Netflix: Wie Sie sich jetzt bis zu 226 Euro zurückholen können

Juristische Schlappe für Netflix: Das Landgericht Berlin erklärt eine Klausel zu Preiserhöhungen für ungültig. Nutzer des Streaming-Dienstes können jetzt Geld zurückfordern.
Berlin – Erst Anfang des Jahres hat Netflix in manchen Ländern die Preise erhöhen müssen. Neue Kundinnen und Kunden anzuwerben scheint dem Streamingdienst Schwierigkeiten zu bereiten, sodass er den Umsatz wohl über diesen Weg anfeuerte. Vor etwa einem Jahr stiegen auch die Preise in Deutschland.
Doch wie das Landesgericht Berlin nun mitteilte, sind dem Anbieter willkürliche Preisänderung bei laufenden Abos hierzulande nicht erlaubt. Somit hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit seiner Klage gegen Netflix Erfolg, wie der Verband am Dienstag (22.02.2022) in Berlin mitteilte.
Netflix-Nutzerbedingungen sind nicht ausreichend transparent formuliert
„Bei Netflix sind die Bedingungen derart unklar formuliert, dass sie dem Konzern Spielraum für willkürliche Preiserhöhungen bieten“, erklärt Jana Brockfeld, Rechtsreferentin des vzbv. Das Landgericht Berlin habe sich der Auffassung des vzbv angeschlossen, dass die Bedingungen für Preisanpassungen nicht ausreichend transparent seien, hieß es.
So schreibt Netflix in den Nutzerbedingungen: „Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln.“ Beispiele für preisbeeinflussende Kostenpunkte seien laut Netflix beispielsweise Produktions- und Lizenzkosten, Kosten für Personal, Marketing, Finanzierung oder IT-Systeme. Da Netflix international agiert, ist laut Landgericht jedoch unklar. Inwiefern diese Kostenelemente sich tatsächlich in Deutschland auswirken.
Netflix mit ungültiger Vertragsklausel - So können Sie bis zu 226 Euro zurückfordern
Die Stiftung Warentest* hat sich nach dem Urteil mit dem Netflix-Vertrag beschäftigt und unterstützt Nutzer des Streaming-Dienstes dabei, sich ihr Geld zurückzuholen. Demnach könnten Nutzer - je nachdem wie lange sie schon bei Netflix angemeldet sind - jetzt bis zu 226 Euro zurückfordern. Die Stiftung Warentest stellt dafür einen Musterbrief zur Verfügung. Diesen sollten Nutzer zunächst per Mail oder über den Netflix-Hilfe-Chat an das Unternehmen schicken, berichtet auch Chip.de. Sollte Netflix darauf nicht reagieren, wird dazu geraten, den Brief per Standardeinschreiben an den Netflix-Europastandort in Amsterdam zu senden.
Es gibt allerdings auch Haken an der Rückforderung: Zum einen ist das Urteil des Landgerichts Berlin gegen Netflix noch nicht rechtskräftig. Wobei die Stiftung Warentest überzeugt ist, dass auch das Kammergericht in Berlin und der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigen werden. Zum andern könnte Netflix als Reaktion auf das Schreiben das Abo kündigen. In diesem Fall könnten Nutzer allerdings jederzeit ein neues Abo zu den aktuellen Konditionen abschließen, erklärt Chip.de.
Netflix ist auch zu Preisermäßigungen verpflichtet
Für Änderungen der Entgelte müsse es dem Urteil des Landesgericht jedoch zufolge klare und verständliche Kriterien geben, damit Kundinnen und Kunden eine geltend gemachte Preisänderung nachvollziehen oder zumindest auf Plausibilität überprüfen könnten, teilten die Verbraucherschützer mit. „Einseitige Preisänderungen sind bei laufenden Verträgen nur erlaubt, wenn sie fairen und transparenten Regeln folgen“, zitiert stern.de Jana Brockfeld, Rechtsreferentin beim VZBV.
Entwicklung der Preise bei Netflix | |
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ab 2014: | Basis: 7,99 Euro, Standard: 8,99 Euro, Premium: 11,99 Euro |
ab 2017: | Basis: 7,99 Euro, Standard: 9,99 Euro, Premium: 13,99 Euro |
ab Oktober 2017: | Basis: 7,99 Euro, Standard: 10,99 Euro, Premium: 13,99 Euro |
ab 2019: | Basis: 7,99 Euro, Standard: 11,99 Euro, Premium: 15,99 Euro |
ab 2021: | Basis: 7,99 Euro, Standard: 12,99 Euro, Premium: 17,99 Euro |
Quelle: Stiftung Warentest |
Das Gericht beanstandete laut vzbv zudem eine mangelnde Ausgewogenheit der Vertragsklausel. Es fehle die Klarstellung, dass Netflix die Preise nicht nur nach oben anpassen dürfe, sondern bei Kostensenkungen verpflichtet sei, die Preise zu ermäßigen, hieß es. Der Streaming-Anbieter hat laut Verbraucherzentrale gegen das Urteil Berufung vor dem Kammergericht Berlin eingelegt. Es ist derzeit nicht rechtskräftig.
Der vzbv hatte Netflix schon in der Vergangenheit aufgrund einer intransparenten Preisanpassungsklausel verklagt. Diese enthielt gar keine Kriterien für Preisänderungen. Das Berliner Kammergericht erklärte sie im Dezember 2019 für unzulässig. (tk, dir mit Material von epd) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.