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Interna aus dem Blaulicht-Milieu

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Günter Nuth stellte die Kollegialität der Alsfelder Feuerwehrleute gehörig auf den Prüfstand. © Linda Buchhammer

Alsfeld (bul). Feuerwehr-Kabarettist Günter Nuth wandelte am Samstag die Fahrzeughalle der Feuerwache Alsfeld zu einem besonders heißen Einsatzort: Frei seines Bühnenprogrammes »Rett’ ich alles« warf der pensionierte Brandamtsrat aus Düsseldorf für eingefleischte Feuerwehr-Insider und Externe einen Blick hinter die Kulissen des Blaulichtmilieus. Der Angriff auf die Lachmuskeln war nicht mehr zu verhindern.

In seiner gut zweistündigen Show ging es um alles, was den Alltag in Rettungswesen ausmacht - Großbrände, Rettungsdienst, Feuerwachen-Tragödien, Tierrettungseinsätze und das heimische Liebesgeflüster mit Pager am Bauch.

Wo sonst die Fahrzeuge der Alsfelder Blauröcke für den Einsatz bereitstehen, erwartete gut 150 Kabarettgänger eine kurzweilig-gesellige Bühnenatmosphäre, in der es selbst am theatralischen Gong zum Einnehmen der Sitzplätze nicht mangeln sollte.

Zum Auftakt begrüßte der Wehrführer und erste Vorsitzende der Alsfelder Freiwilligen Feuerwehr, Carsten Schmidt, die Gäste und dankte dem Team von Benjamin Zielke für die Übernahme der Technik, der Villa Raab für die Bereitstellung einer Übernachtungsmöglichkeit und Feuerwehrfrau Naomi Hedrich für deren unermüdliches Engagement zur Realisierung der Blaulicht-Show.

Mit einem ganzen Fragekatalog wie »Wissen sie, wo die Feuerlöscher sind?«, tauchte Nuth sodann ein in seine mehr als 35-jährige Berufserfahrung bei der Düsseldorfer Feuerwehr und wusste haargenau, wovon er sprach. Anfängliche Witzeleien, darunter die Gemeinsamkeit der Feuerwehr mit einem Pizza-Taxi und die dienstliche Toilettenpapierbestellung für seine Feuerwehr mit erhöhter Durchfallquote bis 2028 im Zuge des Nachtragshaushaltes seiner Heimatstadt boten der rheinischen Frohnatur eine gute Basis zum Checken des Alsfelder Belastungs-Levels. Ein auf der Bühne herausgeforderter Vertrauens-Kraftakt von vier aktiven Feuerwehrmännern um Stadtbrandinspektor Daniel Schäfer setzte für Nuth die Messlatte ziemlich hoch an.

Unverblümt ließ der Kabarettist fortan seinen Gedanken und Erfahrungen freien Lauf und gab dem Kopfkino seinen Zuhörern ordentlich Futter zum Gelächter: Hier erzählte er von seiner einstigen Erstbegegnung mit der Rutschstange und der wahren Freude, darunter einen Wassereimer zu wissen, um seine Haut zu retten. Da skizzierte er in vielen Details den Arbeitsalltag »Leitstelle«, das Menü »Warteschleife« beim Absetzen eines Notrufes und die Feuerwache als größtes hormongesteuertes Kraftwerk der Welt. Selbstverständlich durfte eine skurrile Notfallhilfe-Situation auf der Urologie-Station des Klinikums mit Winkelschleifer und Kühlwasser nicht fehlen.

Auch die Redewendung »einen Zahn zulegen« bekam eine plastisch-plausible Bedeutung: Wie oft würden Brücken und Prothesen bei der Rettung von Zahnersatzträgern mit Einlieferung in die Klinik vergessen. Ein Blick in eine Schublade einer Ambulanzstation brachte den Engagierten schließlich findig auf die Idee, bei einem Rettungseinsatz den Namen des Prothesenbesitzers einfach mit Edding-Stiften auf den Zahnersatz zu schreiben, damit Verwechslungen im Vorhinein ausgeschlossen werden.

Von Rutschstangen, Zahnprothesen und Waranen

Die Helden der Feuerwehr müssen ja in modernen Zeiten auch vermehrt Tiere retten. In der Feuerwehrschule aber werden die Kameraden nur auf Hund, Katze, Maus, Ente und Biene geschult. Was aber, wenn ein Waran auf einem Flachdach im vierten Stock sein Sonnenbad hält und eine aufmerksame Nachbarin im 5. Stock eines Hauses gegenüber setzt einen Notruf ab? Schnell waren sich Nuth und sein Kollege Christoph einig und legten das Tier mit dem CO2-Löscher lahm. Leider aber hatte sein Feuerwehrkamerad vergessen, den Bedarf des Löschmittels auf die Größe des Tieres abzustimmen. Er gab ihm volle Ladung und holte einen schockgefrosteten Waran vom Dach. Eine interessante Frage entfachte ebenso die Rettung einer Katze in einer Wohnung. Weil die Mieze im Schlafzimmer eingeklemmt war zwischen einem großen Kleiderschrank und der Wand, sah Retter Nuth keine andere Lösung, als das monströse Möbelstück in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen. Voller Zuversicht dachte er an ein freudestrahlendes Gesicht der Katzenliebhaberin. Diese aber begegnete dem Trupp mit einem bösen Blick und der Aufforderung, den Schrank wieder aufzubauen. »Das machen wir sicherlich nicht. Nach einem Zimmerbrand tapezieren wir ja auch nicht die Wände neu«, rettete Nuth schlagfertig die Ehre seiner Kameraden.

Wie schädlich sich mitunter der aktive Dienst der Einsatzkräfte durch die Funktion der Pieper auf das Eheleben auswirken kann, klärte der kundige Brandschützer aus seinem eigenen Erfahrungsschatz auf. »Die Dinger sind inzwischen sogar eine anerkannte Verhütungsmethode«, malte Nuth die drastischen Nebenwirkungen nach Auslösen der Alarmzeichen aus: das produziere reichlich Diskussionsstoff für die Partnerin wegen der »ausgefallenen Amore«.

Am Ende des Programmes gab der Ex-Feuerwehrmann nochmal alles und servierte seinem Publikum in einem Kurz-Schauspiel in fünf Akten einen gewaltigen »Zimmerbrand«, bei dem er im Alleingang alle erdenklichen Rollen übernahm. Die Kabarettgänger waren begeistert und baten Nuth mit anhaltendem Applaus und Standing Ovation um eine Zugabe: Diese ließ auch nicht lange in Form eines erotischen Blaulichtmontur-Tanzes an der Rutschstange sowie einer feuerwehrmusikalischen Schlager-Party auf sich warten.

Langjährige Kräfte der Alsfelder Einsatzabteilung erkannten sich in vielen Szenen wieder. »Die Mischung aus Humor, Selbstironie, Fachwissen und Erfahrung machts - Günter Nuth spricht das Leben im Feuerwehralltag für uns Insider, aber auch für Externe gut an. Im Fall des Falles treffen schon mal Welten zusammen«, waren sich Feuerwehrmänner wie Wolfgang Tomalla und Michael Scherze einig.

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