Teamgeist der große Trumpf

Die deutschen Davis-Cup-Spieler wollen Revanche an Großbritannien nehmen und erstmals seit 14 Jahren ins Halbfinale einziehen. In der Außenseiterrolle fühlen sie sich wohl.
Vor dem traumhaften Bergpanorama mit den schneebedeckten Stubaier Alpen schmiedeten die deutschen Tennisprofis die Pläne für ihren Gipfelsturm beim Davis Cup. Der Genuss sollte dabei im edlen Teamhotel nach dem starken Viertelfinaleinzug aber natürlich nicht zu kurz kommen. »Wir haben einen sehr schönen Swimmingpool«, erzählte Tim Pütz schmunzelnd, ehe ihn Kapitän Michael Kohlmann erinnerte, dass auch noch »ein bisschen« trainiert werden müsste.
Schließlich soll das Viertelfinale gegen Großbritannien am Dienstagabend (16 Uhr/ServusTV) in Innsbruck nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu den ganz großen Matches in Madrid sein. »Wir haben eine Chance, ins Halbfinale einzuziehen. Das ist unser Ziel«, sagte Kohlmann. Zuletzt hatte dies eine Mannschaft des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) vor 14 Jahren geschafft - und gegen die Briten ist die Motivation besonders groß.
Auch vor zwei Jahren bei der Premiere des Davis-Cup-Finalturniers in Madrid gab es diese Begegnung im Viertelfinale, Jan-Lennard Struff und Co. rechneten sich große Chancen aus - aber Großbritannien siegte 2:0. »Ich will Revanche«, betonte Kohlmann, auch Doppelspezialist Kevin Krawietz war schon »sehr, sehr heiß«.
Dennoch schob Kohlmann den Favoritenstatus den Briten zu, sein Team sei von der Papierform her »ein bisschen in der Außenseiterrolle«. Gewiss verfügt der Gegner im Weltranglisten-Zwölften Cameron Norrie, der im vergangenen Monat das Masters-Turnier in Indian Wells gewann, und Daniel Evans (ATP-25.) auf dem Papier über die stärkeren Einzelspieler. In Abwesenheit von Olympiasieger Alexander Zverev hat Deutschland keinen Spieler aus den Top 50 der Weltrangliste. Doch das spiele im Davis Cup eine untergeordnete Rolle, erklärte Kohlmann. »Es geht nicht so sehr um Ranglistenpositionen, sondern darum, seine Leistung in den entscheidenden Momenten abzurufen«, sagte der 47-Jährige, der zudem mit dem bärenstarken Doppel Krawietz/Pütz ein Ass im Ärmel hat, das schon zweimal stach. »Wir müssen unsere Leistung in bestem Maße bringen, dann haben wir auch eine Chance«, sagte der Teamchef. Und dass seine Mannschaft mit der Rolle des Außenseiters gut umgehen kann, bewies sie schon in der Gruppenphase beim Überraschungserfolg gegen Serbien um Grand-Slam-Rekordchampion Novak Djokovic.
Der Trumpf lautet Teamgeist. Struff, Dominik Koepfer, Krawietz und Pütz verstanden sich schon in der »Tennis-WG« bei den Olympischen Spielen in Tokio blendend, und auch in Innsbruck mit Davis-Cup-Comebacker Peter Gojowczyk verweisen die Spieler immer wieder auf die hervorragende Stimmung. Damit erklärte Kohlmann auch, dass seine Mannschaft den 0:1-Rückstand gegen Österreich am Sonntagabend souverän umbog.
»Wir stehen als Team zusammen, egal ob es gut oder schlecht läuft«, sagte er: »Das macht mich sehr stolz.« Für das Viertelfinale sei er deshalb auch »guter Dinge. Wir sind in einer guten Position, wir haben nichts zu verlieren.«
Und so gut es den deutschen Profis auch im Winterwunderland Tirol gefällt - ihre Davis-Cup-Reise soll in Madrid enden, wo neben den Halbfinals auch das Finale stattfindet.