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Biber schaffen Lebensräume

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Bei der Versammlung der NABU-Gruppe hielt Thomas Steinke einen Vortrag über Biber. Zudem wurde Walter Märkel für seine Naturfotografien, wie diesem Biber, gedankt. ARCHIV © Red

Vogelsbergkreis (pm). Auch in diesem Jahr ist die Jahreshauptversammlung der NABU-Gruppe Alsfeld/Romrod/Schwalmtal mit einem Vortrag eröffnet worden. Mehr als 30 naturinteressierte Personen lauschten dem Referenten Thomas Steinke und erhielten Einblicke in die Biologie des Bibers und dessen Geschichte in Deutschland und im Vogelsberg.

Im Mittelalter galt der Biber aufgrund seines schuppigen flachen Schwanzes als Fisch und wurde beispielsweise in der Fastenzeit verspeist, aber auch wegen seines dichten Felles stark bejagt. Das Bibergeil, das aus einer Drüse des Bibers gewonnen wurde, galt als Wundermittel gegen Fieber und Schmerzen. Heute weiß man, dass ein wichtiger Bestandteil des Bibergeils Salicylsäure ist, die der Biber durch bevorzugten Konsum von Weidenrinde sammelt. Im 19. Jahrhundert war der Biber fast in ganz Deutschland ausgerottet.

Spuren des Bibers bei der Antrift

Durch intensive Naturschutzbemühungen ist es gelungen, den Biber im Osten Deutschlands, aber auch in Bayern und Hessen wieder anzusiedeln. Ausgehend von dem einzigen hessischen Auswilderungsprojekt in den 80er Jahren im Spessart wird auch der Vogelsberg wieder besiedelt. Mittlerweile gibt es 54 nachgewiesene Biberreviere, vor allem im südlichen und östlichen Vogelsberg beispielsweise im Einzugsgebiet von Kinzig, Schlitz, Fulda und Lauter.

Vor Kurzem wurden von Steinke - Mitglied der Arbeitsgruppe Biber des NABU-Kreisverbandes Vogelsberg - auch Spuren des Bibers an der Antrift unterhalb des Stausees bis zur Kreisgrenze bei Bernsburg entdeckt. Es dürfte demnach eine Frage von wenigen Jahren sein, bis der Biber entlang der Fließgewässer auch Romrod erreicht. Der Biber ist eine »Schlüsselart«, der durch seine Lebensweise seltenen Tier- und Pflanzenarten Lebensräume schafft und so die Artenvielfalt erhöht.

Neben dem Menschen kann nur der Biber die Landschaft derart großflächig gestalten. Der Biber legt bei kleineren flachen Gewässern Dämme an und lässt so eine beeindruckende Teich- und Seenlandschaft entstehen, die vielen heute sehr seltenen Tierarten, wie Libellen aber auch Amphibien neuen Lebensraum bietet. Durch den Wasserrückhalt kann er das Hochwasserrisiko abmildern, erhöht die Grundwasserneubildung und sogar Schadstoffe werden herausgefiltert. »Der Biber ist ein echter »Ökobaumeister«, der seine Dienstleistungen völlig gratis zur Verfügung stellt«, so Steinke weiter. Das sei gerade im Hinblick auf die Erfüllung zahlreicher Gesetzesvorgaben ein wichtiger Beitrag des Bibers, um Gewässer auf natürliche Weise zu renaturieren.

Da heute viele landwirtschaftliche Flächen, Wege und sonstige Infrastruktur teils unmittelbar an die Gewässer heranreichen, kann es zu Konflikten kommen. Zum Beispiel durch die Unterminierung von Wegen, Überschwemmungen oder Fraßschäden an Bäumen oder Feldfrüchten. Entstehende Konflikte sollen über ein Biber-Management über mehrere Ebenen hinweg gemeinschaftlich gelöst werden.

Steinke plädierte in seinem Vortrag für lösungsorientierte Maßnahmen zwischen Naturschutz, Behörden und Landwirtschaft. Er warb auch für ein gesellschaftliches Umdenken, um wieder zusammen mit dem Biber zu leben. Steinke: »Der Biber muss bei jeglicher Planung der Landnutzung mitgedacht werden. Lassen wir dem Biber den benötigten Platz, in Form von extensiv oder ungenutzten Flächen rund um die Gewässer, werden in Zukunft die Konflikte abnehmen.«

Im Anschluss eröffnete erster Vorsitzender Tilman Oeppert die Jahreshauptversammlung. 2022 führte der Verein trotz Corona zahlreiche Aktivitäten durch. Eine große Leistung war die jährliche Errichtung und Betreuung des Amphibienschutzzaunes zwischen Strebendorf und Romrod. 500 Meter Zaun retteten im siebten Jahr rund 1600 Kröten und Molchen das Leben. Oeppert dankte Renate Steinke-Faig und Steinke für die Organisation der Aktion sowie allen beteiligten Helfern. Des Weiteren wurden in Schwalmtal Ferienspiele von Steinke-Faig und Steinke veranstaltet, und mit zahlreichen begeisterten Kindern ein großes Insektenhotel mit Schautafel gebaut. Eine Initiative durch Ilona Limburg, das Umfeld des Kreiskrankenhauses in Alsfeld im Sinne des Naturschutzes aufzuwerten, konnte wegen anstehender Baumaßnahmen noch nicht realisiert werden. Davon hat sich Limburg sich nicht abhalten lassen in diesem Jahr ein weiteres Projekt zu starten.

Walter Märkel wurde für die intensive Betreuung der Storchenbrut in Alsfeld und Eudorf, die Wasservogelzählung an der Antrifttalsperre und seine intensive Pressearbeit und Naturfotografien gedankt. Im Rahmen des Monitorings häufiger Brutvogelarten erfolgte die Kartierung 2022 zum 19. Mal durch Tilman Oeppert.

Der aktuelle Mitgliederstand der NABU-Gruppe Alsfeld/Romrod/Schwalmtal liegt weiterhin bei rund 200 Mitgliedern. Durch vermehrte öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Info-Ständen versucht der Ortsverband auch in diesem Jahr neue Mitglieder für den Naturschutz zu begeistern.

Am Sonntag, 14. Mai, findet um 7 Uhr die jährliche Vogelstimmenwanderung statt (Treffpunkt: Parkplatz am Homberg in Alsfeld). Am ersten Dienstag jeden Monats findet das Treffen der Gruppe statt, um sich zu Naturschutzthemen auszutauschen oder weitere Aktivitäten zu planen. Interessierte Personen sind herzlich eingeladen. Weiter Infos und Anmeldung möglich bei dem ersten Vorsitzenden Tilman Oeppert.

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