»In jeder Krise steckt eine Chance«

Alsfeld (bul). Ihr Zuständigkeitsbereich umfasst die lernschwächeren Schüler im Altkreis Alsfeld: Im April vergangenen Jahres bezog die 45-jährige Förderschullehrerin Anne Bindl das Schulleiterbüro der Erich-Kästner-Schule (EKS) unter dem Dach der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) in Alsfeld. Nach ihrer offiziellen Ernennung zur Schulleiterin im Herbst fühlt sich die 45-jährige Förderschullehrerin mit Offenbacher Wurzeln heute in der Schillerstraße und Schullandschaft ihres weiträumigen Bereiches angekommen.
Mit der Schließung der stationären Förderschule im Schwerpunkt Lernen im Jahr 2016, wurde die EKS nach den Planungen des Staatlichen Schulamtes unter dem Aspekt der Inklusion als Beratungs- und Förderzentrum (BFZ) an der GSS angesiedelt und Anne Christ als damalige stellvertretende Schulleiterin mit dem Aufbau und der Leitung beauftragt. »Anne Christ hat zweifelsohne in den vergangenen Jahren in ihrer Schulleiter-Doppelfunktion eine richtig gute und wertvolle Arbeit geleistet«, so die Bilanz ihrer Nachfolgerin, die wiederum fortan den Fokus verstärkt auf die pädagogische Arbeit lege.
Anne Bindl ist 45 Jahre alt. Nach ihrer pädagogischen Erzieherausbildung machte sie weiter und absolvierte an der Goethe-Universität Frankfurt ein Lehramtsstudium im Bereich Sonderpädagogik. Parallel dazu arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an verschiedenen Projekten mit. Ihr Referendariat machte sie sodann an einer Förderschule in Friedberg, die Übernahme zur Lehrtätigkeit sowie als Koordinatorin des BFZ im Schulamtsbezirk des Hochtaunus- und den Wetteraukreises sollten für viele Jahre folgen.
»Die letzten zwei Corona-Jahre haben es deutlich gezeigt - in jeder Krise steckt auch eine Chance auf Veränderungen oder einen Neuanfang: Für mich gab es die Möglichkeit, in Alsfeld eine Schulleiterstelle zu bekommen und die Bedeutung des mittlerweile fest etablierten BFZ-Standortes für rund 25 Lehrkräfte an 16 Schulen im Altkreis Alsfeld intensiver fortzuführen«, freut sich die heutige Wahl-Hungenerin auf ihre angenommene Herausforderung und Aufgabe.
Multifunktionale Aufgabe
»Schon beim ersten Besuch der GSS bekam ich das gute Gefühl, hier arbeiten zu können. Das passt«, schien Bindl’s Bauch zu sagen bei der Begegnung mit dem Schulleiter- und Verwaltungsteam, mit den Lehrkräften der GSS, vor allem aber mit dem eigenen Sonderschul-Kollegium im Radius vom Schwalmtal bis Homberg.
Von Beginn an habe untereinander der Kontakt gestimmt und man habe sie dankenswerterweise gleich sehr beansprucht. »Bei mehr als zwei Dutzend Lehrkräften mit pädagogischen Auftrag an allen allgemeinen Schulen ab der ersten Klassenstufe im Umland von Alsfeld, wird es auch nicht langweilig«, beschreibt die Förderschullehrerin ihre multifunktionale Aufgabe zur Realisierung der schulischen Inklusion.
Derweil früher lernschwache Schüler im alleinigen Klassenverband betreut und gefördert wurden, gründe die heutige Sonderpädagogik für Betroffene auf die schulische, und später berufliche Eingliederung (gesellschaftliche Teilhabe) in die »normale« Alltags- und Lebenswelt.
Junge Menschen, denen bescheinigt werde, dass sie besonderen Förderungen bedürfen, sollen demnach auch durch die enge Vernetzung von Schule, Elternhaus und anderen zu Rate gezogenen Stellen ihren individuellen Hilfsbedarf zur selbstständigen Lebensgestaltung erhalten, sagt die Theorie zur Umsetzung in der Praxis. Jedes Kind und jede Schwäche sei anders, man könne keinesfalls pauschalisieren. Dementsprechend gelte es, mit allen Beteiligten eine spezifische Lösungen zu finden, wobei eine Kleingruppenförderung oftmals genauso in Betracht gezogen werde wie die Schwäche des Schülers als einzelnen Förderschwerpunkt im Unterricht.
Zur Förderung dieser Schüler gehöre natürlich ebenso ein Ohr für und die Beratung der Eltern und Lehrkräfte. Mit Hintergrund dieses Wissens alle unter einen Hut zu bekommen zum Wohle des Kindes oder des Schülers, das allein aber scheint bereits eine Kunst für sich - Schulleiterin Anne Bindl, ihr vor Kurzem erst angekommener Konrektor Leo Freund und die dazugehörigen Lehrkräften stellen sich dieser schwierigen, pädagogischen Aufgabe mit vollem Einsatz.