Vettels neue Rolle
(sid). Sebastian Vettel macht noch immer nicht mit. Social Media ist nicht die Welt des 34-Jährigen, Twitter und Instagram müssen ohne ihn auskommen, und vermutlich weiß er auch nicht, was ein Candystorm ist. Dieses positive Pendant des bösen Shitstorms jedenfalls hat Vettel gerade selbst ausgelöst. Eine internationale Welle des Zuspruchs nämlich, am vergangenen Wochenende rollte sie durch das Internet.
Beim Regen-Desaster in Spa hatte Vettel lautstarke Kritik an den Abläufen geübt und sich öffentlich für Kollegen eingesetzt, das kam an in der Welt.
Sportlich spielt Vettel acht Jahre nach seinem vierten und bislang letzten WM-Titel allenfalls eine prominente Nebenrolle in der Formel 1. Mit seinem neuen Team Aston Martin hat er sich vor dem Großen Preis der Niederlande am Sonntag (15.00 Uhr/Sky) immerhin stabilisiert, seine in diesem Ausmaß durchaus neue Popularität ergibt sich aber aus anderen Faktoren.
»Old School« sei sein Verhalten, Vettel beweise seine »große Klasse«, der Hesse werde zum »Elder Statesman« der Formel 1. Fans und Kommentatoren waren sich da einig. Im Dauerregen von Spa hatte er sich mit der Rennleitung angelegt, um die Fahrer vor Unfällen zu schützen. Als Lando Norris dann einen Crash in der Eau Rouge baute, hielt Vettel als Erster an der Unfallstelle und fuhr erst weiter, als der McLaren-Pilot Entwarnung gegeben hatte. Auch diese Szene wurde zum Internet-Hit.
Das ist bemerkenswert, weil Vettel aus mancher Richtung noch vor nicht allzu langer Zeit regelmäßig für falschen Ehrgeiz und Jähzorn kritisiert wurde. Das angesehene und hintergründige Magazin »The Race« widmete dem Thema im vergangenen Frühsommer gar einen Leitartikel. Der Titel: »Warum wird Sebastian Vettel von so vielen gehasst?« Bei keinem anderem Fahrer sei der Unterschied zwischen der realen Person und der wahrgenommenen Person derart groß, lautete ein Teil der Analyse. In der Tat ist Vettel seit Jahren einer der Vorsitzenden der Fahrergewerkschaft GPDA und setzt sich für die Belange seiner Kollegen ein.