Dreimal in der Woche Bescherung
Ihre Bescherung ist nicht auf die Weihnachtszeit beschränkt. Die Alsfelder Tafel sorgt dafür, dass Reste der Überflussgesellschaft bei Geringverdienern ankommen.
Es ist fast ein kleines Unternehmen, die Alsfelder Tafel mit ihren Abholfahrzeugen, den vom Gesundheitsamt geprüften Räumen sowie stattlichen 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und doch läuft alles ehrenamtlich – und das seit Jahren überraschend gut. An drei Öffnungstagen werden Lebensmittel verteilt, das erfordert einigen Aufwand im Hintergrund. Je zwei Fahrer in einem Kühlfahrzeug und mit Kleintransportern klappern Metzgereien, Bäckereien und Lebensmittelmärkte ab. Hin und wieder holt man Großspenden von einem überregionalen Lager, erläutert Ditmar Gerhard. Er ist 2. Vorsitzender des Tafel-Vereins und weist besonders auf das Grundprinzip der Tafeln hin. »Verteilen statt Vernichten« ist das Motto. Denn es werden Lebensmittel gesammelt, deren Haltbarkeitsdatum fast erreicht ist. Brot vom Vortag und Obst mit kleinen Schönheitsfehlern ist ebenfalls mit dabei. Die noch absolut einwandfreien Produkte werden an Menschen mit geringem Einkommen verteilt. Alle Kunden durchlaufen zunächst eine Bedürftigkeitsprüfung beim Caritasverband oder beim Diakonischem Werk, erläutert Vorsitzender Mathias Köhl. Jeder, der einen Zuschuss zum Lebensunterhalt bekommt wie Arbeitslosengeld II oder dessen Einkommen nicht ausreicht, eine Familie zu ernähren, hat das Recht, Lebensmittel zu beziehen.
Wenn das Schicksal zuschlägt
Die Zahl der Plätze ist allerdings begrenzt. erst wenn jemand aus dem Empfängerkreis ausscheidet, können neue hinzukommen. Eine Ausnahme sind Wohnsitzlose, die auch kurzfristig über die Wohnungslosenhilfe zugelassen werden können.
Unter den Kunden »ist auch Lieschen Müller mit einer kleinen Rente,« sagt Köhl. Etwa die Hälfte sind Flüchtlinge, dazu kommen Aussiedler mit kleiner Rente. Für die Lebensmittel haben die Kunden einen kleinen Beitrag zu entrichten. »Denn was nichts kostet, ist auch nichts wert,« sagt Köhl.
»Wir haben eine relative Armut in Deutschland – es muss keiner hier hungern oder in einer kalten Wohnung sitzen,« sagt Köhl. Es gebe sicher noch mehr Menschen mit kleiner Rente, aber sie wollten nicht bei der Tafel gesehen werden, vielleicht aus Scham. Wenig Geld zum Leben resultiert oft aus einer schicksalhaften Situation, sagt Köhl. »Wenn du mit 50 arbeitslos wirst und hast noch eine Hungerstrecke von 15 Jahren bis zur Rente vor dir, dann ist das hart«. Bei einigen ist das vorherige Leben durch eine Scheidung in die Brüche gegangen.
Dann leisten die Tafeln eine wichtigen Beitrag, ergänzt Bürgermeister Stephan Paule, der gerade zu Besuch ist, um zwei Ehrenamts-Cards an besonders Aktive zu überreichen. Er zeichnet damit Mathias Köhl und Azam Shadmand aus. Köhl ist seit drei Jahren Vorsitzender und hat den Verein aus turbulenten Zeiten in ruhiges Fahrwasser gebracht. Shadmand ist seit acht Jahren als Helferin in der Ausgabe und als Dolmetscherin für iranisch unverzichtbar.
Für Paule sind die Tafel-Initiativen ein Zeichen dafür, dass auch in einem Land mit einem guten sozialen Sicherungssystem Armut nicht verschwunden ist. Die Tafeln führten überschüssige Produkte und Bedürftigkeiten zusammen.
Gerhard erinnerte daran, dass jedes Jahr in Deutschland 20 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden. Auch deshalb befürworten Hersteller und Händler die Tafeln, so können sie Entsorgungskosten für die überschüssige Ware sparen.
Ein klein wenig Weihnachtsstimmung kam dieser Tage auch auf. Der Rotary-Club hat Geschenke für Kinder verteilt, deren Familien von der Tafel profitieren. Die Arbeiterwohlfahrt spendete eine Portion Brezeln, in früheren Jahren hat der Hausfrauenverein Homberg Strickwaren verschenkt.