Unwägbarkeiten der Saisonvorbereitung

Vor gut zehn Tagen, gegen Ende des Trainingslagers von Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt in Oberösterreich, konnte Oliver Glasner so ein Gefühl in der Magengegend nicht ignorieren. Gerade hatte seine Mannschaft den italienischen Erstligisten FC Turin beherrscht und 3:1 geschlagen, da überkam den Trainer so eine komische Ahnung. »Eigentlich war alles zu gut, es ist fast zu rund gelaufen«, sagte der Eintracht-Coach lächelnd.
»Na ja, besser so, als wäre Chaos hinten und vorne.«
Chaos hinten und vorne herrscht auch jetzt nicht, doch dass alles zu glatt liefe, das würde der 47-Jährige wahrscheinlich nicht mehr behaupten. Das fängt schon damit an, dass die Unruhe rund um die umworbenen Leistungsträger zunimmt. Den Linksaußen Filip Kostic lockt Premier- League-Klub West Ham United mit ganz vielen Euronen. Kostic ist hin- und hergerissen: Vereinstreue und Königsklasse oder Rentenvertrag mit Absicherung bis ans Lebensende? Ausgang offen. Ebenso bei Verteidiger Evan Ndicka, der beim AC Mailand auf der Liste steht; die Italiener haben Kontakt zur Berateragentur des Franzosen aufgenommen. Und Regisseur Daichi Kamada wird in England gehandelt, konkret ist da jedoch nichts.
Noch sind also alle Spieler an Bord und mit Feuereifer bei der Sache (selbst wenn Ndicka wegen einer zwickenden Wade ein paar Tage pausieren musste, am Dienstag aber wieder einsteigen soll). Doch je mehr Ablenkung herrscht, desto eher lässt die Konzentration nach.
Und dann ist da noch die Geschichte mit dem ausgefallenen Testspiel am Samstag gegen Amsterdam. Corona im Ajax-Team hatte einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das ist »ärgerlich und schade«, wie Sportvorstand Markus Krösche sagt. Für Coach Glasner wäre es die Möglichkeit gewesen, die Formation zu testen, die er für das erste Pflichtspiel in Magdeburg in sechs Tagen im Kopf hat. Und zwar unter Wettkampfbedingungen. Die Partie gegen den niederländischen Meister war als letzter Härtetest geplant. So wird das Privatspiel am Mittwoch (18 Uhr) beim Regionalligisten FC Astoria Walldorf zur Generalprobe. Natürlich taugt das Aufeinandertreffen mit einen Viertligisten nicht als Gradmesser.
Wie gut präpariert die Mannschaft wirklich ist, wird der Trainer erst am Montag (20.45 Uhr/ARD) in der ersten Runde des DFB-Pokals in Magdeburg wissen. Beim Zweitligaaufsteiger wird die Eintracht gleich durchs Feuer gehen müssen. Sie kann sich auf ein giftiges Duell und eine hitzige Atmosphäre einstellen. So war es schon 2016, als die Hessen unter Niko Kovac mit Ach und Krach erst im Elfmeterschießen weiterkamen. Die Magdeburger werden alles tun, um den Europapokalsieger aus dem Wettbewerb zu werfen. So wie vor einem Jahr Waldhof Mannheim.
Und doch scheint diese Episode wie aus einer anderen Zeit. Damals war der Trainer neu, der Sportboss neu, die Mannschaft im Umbruch. Da war vieles noch zerbrechlich. Ein Jahr später steht eine andere Eintracht in den Startlöchern, eine mit einem anderen Selbstbewusstsein, einem anderen Selbstverständnis, aber auch eine, die gejagt werden wird.
Glasner wird eine Truppe zusammenstellen müssen, die widerstandsfähig ist, die sich ihrer Haut zu erwehren weiß. Er schaue genau, welche Akteure in welcher Konstellation Erfolg versprechen. »Es gibt Spieler, die passen besser zu Magdeburg, andere besser zu Bayern oder Real.« Eines aber sei entscheidend: »Am 1. August wollen wir in Bestform sein.« INGO DURSTEWITZ