Die Liebe für den Vogelsberg hat der in Posen Aufgewachsene und später nach Freienseen gezogene Häbel nicht nur entdeckt, er lebt sie auch voll aus.
»Wir müssen wieder lernen, unseren eigenen Boden zu lieben und dabei dem Leben auf die Spur kommen«, sagte Häbel. »Wir müssen weg von der Konsumgesellschaft, hin zum Leben und zum gemeinsamen Leben im Dorf.« Dabei kritisierte er Statistiken, die ermittelt haben, »dass der Vogelsbergkreis oder das Dorf stirbt«. Das sei völliger Quatsch, so Häbel.
Dorfleben stärken
Dörfer wieder lebendig machen sei das Motto, das heiße Menschen zusammenführen, sich umeinander kümmern und sich unterstützen. Einen Weg dazu zeigte Häbel mit der »Dorfschmiede« Freinseen auf, ein Projekt zur Dorfentwicklung, das durch unterschiedliche Nutzungen von zwei benachbarten Fachwerkhäusern zur Aktivierung des Dorflebens geprägt ist. Es gibt dort Wohnen, Tagespflege, Dorfladen, Begegnungscafé und einiges mehr. Die Idee dahinter: »Ich möchte in meinen vier Wänden alt werden und ich möchte auch - solange es geht - etwas zum Leben in der Gemeinschaft beitragen anstatt anderen zur Last fallen. Kurzum: Ich will dort leben und sterben, wo ich zu Hause bin.«
Der Feierstunde zum 30-jährigen Jubiläum war einen kurze Mitgliederversammlung mit Beschlussfassung über die Regularien vorangegangen. Die Feierstunde begann mit einer Andacht von Pfarrer Horst Nold. Nold, der aus dem hessischen Ried stammt, erinnerte an die Vergangenheit der Landwirtschaft und machte dies deutlich mit der Interpretation des Liedes »Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt«. Das Lied zeige jährlich die Aufbruchstimmung in der Landwirtschaft in den Jahreszyklen.