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Einige Praxen geschlossen

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Von: red Redaktion

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Vogelsbergkreis (pm). Um ein Umdenken in der aktuellen Gesundheitspolitik zu erreichen, schließen am Mittwoch, 30. November, erneut zahlreiche hessische Haus- und Facharztpraxen, darunter auch Praxen im Vogelsbergkreis. Zu der Protestaktion haben unter anderem der Hausärzteverband Hessen (HÄVH) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Landesverband Hessen (BVKJ), aufgerufen.

Zudem sind öffentliche Protestveranstaltungen in Gießen und Fulda geplant.

»Weil wir auch in Zukunft für unsere Patientinnen und Patienten da sein möchten, protestieren wir mit den Praxisschließungen gegen die aktuelle Gesundheitspolitik«, sagt Susanne Sommer, Hausärztin aus Mücke, und Vorsitzende des Bezirks Vogelsberg des Hausarztverbandes Hessen. »Wenn es so weitergeht, gibt es bald keine freie Arztwahl mehr.« Die Qualität der medizinischen Versorgung werde drastisch abnehmen.

Der Mangel an Hausärzten werde sich noch verstärken: »Wenn wir auf der Ausgabenseite behandelt werden wie alle Wirtschaftsunternehmen, aber die Einnahmenseite von der Politik und den Kassen nach Gutdünken bestimmt wird, werden wir keine jungen Kollegen für diese Art der Medizin begeistern können«, betont Sommer.

Kritik an Bürokratie und »Kiosken«

»Aktuell werden viele Ideen in den Universitäten und der Politik entwickelt, um für junge Mediziner schon in der Aus- und Weiterbildung die Arbeit auf dem Land als Mediziner attraktiv zu machen. So lange wir den Beruf des Arztes aber weiter bürokratisieren, eine nicht funktionierende Digitalisierung per Zwang und angedrohten Strafzahlungen in den Praxen einführen oder unsere Arbeit permanent unter Budgetierung und Androhung von Regress stellen - jeder Arzt haftet mit seinem Privatvermögen für die von ihm verordneten Leistungen -, wird die Anzahl derer, die eine ärztliche Tätigkeit auf dem Land anstreben, begrenzt sein«, sagt Sommer. »Im ländlichen Bereich versorgen wir unsere Patienten bei geringer Facharztdichte, außerdem leisten wir eine erhebliche Anzahl an Hausbesuchen mit langen Anfahrtswegen«, so die Hausärztin.

Hinzu kämen die Sparpläne der Krankenkassen, die die niedergelassenen Ärzte in diesem Jahr mit einer Honorarerhöhung von zwei Prozent abspeisen und in den beiden kommenden Jahren Nullrunden ansetzen wollen. »Die Honorarentwicklung deckt die steigenden Lohn-, Hygiene- und Energiekosten nicht annähernd ab. Wenn die Kosten weiter steigen, werden viele Praxen ihr Angebot reduzieren müssen«, so Sommer.

Die geplanten »Gesundheitskioske«, in denen durch nichtärztliches Personal der Zugang in die ärztliche Versorgung gesteuert werden soll, seien »ein Affront gegen die ambulante Medizin«: »Diese Sparmaßnahmen bedeuten erhebliche Einbußen an Qualität und gefährden letztlich die Gesundheit unserer Patienten. Ein skandinavisches System ist auf ein Land wie Deutschland nicht übertragbar«, erklärt Sommer. »Wir fordern daher Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf, sein Qualitäts-Versprechen zu halten und dafür zu sorgen, dass die Arbeit in einer Arztpraxis wieder attraktiv wird - für jüngere Ärzte, die sich niederlassen möchten ebenso wie für medizinische Fachangestellte«, so Sommer.

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